Handy während der Fahrt am Hals festklemmen ist auch verboten

Handy in der Hand während der Fahrt? Dass das verboten ist, ist mittlerweile geläufig: Das Benutzen, auch das "Halten", solcher Geräte durch den Fahrer fällt zumeist unter § 23 Abs. 1a StVO und ist bußgeldpflichtig. Doch was gilt, wenn beide Hände am Lenkrad sind und mit dem zwischen Kopf und Schulter eingeklemmten Smartphone telefoniert wird?

Eine Autofahrerin wurde wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung geblitzt. Die Geldbuße in Höhe von 115 Euro war aber nicht nur dem zu schnellen Fahren geschuldet. Auf dem Foto war nämlich zu erkennen gewesen, dass die Frau zwischen linker Schulter und Kopf ein Handy eingeklemmt hatte. Das handelte ihr zusätzlich den Vorwurf der verbotswidrigen Nutzung eines elektronischen Geräts ein, das der Kommunikation oder Information dient (§ 23 Abs. 1a StVO).

§ 23 Sonstige Pflichten von Fahrzeugführenden

.(1a)  1 Wer ein Fahrzeug führt, darf ein elektronisches Gerät, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist, nur benutzen, wenn
    1.     hierfür das Gerät weder aufgenommen noch gehalten wird und
    2.     entweder
        a)     nur eine Sprachsteuerung und Vorlesefunktion genutzt wird oder
        b)     zur Bedienung und Nutzung des Gerätes nur eine kurze, den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen angepasste Blickzuwendung zum Gerät bei gleichzeitig entsprechender Blickabwendung vom Verkehrsgeschehen erfolgt oder erforderlich ist.

Telefonat mit eingeklemmten Handy schon vor Fahrtbeginn begonnen

Die Frau hatte zwar eingeräumt, dass sie das Handy zum Telefonieren genutzt habe. Allerdings habe sie das Telefon bereits vor Fahrtantritt in dieser Position platziert. Sie war der Auffassung, dass es sich dabei nicht um ein Halten gemäß der Verordnung gehandelt habe, da dieses ein Halten mit der Hand voraussetze. Das Amtsgericht folgte dieser Argumentation nicht und ging von einem tatbestandsgemäßen „Halten“ aus.

Handy nicht "aufgenommen" und nicht "gehalten"

Das Oberlandesgericht Köln schloss sich dieser Einschätzung an. Ein Halten eines Gegenstandes setze nicht notwendigerweise die Benutzung der Hände voraus, so das OLG - spitzfindig (?) - und führte folgendes Beispiel an: Werde ein Gegenstand zwischen Oberarm und Torso oder zwischen den Oberschenkeln fixiert, sei dies ebenfalls als ein Halten zu qualifizieren. Das Gericht äußerte sich zwar dahingehend, dass die Verordnung in erster Linie dazu dienen solle, Verhaltensweisen zu verhindern, die dazu führen, dass der Fahrzeugführer nicht mehr beide Hände zum Lenken des Fahrzeugs zur Verfügung hat und/oder seinen Blick vom Verkehrsgeschehen abwenden muss.

Die Ablenkungswirkung fahrfremder Tätigkeiten ist entscheidend

Der Gesetzgeber habe der Benutzung von elektronischen Geräten mit den Händen eine erhöhte Ablenkungswirkung beigemessen. Er habe aber ersichtlich auch in den Blick genommen, dass fahrfremde Tätigkeiten unabhängig hiervon eine die Verkehrssicherheit gefährdende Ablenkungswirkung entfalten können. Beim Telefonieren mit dem zwischen Kopf und Schulter eingeklemmten Mobiltelefon habe es sich zweifelsfrei um eine fahrfremde Tätigkeit gehandelt, so das Gericht. Diese Art der Nutzung berge ein erhebliches Gefährdungspotenzial.

  • Dabei gehe es in erster Linie nicht darum, dass durch das Einklemmen des Handys der Schulterblick oder der Blick in den Spiegel erschwert werde.
  • Ein derartiges Halten des Handys sei extrem unsicher und beanspruche die Aufmerksamkeit des Fahrers über Gebühr.

Einklemmen eines Handys zwischen Kopf und Schulter zu riskant

Das Gericht sah insbesondere die Risiken, dass sich das Handy aus seiner „Halterung“, also aus der eingeklemmten Position zwischen Kopf und Schulter, löst und den Fahrer zu unwillkürlichen Reaktionen verleiten könnte, um zu verhindern, dass es herunterfalle. Schon um diesem Risiko entgegenzuwirken, werde der Fahrer einem ansonsten dem Verkehrsgeschehen zuzuwendenden Teil seiner Aufmerksamkeit seinem Mobiltelefon schenken.

Mit telefonieren via Freisprecheinrichtung nicht vergleichbar

Hierin liege auch ein wesentlicher Unterschied zu der Nutzung einer Freisprecheinrichtung, bei der sich der Fahrer keine Gedanken über die Stabilität der Halterung machen müsse.

(OLG Köln, Beschluss v. 4.12.2020, III-1j RBs 347/20).

Anmerkung:

Laut Duden bedeutet halten

  1. ergriffen, gefasst haben und nicht loslassen; festhalten,
  2. aber auch: bewirken, dass etwas in seiner Lage, seiner Stellung o. Ä. bleibt, Halt hat; Befestigung, Halt, Stütze o. Ä. für etwas sein.

Dem Gericht kann daher, abgesehen von den Ausführungen zu der Ablenkung durch das Einklemmen des Handys,  auch nach der grammatische Auslegung der Norm gefolgt werden.

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Hintergrund: Neuregelung des § 23 Abs. 1a StVO

Die Vorschrift des § 23 Abs. 1a StVO wurde mit Wirkung zum 19.10.2017 grundlegend geändert. Der Gesetzgeber hat sich in Abkehr von dem vormals geltenden Verbot der Nutzung eines „Mobil- oder Autotelefons“ entschieden, nunmehr in Form eines Gebotes die Voraussetzungen zu normieren, unter denen allein noch die Benutzung eines elektronischen Gerätes, das der Kommunikation, Information oder Organisation dient oder zu dienen bestimmt ist, zulässig bleiben soll. Dabei sei er bewusst weit über die alte Regelung in § 23 Abs. 1a Satz 1 StVO a.F. hinausgegangen. Untersagt ist nunmehr schon das bloße Halten des Geräts – sogenanntes „hand-held-Verbot“ – wenn darüber hinaus („und“) eine Funktion des Geräts (mit Ausnahme der Sprachsteuerung und der Vorlesefunktion) benutzt wird oder eine nicht zu kurze Blickzuwendung erfolgt. Es solle u.a. jegliche Nutzung des Geräts, die nicht mit nur einer kurzen Blickabwendung verbunden ist, verboten sein,

Übersicht der Verbote bei Nutzung des Mobiltelefons während der Fahrt

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Schlagworte zum Thema:  Verkehrsrecht, Bußgeld