Beifahrertür rubbelt über Bordsteinkante - Haftung?

Der Fahrer eines Kfz ist hauptverantwortlich für die Beschaffenheit des von ihm ausgewählten Haltepunkts, an dem er einen Beifahrer aussteigen lässt. Hält er neben einer erhöhten Bordsteinkante, muss er den Beifahrer darauf aufmerksam machen. Knirscht statt dessen die Tür über den Asphalt, haftet grundsätzlich vor allem er. Leider war hier die Beifahrerin nicht in Berufung gegangen und musste deshalb trotzdem "blechen".


Einen Gefallen wollte er ihr tun. Ein Autofahrer nahm seine Nachbarin in seinem Fahrzeug mit bis zur nächsten Bushaltestelle. Als er an der erhöhten Bordsteinkante hält, öffnet die Nachbarin beherzt die Beifahrertür. Mit einem nervtötenden Geräusch kratzt die Türunterseite über den erhöhten Bordstein. Jetzt war eine umfangreiche Bearbeitung und Lackierung der Türunterseite fällig. Der Fahrer verlangte Schadensersatz von der Beifahrerin, die dies gar nicht einsah.

Den Fahrer trifft laut AG nur die Betriebsgefahr

Das zunächst mit der Sache befasste AG hatte Verständnis für den Ärger des Kfz-Führers. Nach Auffassung des Amtsrichters hätte die Beifahrerin beim Öffnen der Tür darauf achten müssen, ob die Türöffnung ohne Beschädigung der Tür möglich sei.

Mögliche Hindernisse beim Türöffnen immer erwarten?

Mögliche Hindernisse wie Laternenmasten und auch erhöhte Bordsteinkanten sein immer in Rechnung zu stellen. Die Beifahrerin habe durch das beherzte Öffnen der Beifahrertür fahrlässig gehandelt und trage das überwiegende Verschulden an dem entstandenen Schaden. Nach Auffassung des AG haftet der Fahrer in einem solchen Fall allenfalls für die Betriebsgefahr seines Fahrzeugs, die das Amtsgericht mit 20 % bemaß.

LG: Fahrer hat die Verantwortung für die gewählte Halteposition

Die Entscheidung des AG reichte dem Kfz-Führer nicht. Er wollte zu 100% entschädigt werden. Da war das in zweiter Instanz mit der Sache befasste LG jedoch ganz anderer Auffassung.

  • Nach Auffassung des LG trägt grundsätzlich der Kfz-Führer die Verantwortung dafür, an welcher Stelle er hält, um einen Mitfahrer aussteigen zu lassen.
  • Der Fahrer allein habe die Entscheidungsgewalt darüber, sein Fahrzeug an eine Stelle zu lenken, an der ein Aussteigen gefahrlos möglich ist.
  • Der Beifahrer selbst habe kaum Möglichkeiten, hierauf Einfluss zu nehmen.
  • Insbesondere widerspräche es jeder Lebenserfahrung, wolle man von einem Beifahrer verlangen, die Tür jeweils so langsam zu öffnen, dass ein Anstoß mit dem Bordstein nicht zu einer Beschädigung führen könne.

Dies sei möglicherweise anders zu beurteilen, wenn sich ein für den Beifahrer sichtbares seitliches Hindernis neben der Tür befinde, wie beispielsweise ein Poller oder ein Laternenmast. Die Höhe der Bordsteinkante könne der Beifahrer aber in aller Regel nicht beurteilen, dies sei viel besser für den Fahrer beim Anfahren des Haltepunkts möglich.

Wer sich nicht wehrt, den bestraft das Gericht

Im Ergebnis gelangte das LG zu dem Urteil, dass der Kfz-Führer wegen fehlerhafter Auswahl des Haltepunkts bzw. wegen Unterlassens eines Hinweises auf die Höhe der Bordsteinkante ein Mitverschulden und ein Verschuldensanteil von 70 % trafen.

Da lediglich der Fahrzeugführer und nicht die Beifahrerin ein Rechtsmittel gegen das Urteil des AG eingelegt hatte, blieb es allerdings zum Leidwesen der Beifahrerin bei dem Urteil des AG, das ihr 80 % Verschuldensanteil zugewiesen hatte.

(LG Wuppertal, Urteil v. 18.12.2014, 9 S 134/12).


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