Sturz einer E-Bikerin - wegen unklarem Unfallhergang geht sie leer aus
Die Haftung, die sich aus der Betriebsgefahr eines Fahrzeugs ergibt, wird von vielen Autofahrern unterschätzt. Doch auch die Betriebsgefahr greift nicht immer, sobald man in ein Auto einsteigt.
Vollbremsung führt zum Sturz der Radlerin
Im vorliegenden Fall befuhr die Klägerin mit ihrem E-Bike einen Radweg. Vor der Einmündung einer Querstraße stürzte sie. Angeblich musste sie stark abbremsen, weil sie gesehen hatte, dass die aus der Querstraße kommende Autofahrerin sie nicht bemerkt hatte. Um einen Zusammenstoß zu vermeiden, legte die Frau eine Vollbremsung hin, die zu dem Sturz führte.
Die Frau erlitt erhebliche Verletzungen. Zudem wurde ihr E-Bike beschädigt und ein iPad, das sie mit sich führte. Von der Versicherung der Autofahrerin forderte sie:
- 5.000 Euro Schadensersatz
- 369,20 Euro für den Schaden an ihrem E-Bike
- 579 Euro für das beschädigte iPad
- die Übernahme der außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten
Komplett gegensätzliche Zeugenaussagen
Das Problem: Zu dieser Schilderung gab es komplett gegensätzliche Aussagen der Autofahrerin und weiterer Zeugen zu dem Verkehrsunfall. Die gaben nämlich an, dass die Autofahrerin vor dem kreuzenden Fahrradweg angehalten und sich vergewissert habe, dass kein Fahrradfahrer oder Fußgänger kreuzte, bevor sie weiterfuhr. Nachdem sie einen Sturz hinter sich gehört habe, habe sie angehalten, um zu sehen, was passiert sei.
Kein Schmerzensgeld und kein Schadensersatz
Das LG Kiel entschied, dass die Versicherung weder Schmerzensgeld zahlen noch Schadensersatz leisten muss. Entscheidend für eine Zurechnung der Betriebsgefahr sei, dass ein Unfall in einem nahen örtlichen und zeitlichen Kausalzusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang eines Fahrzeugs stehe.
Grenzen der Betriebsgefahr
Nur weil ein Fahrzeug sich zum Zeitpunkt eines Unfalls am Unfallort befindet, heißt dies aber noch nicht automatisch, dass sich der Unfall auf den Betrieb des Fahrzeugs zurückführen lässt.
Klägerin trägt Beweislast - Unfallhergang nicht aufklärbar
Das Gericht hielt den Unfallhergang für nicht aufklärbar. Sowohl die Schilderung der Klägerin als auch die der Beklagten und der Zeugen könne zutreffen. Da die Beweislast bei der Klägerin liege, gehe die Unaufklärbarkeit des Unfallhergangs zu ihren Lasten. Die Klage wurde deshalb abgewiesen.
(LG Kiel, Urteil v. 16.09.2015, 6 O 75/15).
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