Streit unter Anwälten: als abgemahnter Mandant getarnter Spitzel

Urheberrechtsverletzungen im Internet sind für viele Anwälte ein einträgliches Geschäft. Schließlich gehen vor allem Verbraucher mit fremden Urheberrechten gerade bei Bildern recht lax um. Derartige Rechtsverstöße finden in einigen Tauschbörsen oder sozialen Netzwerken massenweise statt. Und die Anwälte bieten sich regelrechte Schlachten um Abmahnungen und deren Abwehr.

In einem Fall, der kürzlich beim BGH landete, schaltete ein Anwalt, der Rechteinhaber gegen Urheberrechtsverletzer vertritt, sogar insgesamt sechs Test-Mandanten ein, mit deren Hilfe er nachweisen wollte, dass ein Anwaltskonkurrent Urheberrechtsverletzer mit unlauteren Mitteln verteidigt.

Verfahren zur Mandatsanbahnung und -bearbeitung in Sachen

Es lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Die Beklagte setzte ein auf Massengeschäft ausgerichtetes Verfahren zur Mandatsanbahnung und -bearbeitung ein, das durch folgende Schritte gekennzeichnet war:

Nachdem die abgemahnte Person über eine Hotline Kontakt mit der Beklagten aufgenommen hatte, wurde ein schriftlicher Vermerk mit Kontaktdaten und Details für die weitere Bearbeitung angefertigt.

Sodann erhielt die an einer Mandatierung der Beklagten interessierte Person eine standardisierte E-Mail, der eine Vollmachtserklärung und ein Mandantenfragebogen zur Ermittlung des Sachverhalts beigefügt war.

Die Beklagte vertrat in insgesamt 300 Verfahren Mandanten, die von der Klägerin eine Abmahnung wegen angeblicher Urheberrechtsverletzungen in Internet-Tauschbörsen erhalten hatten.

Testmandanten machten falsche Angaben

In allen Verfahren antwortete die Beklagte auf die Abmahnung der Klägerin, die Abgemahnten hätten die Rechtsverletzungen nicht begangen und zu keinem Zeitpunkt urheberrechtlich geschützte Werke zugänglich gemacht. Die Klägerin beauftragte daraufhin insgesamt sechs Personen, die in der Zeit vom 15. Januar 2010 bis Mai 2010 gegenüber der Beklagten angaben, Abmahnungen von der Klägerin erhalten zu haben.

Diese Test-Mandanten gaben entweder im Fragebogen unter der Rubrik „Besonderheiten“ oder in einer begleitenden E-Mail wahrheitswidrig an, die in der Abmahnung genannte Datei heruntergeladen zu haben. Dennoch versandte die Beklagte auch in den diese Testmandanten betreffenden Fällen Antwortschreiben an die Klägerin, in denen Rechtsverletzungen durch die Mandanten bestritten wurden.

Rechtsverteidigung durch unwahre Behauptung?

Die Klägerin ist der Ansicht, die Beklagte würde gegenüber der Klägerin bewusst unwahr vortragen. Dies sei gemäß § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 43a Abs. 3 Satz 2 BRAO,§ 263 StGB wettbewerbswidrig. Zudem liege eine Irreführung der Verbraucher gemäß §§3, 5 Abs. 1, § 5a Abs. 1 UWG vor.

Die Klägerin macht insoweit geltend, in dem Verhalten der Beklagten liege eine systematische Schlechtleistung, über die die Beklagte ihre (potentiellen) Mandanten nicht aufkläre. Dies sei als Irreführung durch Unterlassen gemäß §§ 3, 5, 5a UWG zu werten, weil der Mandant ohne entsprechende Aufklärung nicht mit einer wahrheitswidrigen Rechtsverteidigung rechne. Doch der BGH wies die Klage ab.

Schlechtleistung ist kein Wettbewerbsverstoß

Es fehle bereits an einer geschäftlichen Handlung gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 3 UWG. Die Handlung müsse bei objektiver Betrachtung darauf gerichtet sein, durch Beeinflussung der geschäftlichen Entscheidung der Verbraucher oder sonstiger Marktteilnehmer den Absatz oder Bezug von Waren oder Dienstleistungen des eigenen oder fremden Unternehmens zu fördern.

  • Der BGH führte aus, dass das bewusst wahrheitswidrige Abstreiten einer Urheberrechtsverletzung objektiv nicht geeignet sei, den Wettbewerb um Mandanten zu fördern.

  • Mangelhafte oder sonst nicht vertragsgemäße Leistungen eines Unternehmens würden nur vertragliche Rechte der Mandanten begründen. Denn die Schlechtleistung sei als solche nicht objektiv darauf gerichtet, den Mandanten von der Geltendmachung von Rechten abzuhalten.

Gleichermaßen würden auch nicht geschäftliche Entscheidungen möglicher zukünftiger Mandanten beeinflusst. Die Antwortschreiben des Beklagten dienten nämlich vorrangig dem Ziel, die gegen die eigenen Mandanten gerichteten Ansprüche abzuwehren.

(BGH, Urteil vom 10.01.2013, I ZR 190/11). 

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