Massive Geschwindigkeitsübertretung innerhalb der Ortschaft

Kein Schnäppchen: 300 Euro Geldstrafe für eine Geschwindigkeitsüberschreitung, für die der Bußgeldkatalog nur 100 Euro vorsieht? Völlig zu Recht, entschied das OLG Hamm. Bei so hohem Tempo - hier: 78 statt 50 km/h - sei von Vorsatz auszugehen. Das  kostet extra und außerdem den Schutz der Verkehrs-Rechtsschutzversicherung.

Ein flotter Fahrer wurde innerorts bei einem Überholmanöver mit 78 Stundenkilometern geblitzt. Um 28 km/h zu schnell war er damit unterwegs. Das wurde teuer für ihn, denn d Das Bußgeld, das vom Amtsgericht Höxter verhängt wurde, betrug 300 Euro. Damit fiel es viel höher aus, als es der Bußgeldkatalog für derartige Geschwindigkeitsüberschreitungen vorsieht – nämlich 100 Euro.

Teurer Unterschied: Fahrlässiges oder vorsätzliches Verhalten

Mit der Frage, ob eine derart hohes Bußgeld gerechtfertigt ist, setzte sich das OLG Hamm auseinander. Und das Gericht bestätigte die hohe Geldstrafe. Warum?

  • Die Höhe eines Bußgeldes richtet sich zwar im Regelfall, bei gewöhnlichen Tatumständen, nach dem Bußgeldkatalog.
  • Das gilt allerdings nur bei einem als fahrlässig eingestuften Verhalten, das mit gewöhnlichen Tatumständen einhergeht.

Bei Vorsatz ist deutlich höheres Bußgeld zulässig

Hier war es der offensichtliche Vorsatz, der den Fahrer so teuer zu stehen kam:

Bei vorsätzlichen und/oder außergewöhnlichen Tatumständen wie z.B. bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung in einer ohnehin schon gefährlichen Verkehrssituation, muss mit einem erhöhten Bußgeld gerechnet werden.

Wann gilt die Überschreitung der Geschwindigkeit als vorsätzlich?

Warum wurde dem Übeltäter hier Vorsatz zugeschrieben?  

  • Vorsatzverdacht steht immer dann im Raum, wenn die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 40 Prozent überschritten wird.
  • Begründung: Aufgrund der Fahrgeräusche und der - zügig - "vorüberziehenden" Umgebung könne einem Fahrer nicht verborgen bleiben, wenn er die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 40 Prozent überschreitet

Im vorliegenden Fall hatte der 55-jährige Fahrer die zulässige Geschwindigkeit sogar um 56 Prozent überschritten.

Verlust des Versicherungsschutzes inklusive

Zusätzlicher negativer Aspekt für alle, die wegen einer vorsätzlichen Geschwindigkeitsüberschreitung verurteilt werden: Sie riskieren den Eintritt ihrer Verkehrs-Rechtsschutzversicherung. Denn die übernimmt bei vorsätzlichen Ordnungswidrigkeiten regelmäßig die Gerichts- oder Anwaltskosten nicht. Ein Grund mehr, die 40-Prozent-Grenze auf keinen Fall zu überschreiten.

(OLG Hamm, Beschluss v. 10.05.2016, 4 RBs 91/16).


Hinweis:

Eine erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitung wird nach Ansicht des  OLG Celle ab der Grenze von 38,75 Prozent angenommen werden. Bei geringeren Überschreitungen müssen weitere Indizien vorliegen, wie beispielsweise mehrmalige Geschwindigkeitsverstöße innerhalb kurzer Zeit.

Schlagworte zum Thema:  Verkehrsrecht, Ordnungswidrigkeit