Nachmeldung zeitnah zur Unfallflucht rettet Fahrerlaubnis

Meldet sich der Unfallverursacher etwa 90 Minuten nach dem Unglück bei der Polizei, um den Unfall zu melden, kann ihm ausnahmsweise die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis wegen Unfallflucht erspart bleiben.

Beim Ausparken den Hintermann gerammt oder in einer engen Straße den Außenspiegel eines parkenden Wagens beschädigt: Bei der Frage, wann ein Unfall vorliegt und wie man sich im Anschluss richtig verhält, herrscht bei vielen Verkehrsteilnehmern große Unsicherheit.

Fahrerflucht hat viele Varianten

Auch die Gerichte verfolgen bei ihren Entscheidungen nicht immer konsequent eine Linie. Manchen trifft es hart, andere Fahrer kommen mit dem Schrecken davon. Im vorliegenden Fall fiel die Ermessensentscheidung des Amtsgerichts Bielefeld zugunsten des Beschuldigten aus.

Der Klassiker: zu heftig zurückgesetzt

Im August 2013 fuhr der Beschuldigte beim Zurücksetzen mit seinem Wagen gegen eine Begrenzungsmauer und verursachte dadurch einen Schaden in Höhe von ca. 1.650 EUR an der Mauer.

  • Nach dem Zusammenstoß stieg der Fahrer aus seinem Wagen, schaute sich die Beschädigung der Mauer an, fuhr dann jedoch sofort weiter.
  • Etwa 90 Minuten später meldete er sich bei der Polizei und schilderte den Unfall.

Die Staatsanwaltschaft beantragte, dem Fahrer wegen unerlaubten Entfernens vom Unfallort die Fahrerlaubnis vorläufig zu entziehen.

Was blüht Fahrerflüchtigen in der Regel?

Nach § 142 Abs. 1 StGB macht sich ein Unfallbeteiligter strafbar, wenn er sich sofort oder nach einer den Umständen angemessenen Wartezeit vom Unfallort entfernt, ohne die erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen. Wurde eine Unfallflucht nach § 142 StGB begangen, so ist der Täter in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen (§ 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB) mit der Folge, dass ihm die Fahrerlaubnis vorläufig zu entziehen ist (§ 111a Abs. 1 StPO).

Die Ausnahme

Das Gericht hatte im Rahmen des § 69 StGB zu prüfen, ob besondere Umstände in der Tat oder in der Persönlichkeit des Täters vorliegen, die ein Absehen von dieser Regelentziehung der Fahrerlaubnis rechtfertigen. Es kam zu dem Ergebnis, dass der Eindruck von der Eignung des Täters zum Führen eines Fahrzeugs durch sein Verhalten nach der Tat günstig beeinflusst wurde und wies den Antrag der Staatsanwaltschaft daher zurück.

Die tätige Reue

Der Täter war zwar auch nach Ansicht des Gerichts dringend tatverdächtig, eine Unfallflucht begangen zu haben. Allerdings ermöglichte er nachträglich freiwillig die Feststellungen seiner Person und seiner Unfallbeteiligung, indem er innerhalb von 24 Stunden nach der Tat zur Polizei ging.

Gem. § 142 Abs. 4 StGB kann das Gericht im Fall einer tätigen Reue allerdings nur dann die Strafe mildern oder von ihr absehen, wenn ein Unfall außerhalb des fließenden Verkehrs einen nicht bedeutenden Sachschaden zur Folge hat. Der Schaden lag vorliegend jedoch über der Unerheblichkeitsgrenze von derzeit 1.300 EUR.

Die besonderen Umstände

Muss die Anwendbarkeit der Vorschrift über die tätige Reue wegen der Schadenshöhe abgelehnt werden, kann das Verhalten des Täters nach der Unfallflucht dennoch die gesetzliche Vermutung der Ungeeignetheit zum Führen eines Fahrzeugs widerlegen. Da der Beschuldigte sich bereits anderthalb Stunden nach dem Unfall stellte und sich weder im Bundeszentralregister noch im Verkehrszentralregister einschlägige Einträge befanden, ging das Gericht im Rahmen seiner Gesamtwürdigung lediglich von einem einmaligen Augenblicksversagen aus und lehnte die vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis ab.

(AG Bielefeld, Beschluss v. 9.10.2013, 9 Gs-402 Js 3422/13-5435/13).

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