Bußgeld, obwohl das Assistenzsystem im Auto nicht funktioniert?

Wie sehr darf sich ein Autofahrer auf Fahrassistenzsysteme verlassen? Wer trägt die Verantwortung, wenn die Algorithmen nicht mitspielen und die Technik versagt? Zu dieser Frage hat sich das OLG Köln geäußert. Das Assistenzsystem hatte hier nicht auf ein Verkehrszeichen reagiert, die Folge waren eine Ordnungswidrigkeit und eine Geldbuße. Zu Recht? 

Dem Autonomem Fahren und in der Vorstufe den Fahrassistenzsystemen gehört sicherlich die Zukunft. Sie sollen das Autofahren bequemer und sicherer machen. Diffizil wird es, wenn die Technik versagt.

Künstliche Intelligenz im Straßenverkehr:  Neue Technik, neue Risiken

So erwartet der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft in einer auf das Jahr 2035 ausgelegten Studie, dass die Algorithmen die Fahrzeuglenker zwar entlasten. Andererseits dürften neue Risiken entstehen:

  • Hacker-Angriffe auf vernetzte Fahrzeuge,
  • falsche Interpretationen der Verkehrssituation,
  • der Mischverkehr zwischen automatisierten und konventionellen Fahrzeugen,
  • defekte Sensoren,
  • Softwarefehler
  • oder die mangelhafte Abstimmung zwischen Mensch und Maschine

seien nur einige von zahlreichen Risiken, die mit der neuen Technik einhergingen. Erste Anzeichen der Gefahren zeign sich schon heut. 

Assistenzsystem reagiert nicht auf Verkehrszeichen

Im vorliegenden Fall hat die Technik nicht so funktioniert, wie sie das sollte. Der Betroffene steuerte ein Auto mit Verkehrszeichenerkennung. Die Technik soll dafür sorgen, dass die Geschwindigkeit des Autos automatisch verringert wird, wenn ein entsprechendes Verkehrsschild auftaucht. Das geschah hier nicht. 

Das System reagierte nicht, als der Betroffene das Verkehrszeichen 274 passierte, das die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 70 km/h begrenzte. Weil er 92 km/h fuhr hatte das Amtsgericht Aachen gegen den Mann wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften eine Geldbuße in Höhe von 100 Euro verhängt.

Welche Pflichten Fahrer von Autos mit Assistenzsystemen haben

Das OLG Köln hat das Urteil das Amtsgericht bestätigt und sich dazu geäußert, welche Pflichten Fahrer von Autos mit Assistenzsystemen haben:

In der Rechtsprechung ist bereits geklärt, dass ein Fahrzeugführer trotz eingeschalteten Geschwindigkeitsregulierungssystems verpflichtet bleibt, die von ihm gefahrene Geschwindigkeit zu kontrollieren und so aktiv zu gewährleisten, dass er die Beschränkung der Höchstgeschwindigkeit aktiv einhält (vgl. für den Tempomat OLG Hamm, Beschluss v. 16.01.2006, 2 Ss OWi 200/06).

Ist das Geschwindigkeitsregulierungssystem an eine automatisierte Verkehrszeichenerkennung gekoppelt, gilt für die aktive Kontroll- und Eingreifpflicht des Fahrzeugführers nichts anderes. Denn auch bei der Verkehrszeichenerkennung handelt es sich um ein geschwindigkeitsregulierendes Assistenzsystem, das ein assistiertes Fahren bei permanent bestehender Einflussnahmemöglichkeit des Fahrers ermöglicht.

Das Amtsgericht habe zu Recht darauf hingewiesen, dass derartige Systeme lediglich Hilfsmittel darstellten, die den Fahrer nicht seiner persönlichen Verantwortung als Verkehrsteilnehmer entheben können, so das OLG Köln.

(OLG Köln, Beschluss v. 07.06.2019, III RBs 213/19).

Hinweis:

Ein defektes System kann allerdings nach einer anderen Entscheidung durchaus Einfluss auf die Höhe der Geldbuße haben: Laut AG Lüdinghausen, (Urteil v. 7.3.2016, 19 OWi-89 Js 2669/15-258/15i) kann ein defekter Tachometer kann den Handlungsunwert eines Geschwindigkeitsverstoßes herabsetzen mit der Folge, dass der Vorwurf eines groben Pflichtenverstoßes nach § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG entfällt.

Zeigt der Tachometer allerdings trotz des Defektes zur Zeit des Verstoßes eine überhöhte Geschwindigkeit an, so nimmt dies nicht den Fahrlässigkeitsvorwurf hinsichtlich der Geschwindigkeitsüberschreitung in vollem Umfange; die Regelgeldbuße für den festgestellten Geschwindigkeitsverstoß bleibt maßgeblich.

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Schlagworte zum Thema:  Verkehrsrecht, Ordnungswidrigkeit