Geblinkt, aber nicht abgebogen - Haftungsfragen zum Unfall

Nach einem Urteil des LG Saarbrücken kann eine Mithaftung von 20 % gerechtfertigt sein, wenn ein Vorfahrtsberechtigter irrtümlich blinkt, dann aber doch gerade ausfährt und mit dem wartepflichtigen PKW kollidiert, dessen Fahrer auf das Blinksignal vertraut hat.

Wer die Lippen spitzt, soll auch pfeifen und wer blinkt, der sollt abbiegen. Weckt er durch sein Lichtzeichen eine entsprechende Erwartung, die er nicht erfüllt und wird dadurch ein Unfall produziert, wirkt sich das auf die Haftung aus.

Kläger ging von Abbiegevorgang aus

Der Kläger machte mit seiner Klage Schadenersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend. Nach seiner Aussage sei er, nachdem die Beklagte den Blinker gesetzt, ihre Geschwindigkeit verringert und mit dem Abbiegevorgang begonnen hatte, in die Vorfahrtstraße eingebogen. Die Beklagte habe jedoch plötzlich einen Schlenker gemacht und sei geradeaus weitergefahren. Eine Kollision sei nicht zu verhindern gewesen. 

Beklagte: Nur einmal kurz geblinkt

Die Beklagte bestritt nicht, kurz geblinkt zu haben. Dies sei jedoch irrtümlich geschehen und sie habe den Blinker auch sofort wieder ausgestellt. Der Anscheinsbeweis für eine Vorfahrtsverletzung sei durch den Kläger nicht erschüttert worden. Er habe den Unfall alleine verursacht, da er die Vorfahrt verletzt hatte. 

LG Saarbrücken: Anscheinsbeweis nicht erschüttert

Das erstinstanzliche Gericht hatte die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hatte jedoch teilweise Erfolg. Nach der Ansicht der Richter trägt die Beklagte eine Mithaftung von 20 %. Komme es in einem Einmündungsbereich wie im vorliegenden Fall zu einer Kollision, spreche der Beweis des ersten Anscheins für eine Vorfahrtsverletzung. Zu Recht habe das Erstgericht diesen Anscheinsbeweis nicht als erschüttert angesehen.

Im Rahmen der Beweisaufnahme konnte nur sicher festgestellt werden, dass die Beklagte einmal kurz geblinkt habe. Jedoch sei unter den gegebenen Umständen von einer erhöhten Betriebsgefahr der Beklagten auszugehen. 

Aber: erhöhte Betriebsgefahr wegen zusätzlicher Gefahrenlage

Nach der obergerichtlichen Rechtsprechung müsse der Vorfahrtsberechtigte, welcher durch das falsche Setzen eines Blinksignals eine Gefahrenlage geschaffen habe, unter genauer Beobachtung des wartepflichtigen Verkehrs besonders vorsichtig an die Einmündung heranfahren . Gegebenenfalls müsse er auch eine Verständigung mit dem wartepflichtigen Fahrer herbeiführen. Die Beklagte habe jedenfalls mit dem falschen Blinksignal eine zusätzliche Gefahr geschaffen, welche sich im Unfall realisiert habe.

 (LG Saarbrücken, Urteil v. 7.06.2013, 1 S 34/13).


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Schlagworte zum Thema:  Verkehrsrecht, Mitverschulden, Anscheinsbeweis