Gelblichtverstoß: Auch hinter Haltelinie keine freie Fahrt

Springt die Ampel von Grün auf Gelb müssen Autofahrer, soweit möglich, vor der Ampelanlage anhalten. Auch wenn sie die Haltelinie bereits überfahren haben.

Ein Motorroller-Fahrer kollidierte auf einer Kreuzung mit einem entgegenkommenden links abbiegenden Sattelschlepper und zog sich schwere Verletzungen zu. Unter anderem verlor er seine Milz.

Der Fahrer des Sattelschleppers war auf die Kreuzung gefahren, nachdem die für ihn geltende Ampel von Grün auf Gelb umgesprungen war. Der Rollerfahrer machte in dem Prozess materielle Schäden in Höhe von 13.500 Euro sowie Schmerzensgeld in Höhe von 40.000 Euro geltend. Vom Beklagten und der mitverklagten Haftpflichtversicherung.

Das OLG Hamm bestätigte das landgerichtliche Urteil, das eine Haftungsquote zu Gunsten des Rollerfahrers von 70 zu 30 Prozent sah.

Gelblichtverstoß des Lkw-Fahrers: 70 Prozent Haftung

Begründung: Der Lastwagenfahrer habe den Unfall überwiegend verschuldet. Ihm sei ein Gelblichtverstoß vorzuwerfen. Grundsätzlich ordne das Gelblicht einer Ampel an, das nächste Ampelsignal abzuwarten.

Im vorliegenden Fall hätte der Lkw-Fahrer anhalten müssen und die Ampelanlage nicht mehr passieren dürfen. Nach der Aussage eines zugezogenen Sachverständigen wäre dies bei normalem Bremsen für den Brummi-Fahrer möglich gewesen.

Wenn möglich, vor Ampelanlage anhalten

Dass der Lkw-Fahrer bei einer Bremsung wohl nicht vor der Haltelinie der Ampel zum Stehen gekommen wäre, ändert daran nichts. Wer eine Haltelinie überquert, ohne einen Verkehrsverstoß zu begehen, darf nicht in jedem Fall an einer Gelb- oder Rotlicht zeigenden Ampel vorbeifahren.

Verkehrsteilnehmer müssen gegebenenfalls auch hinter der Haltelinie, aber vor der Ampelanlage anhalten. Würden sie weiterfahren, würden sie zu einer nicht hinnehmbaren Gefahr für den Querverkehr werden, der durch eine Ampel ja gerade geschützt werden soll.

Besondere Vorsicht beim Führen von großen, schweren Fahrzeugen

Besonders dringlich sei diese Verpflichtung, so das OLG, je größer und schwerfälliger das betreffende Fahrzeug sei. Dazu kommt, dass der Lkw-Fahrer nicht angehalten und seinen Abbiegevorgang nicht abgebrochen habe, als der Fahrer des Motorrollers in die Kreuzung eingefahren sei.

Mangelnde Vorsicht: 30 Prozent Haftung für Rollerfahrer

Warum eine Haftungsquote von 30 Prozent für den Rollerfahrer, der in die Kreuzung eingefahren war, als die Ampel von Rot/Gelb auf Grün umsprang? Ihm sei vorzuhalten, dass er auf die Kreuzung gefahren sei, ohne auf den Lkw zu achten. Er habe sich nicht so verhalten, wie es von einem Verkehrsteilnehmer erwartet werden müsse, der eine Gefährdung anderer möglichst auszuschließen habe.

(OLG Hamm, Urteil v. 30.05.2016, 6 U 13/16)


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