
Das OLG Frankfurt wies die Klage eines Wettbewerbsvereins wegen mangelnder Prozessführungsbefugnis ab. Der Verein konnte nicht die für die Klagebefugnis erforderliche erhebliche Mitgliederzahl von Unternehmern darlegen.
Wettbewerbsrechtliche Abmahnungen allein zum Zweck der Generierung von Gebühren sind immer wieder ein Ärgernis. Das OLG Frankfurt hat nun versucht, möglichst klare Grenzen für die Klagebefugnis von Wettbewerbsvereinen zu ziehen.
Comicangebote im Netz mit rechtlichen Mängeln
Kläger des Verfahrens war ein eingetragener Verein, der laut seiner Satzung die Interessen von Online-Unternehmen vertritt. Der Beklagte handelte als gewerblicher Verkäufer über die Online-Plattform eBay mit Comics. Dort bot er einen Comic an, ohne dem Angebot ein Musterwiderrufsformular beizufügen. Außerdem fehlten eine Information über das Bestehen eines gesetzlichen Mängelhaftungsrecht, die Angabe zur Umsatzsteuer sowie datenschutzrechtliche Angaben.
Verein mahnt ab
Wegen dieser Mängel auf der Angebotsseite mahnte der Wettbewerbsverein den Comicverkäufer ab und nahm ihn gerichtlich auf Unterlassung in Anspruch. Erstinstanzlich war die Klage wegen der grundsätzlich berechtigten wettbewerbsrechtlichen Rügen erfolgreich. In der Berufungsinstanz unterzog das OLG die Prozessführungsbefugnis des klagenden Vereins einer sorgfältigen Prüfung und kam dabei zu einem für den klagenden Verein negativen Ergebnis.
Gesetzliche Mindestanforderungen an Wettbewerbsverbände
Ausgangspunkt der Erwägungen des OLG war § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG. Nach dieser Vorschrift sind rechtsfähige Verbände zur Förderung gewerblicher und selbstständiger beruflicher Interessen dann zur Geltendmachung der in § 8 Abs. 1 UWG statuierten wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüche berechtigt,
- wenn dem Verband eine erhebliche Zahl von Unternehmern angehört,
- die Waren oder Dienstleistungen gleicher oder verwandter Art
- auf demselben Markt vertreiben und
- sie die für die Durchführung ihrer satzungsmäßigen Aufgaben erforderliche personelle, sachliche und finanzielle Ausstattung besitzen
Klagebefugnis ist von Amts wegen zu prüfen
Die in § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG postulierte Anspruchsberechtigung hat nach herrschender Rechtsprechung eine Doppelnatur, denn sie umfasst sowohl die materiellrechtliche Anspruchsberechtigung als auch die prozessuale Klagebefugnis (BGH, Urteil v. 7.5.2015, I ZR 158/14). Das OLG stellte darüber hinaus klar, dass die dort geregelten Voraussetzungen in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen sind, selbst noch in der Revisionsinstanz.
Branchenzugehörigkeit ist weiter Begriff
Dem klagenden Verein ist es nach Auffassung des OLG nicht gelungen, darzulegen, dass ihm die nach § 8 Abs.3 Nr. 2 UWG geforderte erhebliche Zahl von Unternehmern angehört, die Waren gleicher Art vertreiben. Das OLG betonte, dass die Vorschrift weit auszulegen sei und es lediglich darauf ankomme,
- dass sich die betreffenden Waren oder Dienstleistungen ihrer Art nach so gleichen oder nahe stehen, dass der Absatz des einen Unternehmers durch irgendein wettbewerbswidriges Verhalten des anderen beeinträchtigt werden kann.
- Das nach dieser Vorschrift vorausgesetzte Wettbewerbsverhältnis erfordere lediglich eine Zugehörigkeit zur selben Branche oder zu angrenzenden Branchen.
- Es reiche aus, dass die Parteien potentiell Wettbewerber sein könnten.
- Im konkreten Fall sei es für die Branchenzugehörigkeit nicht erforderlich, dass Mitglieder des klagenden Vereins ebenfalls Comics vertreiben, es reiche der Vertrieb von irgendwelchen Büchern oder auch von Spielwaren (Comicfiguren) aus.
Verein vertritt keine relevante Zahl von Mitgliedern
Nach den Feststellungen des OLG blieben von den 80 vom klagenden Verein genannten Mitgliedern in der Berufungsinstanz noch 23 für die Klagebefugnis relevante übrig. Diese zeichneten sich allerdings überwiegend dadurch aus, dass sie
- vorwiegend über die Online-Plattform eBay eher geringe Umsätze generierten
- und eine Vielzahl gänzlich verschiedener Waren und nur wenige Bücher im Angebot hatten.
- Bei den Mitgliedern handelt es sich nach der Wertung des Senats nicht um Unternehmen, die nach Anzahl, Größe, Marktbedeutung oder wirtschaftlichem Gewicht den Kreis der Mitbewerber in repräsentativer Weise vertreten.
- Zwar sei nach dem Gesetz nicht erforderlich, dass der Verein die Mehrheit der Mitbewerber vertritt, den vertretenen Unternehmen müsse aber eine gewisse wirtschaftliche Bedeutung zukommen.
Klage abgewiesen
Letztlich bewertete das OLG die von dem Kläger vertretenen Mitglieder sowohl von ihrer Zahl her als auch in ihrem unternehmerischen Gewicht als zu unbedeutend, um eine wettbewerbsrechtliche Klagebefugnis zu begründen. Hierbei sei auch zu berücksichtigen, dass die Vorschrift des § 8 Abs. 3 Nr. 2 UWG den Sinn habe, Wettbewerbsvereine mit ausschließlichem Gebühreninteresse von der Klagebefugnis auszuschließen. Mangels Klagebefugnis wies das OLG daher die Klage in vollem Umfang ab.
(OLG Frankfurt, Urteil v. 2.5. 2019, 6 U 58/18)