Bremsmanöver in der Waschstraße führt zu einem Kettenunfall

Welche Sicherheitsvorkehrungen sind für den Betreiber einer Waschstraße zumutbar, damit die Fahrzeuge der Kunden nicht beschädigt werden, auch nicht durch Fahrfehler anderer Waschstraßennutzer? Mit dieser Frage hat sich der BGH bei einer Beschädigung von drei Fahrzeugen durch ein Bremsmanöver in einer Waschstraße befasst.

Unfallursache war eine Kettenreaktion in der Waschstraße: In einer volllautomatisierten Anlage kollidierten drei Fahrzeuge. Weil der vor ihm befindliche Mercedes-Fahrer grundlos bremste, wurde der BMW des Klägers auf den Mercedes aufgeschoben. Der hinter dem BMW befindliche Hyundai wurde wiederum auf den BMW geschoben.

Bremsung warf das erste Fahrzeug in der Waschstraße aus dem Förderband

Die Waschanlage war so konstruiert, dass sich die linken Räder der Fahrzeuge auf einer Fördereinrichtung befinden und die rechten Räder frei über den Boden laufen. Durch das Bremsen geriet der Mercedes aus dem Schleppband und blieb unvermittelt stehen, was dann dazu führte, dass die anderen zwei Fahrzeuge jeweils auf das vor ihnen befindliche aufgeschoben wurden.

Weder technischer Defekt noch besondere Sicherungseinrichtungen

Vor Gericht stellte sich die Frage der Haftung des Betreibers der Waschanlage.

  • Ein technischer Defekt der Waschanlage lag nicht vor.
  • Besondere Sicherungseinrichtungen, die ein Aufschieben von Fahrzeugen verhindern, wenn ein Fahrzeug aus der Schleppkette gerät, gab es allerdings nicht.

Das Amtsgericht hatte der Klage des BMW-Fahrers vollumfänglich stattgegeben und den Waschstraßenbetreiber zum Ersatz des Schadens verurteilt. Das Landgericht hingegen kam zu einer gänzlich anderen Einschätzung. Die Beschädigung des klägerischen Fahrzeugs sei allein durch das Fehlverhalten des vorausfahrenden Mercedes-Fahrers verursacht worden. Eine Pflichtverletzung des Betreibers der Waschstraße sah das Landgericht nicht.

Der Bundesgerichtshof hat jetzt auf die Revision des Klägers das Urteil des Landgerichts aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.

BGH sieht Schutzpflicht des Waschstraßenbetreibers

  • Bei einem Vertrag über die Reinigung eines Fahrzeugs hat der Betreiber der Waschstraße eine Schutzpflicht, das Fahrzeug des Kunden vor Beschädigungen beim Waschvorgang zu bewahren,
  • dabei kann allerdings nicht jeder abstrakten Gefahr vorbeugend begegnet werden
  • es sind nur die Vorkehrungen zu treffen, die nach den Umständen erforderlich und zumutbar sind.

Welche Sicherheitsvorkehrungen sind zumutbar?

Was sind die Sicherheitsvorkehrungen, die für einen Waschstraßenbetreiber zumutbar sind? Laut BGH bestimmt sich die Zumutbarkeit von Sicherheitsvorkehrungen aus der

  • Abwägung der Wahrscheinlichkeit der Gefahrenverwirklichung
  • der Gewichtigkeit möglicher Schadensfolgen
  • und der Höhe des Kostenaufwands, der mit den Sicherungsvorkehrungen einher geht

Zu den gebotenen Sicherungsvorkehrungen kann auch die Erfüllung von Hinweispflichten gehören.

BGH: Überwachung durch Videoanlage nicht zumutbar

Nach den nicht zu beanstandenden Ausführungen des Landgerichts sind technische Sicherheitsvorkehrungen, die ein Auffahren verhindern, wenn der Vordermann bremst, bei Waschstraßen nicht üblich. Eine ununterbrochene Überwachung der Anlage durch eine Videoanlage oder durch Mitarbeiter, die neben dem Schleppband mitlaufen, sind laut BGH wegen des technischen und personellen Aufwands nicht zumutbar und unverhältensmäßig.

Ein Freibrief für Betreiber von Waschstraßen?

Nicht ganz. Denn der BGH wies darauf hin, dass die Betreiber in geeigneter Weise darauf hinwirken müssen, dass kein Fehlverhalten vorkommt, wenn Schäden drohen, wenn Kunden nicht die notwendigen Verhaltensregeln einhalten.

Waschstraßenbetreiber müssen über Verhaltensregeln informieren

Betreiber von Waschstraßen haben deshalb die Pflicht, die Benutzer der Anlage in geeigneter und zumutbarer Weise über die zu beachtenden Verhaltensregeln zu informieren.

Ob der beklagte Waschstraßenbetreiber diese Pflicht erfüllt und den Fahrer des Mercedes entsprechend informiert hat, hat das Landgericht nicht geprüft und muss dies deshalb nachholen, so der BGH.

(BGH, Urteil v. 19.07.2018, VII ZR 251/17).

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