Abschleppen eines stillgelegten Autos ohne vorherige Aufforderung

Darf eine Behörde ein stillgelegtes Auto kostenpflichtig abschleppen, ohne sich vorher die Mühe zu machen, den Halter zu ermitteln? Nein, hat das OVG NRW entschieden, es müssen die Voraussetzungen des sofortigen Vollzugs erfüllt sein, ehe die Behörde zur Tat schreiten darf.

Die Stadt Düsseldorf hatte ein stillgelegtes Fahrzeug abschleppen lassen. 175 Euro stellte sie dem Halter dafür in Rechnung – die Kosten für das Abschleppen und die Verwahrung.

Fahrzeug war noch angemeldet

Das Fahrzeug,

  • das auf dem Seitenstreifen einer Straße in Düsseldorf nicht verkehrsbehindernd abgestellt worden war,
  • hatte keine Zulassung mehr.
  • Es war zwar noch angemeldet, aber von Amts wegen stillgelegt.

Polizei hatte Dienstsiegel von Kfz-Schildern entfernt

Polizeibeamte hatten am Fahrzeug die Dienstsiegel von den Nummernschildern entfernt. Zudem hatten sie Aufkleber mit der Forderung angebracht, das Fahrzeug binnen einer bestimmten Frist aus dem öffentlichen Straßenraum zu entfernen.

Schon vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf hatte die Klage des Fahrzeughalters Erfolg. Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen lehnte den Antrag der Stadt auf Zulassung der Berufung ab.

Voraussetzungen für einen Sofortvollzug nicht erfüllt

Das Oberverwaltungsgericht begründete seine Entscheidung damit, dass die Voraussetzungen für einen Sofortvollzug nicht vorgelegen hätten.

  • Es wäre für die Stadt Düsseldorf möglich und zumutbar gewesen, anhand der noch vorhandenen entstempelten Kennzeichen zunächst den vorrangig verantwortlichen Halter als Adressat einer möglichen Ordnungsverfügung zu ermitteln
  • die Stadt hätte den Halter erst zum Entfernen des Fahrzeugs auffordern müssen
  • der damit zweifelsohne verbundene Aufwand mache die Durchführung des von Gesetzes wegen im Regelfall vorgesehenen Verwaltungsverfahrens nicht unzumutbar.

Conclusio des Gerichts: Der Sofortvollzug sei nur in Ausnahmefällen bei außergewöhnlicher Dringlichkeit zulässig. Eine Verwaltungspraxis, die pauschal alle Fälle der Beseitigung nicht zugelassener Fahrzeuge im Wege des sofortigen Vollzugs behandle, stehe dazu im offensichtlichen Widerspruch. Denn sie mache damit den Ausnahmefall zur Regel.

Gericht sieht keine außergewöhnliche Dringlichkeit

Die Behörde hatte die außergewöhnliche Dringlichkeit mit präventiven Erwägung begründet sowie mit der Gefahr von Diebstahl und Vandalismus. Diesen Argumenten wollte sich das Gericht allerdings nicht anschließen, zumal hier ein Zeitraum von elf Tagen bis zum Abschleppen in Kauf genommen worden sei.

Das Gericht wies zudem darauf hin, dass es keine Anhaltspunkte gegeben habe, dass der Halter des Fahrzeugs seiner Verpflichtung zur Beseitigung nicht nachkommen werde. Dass er der von der Polizei auf dem Aufkleber formulierten Aufforderung nicht gefolgt sei, sei jedenfalls kein hinreichender Anhaltspunkt, da nicht feststehe, dass er von der Aufforderung überhaupt Kenntnis erlangt habe.

(OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 24.11.2017, 5 A 1467/16)

Hintergrund:

Der sofortige Vollzug als Verwaltungszwang kann ohne vorausgehenden Verwaltungsakt angewendet werden, wenn das zur Abwehr einer Gefahr notwendig ist, insbesondere weil Maßnahmen gegen die Störer i.S.d. Polizei- und Ordnungsrechts nicht oder nicht rechtzeitig möglich sind oder keinen Erfolg versprechen. Notwendig ist, dass die Behörde hierbei innerhalb ihrer Befugnisse handelt.

Aus: Deutsches Anwalt Office Premium


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