Unbilligkeit von Pfändungsmaßnahmen in der Corona-Krise

Es kann geboten sein, Vollstreckungsmaßnahmen gegenüber Steuerpflichtigen in der Corona-Zeit bis zum Ende des Jahres 2020 auszusetzen. Das ergibt sich aus einer Verwaltungsanweisung des Bundesfinanzministeriums und das FG Düsseldorf hat den pandemiebedingten Vollstreckungsschutz bestätigt.

Nach einem Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 19.03.2020 sollen Steuerpflichtigen, die von den Folgen der Corona-Pandemie betroffen sind, bestimmte steuerliche Erleichterungen gewährt werden, wie etwa das Absehen von Vollstreckungsmaßnahmen.

Finanzgericht Düsseldorf bestätigt pandemiebedingten Vollstreckungsschutz

Auf diesen pandemiebedingten Vollstreckungsschutz haben sich einige Steuerschuldner berufen und hatten damit vor dem Finanzgericht Düsseldorf Erfolg. Sie waren wegen Steuerrückständen auf Vermietungseinkünften vom Finanzamt in Anspruch genommen worden, das eine Kontenpfändung veranlasst hatte.

Großteil der Mieteinkünfte warenseit April 2020 weggefallen

Mit ihrem Vollstreckungsschutzantrag machten sie geltend, dass ein Großteil der Mieteinkünfte seit April 2020 weggefallen sei, da die Mieter auf der Grundlage des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der Covid19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht die Mietzahlungen eingestellt hatten.

Das Finanzamt hat sich hingegen darauf berufen, dass die offenen Steuerforderungen bereits aus der Zeit vor der Krise resultierten und eine wirtschaftliche Beeinträchtigung der Steuerschuldner nicht ersichtlich sei. Die Kontenpfändung seien bereits vor Herausgabe des BMF-Schreibens vom 19.03.2020 veranlasst worden. Dieses sehe eine Aufhebung bereits erfolgter Vollstreckungsmaßnahmen nicht vor.

Eilantrag der Steuerschuldner erfolgreich!

Das Finanzgericht Düsseldorf schloss sich der Argumentation der Steuerschuldner an und hat dem Eilantrag stattgegeben. Es verfügte, dass die Kontenpfändungen bis zum Jahresende 2020 einzustellen sind.

Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Maßnahmen für die Betroffenen aktuell unbillig seien. Diese werden in doppelter Hinsicht in ihrer Liquidität eingeschränkt, einerseits durch die coronabedingten Mietausfälle, andererseits durch die Heranziehung wegen Steuerschulden (→ Coronavirus: Erleichterungen für Verbraucher und Arbeitnehmer).

Ermessen des Finanzamtes wurde durch die BMF-Verwaltungsanweisung reduziert

Das Finanzgericht vertrat die Auffassung, dass das dem Finanzamt eingeräumte Ermessen durch die Verwaltungsanweisung des Bundesfinanzministeriums gemäß Schreiben vom 19.03.2020 dergestalt eingeschränkt worden sei, dass von Vollstreckungsmaßnahmen abgesehen werden soll, und zwar auch im Hinblick auf bereits eingeleitete Vollstreckungsmaßnahmen.

(FG Düsseldorf, Beschluss vom 29.05.2020, 9 V 754/20 AE).

Weitere News zum Thema: 

Keine Pfändung von Corona-Soforthilfen

Zivilrechtlicher Eilrechtsschutz in Zeiten des Coronavirus

Keine Verlängerung der Corona-Zahlungsmoratorien

Hintergrund: Corona-Sonderregelungen Mietverhältnisse

Das Recht der Vermieter zur Kündigung von  Miet- und Pachtverhältnissen wird empfindlich eingeschränkt. Mietschulden, die in dem Zeitraum 1.4.2020 bis 30.6.2020 pandemiebedingt entstehen, berechtigen den Vermieter oder Verpächter nicht zur Kündigung des Miet- oder Pachtverhältnisses. Den Ursachenzusammenhang zwischen der Pandemie und der Nichtleistung muss der Mieter glaubhaft machen. Von dieser Regelung kann nicht durch eine Individualabsprache zum Nachteil des Mieters abgewichen werden. Die Zahlungsverpflichtung als solche bleibt allerdings bestehen. Ausgeschlossen sind sowohl die fristlose als auch die ordentliche Kündigung, und zwar unabhängig davon, ob es sich um Wohnraum oder Geschäftsraum handelt. Die Kündigungsbeschränkung endet mit Ablauf des 30.9.2022.

Zahlungsrückstände müssen bis 30.6.2022 ausgeglichen werden

Wegen Zahlungsrückständen, die zwischen dem 1.4.2020 und dem 30.6.2020 eingetreten sind und die bis zum 30.6.2022 nicht ausgeglichen sind, kann anschließend wieder gekündigt werden.

Die allgemeinen zivilrechtlichen Regeln über Fälligkeit und Verzug werden hierdurch nicht berührt, auch nicht die allgemeinen Vorschriften zur Kündigung beispielsweise aus wichtigem Grund.

Die Bundesregierung hat die Möglichkeit, durch Rechtsverordnung die Kündigungsbeschränkung auf Zahlungsrückstände zu erstrecken, die im Zeitraum 1.7.2020 bis längstens 30.9.2020 entstanden sind, nicht in Anspruch genommen.

Schlagworte zum Thema:  Zwangsvollstreckung, Coronavirus