Rückwärtsfahren auf Parkplätzen

Parkplätze dienen dem ruhenden Verkehr. Wer sein Auto in Bewegung setzt, befindet sich in einer besonders heiklen Situation. Besonders dann, wenn auch noch der Rückwärtsgang eingelegt ist. Kommt es zum Unfall, ist kommt kaum einer ohne Mitschuld davon.

Im konkreten Fall ging es um zwei Rückwärtsfahrer, die mit ihren Autos auf einem Parkplatz zusammenstießen. Der eine Fahrer hatte mit seinem Mercedes soeben rückwärts eine Parkbox verlassen und war kurz vor dem Zusammenstoß zum Stehen gekommen. Er kollidierte mit der Fahrerin eines Hyundai, die sich rückwärts in einer Parkgasse fortbewegte.

Unfall nicht unabwendbar

Das Landgericht Essen hatte noch der Fahrerin des Hyundai die alleinige Schuld am Unfall gegeben und ihre Haftungsquote bei 100 Prozent gesehen. Das OLG Hamm sah dies anders. Der Unfall sei für den Mercedes-Fahrer nicht unabwendbar (§ 17 Abs. 3 StVG) gewesen. Unabwendbar ist ein Ereignis, das durch äußerst mögliche Sorgfalt nicht abgewendet werden kann. Abzustellen ist auf das Verhalten eines sog. „Idealfahrers“.

Besondere Sorgfaltspflicht beim Rückwärtsfahren

Den Mercedes-Fahrer treffe ein erhebliches Mitverschulden an dem Unfall, weil der die gemäß § 9 Abs. 5 StVO erforderliche Sorgfalt beim Rückwärtsfahren nicht beachtet habe, entschied das Gericht.

Dem Mercedes-Fahrer half es auch nicht, dass sein Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt bereits gestanden hatte. Das Gericht schloss sich der Rechtsauffassung an, dass im Falle einer Kollision der Anschein gegen den Zurücksetzenden spricht, auch wenn der zum Unfallzeitpunkt bereits zum Stehen gekommen war.

Parkplatz dient ruhendem Verkehr

Das Gericht stellte klar, dass auf Parkplätzen eine ganz besondere Situation gegeben ist. Da Parkplätze dem ruhenden Verkehr dienen, trifft der dort rückwärts Ausparkende nicht auf fließenden Verkehr, sondern auf „Benutzer der Parkplatzfahrbahn“. Autofahrer müssen deshalb jederzeit mit rangierenden oder rückwärts fahrenden Autos rechnen. Dieser feine Unterschied hat erhebliche Auswirkungen.

Einen Vertrauensschutz zu Gunsten des fließenden Verkehrs gegenüber dem wartepflichtigen Ausfahrenden gibt es nicht. Folge: Bei Unfällen auf Parkplätzen gibt es in der Regel kein alleiniges Verschulden eines Verkehrsteilnehmers.

Nicht schneller als 10 km/h

Generell gilt: Wer auf einem Parkplatz sein Auto bewegt, muss stets bremsbereit sein. Auch sollte die Geschwindigkeit nicht über 10 km/h liegen. Der Senat hielt letztlich eine hälftige Schadensteilung für angemessen. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Hyundai-Fahrerin wesentlich früher als der Mercedes-Fahrer in die Parkgasse eingefahren war.

(OLG Hamm, Urteil v. 11.9.2012, I-9 U 32/12)

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