
Die nicht enden wollende Flut an Klagen im Diesel-Abgasskandal hat den Bundesgerichtshof veranlasst, einen Hilfssenat einzurichten, bei dem diese Verfahren künftig gebündelt werden sollen.
Diverse Gerichte in ganz Deutschland sind seit Jahren mit Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit dem Diesel Abgasskandal befasst. Es treten immer neue rechtliche Probleme und Fallkonstellationen auf, die von den Instanzgerichten unterschiedlich beurteilt werden. Viele der Fälle landen vor dem Bundesgerichtshof als obersten Zivilgericht und haben da zu einer spürbaren Mehrbelastung geführt.
Neue Klagewelle steht bevor!
Bislang waren unterschiedliche Zivilsenate beim BGH mit den Fällen befasst und haben einige Grundsatzfragen geklärt. Gleichwohl tauchen immer neue Fälle auf und ein Ende ist nicht in Sicht. Ein von der Verbraucherzentrale eingeleitetes Musterfeststellungsverfahren gegen VW hatte sich zwar durch einen Vergleich erledigt. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hat jedoch kürzlich angekündigt, eine weitere Musterfeststellungsklage gegen Daimler zu erheben. (→ Diesel-Musterfeststellungsklage nun auch gegen Daimler wegen Mercedes)
Diese Massenverfahren führen zu einer erheblichen Belastung des zuständigen Gerichts und landen im Zweifel ebenfalls vor dem BGH in Karlsruhe.
Einrichtung eines Hilfssenats beschlossen
Um für die neue zu erwartende Klagewelle gut gewappnet zu sein, hat das Präsidium des BGH nun beschlossen, einen Hilfssenat einzurichten, der sich speziell mit den Dieselfällen befassen soll. Insoweit handelt es sich nicht um einen ganz neuen Senat, an dessen Einrichtung sich etwa die Politik finanziell beteiligen würde. Vielmehr werden lediglich für eine gewisse Zeit vorhandene Richter am BGH für die Mitarbeit im Hilfssenat abberufen. Später sollen sie wieder an ihren eigentlichen Senat zurückkehren, für den sie auch in der Zwischenzeit jedenfalls einen kleinen Teil ihrer Arbeit verrichten, um bei der ihnen vertrauten Rechtsmaterie im Thema zu bleiben.
Hoffnung auf Vereinheitlichung der Rechtsprechung
Wünschenswert ist, dass durch diese Bündelung der Verfahren beim Spezialsenat die Rechtsprechung zur Abgasproblematik künftig noch weiter vereinheitlicht wird und die betroffenen Kunden ihre Rechtslage besser abschätzen können.
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Hintergrund: Was bringt die Musterfeststellungsklage für Dieselgeschädigte?
Die Musterfeststellungsklage wurde zum 1.11.2018 eingeführt und hat den Vorteil, dass in einem Sammelverfahren grundsätzliche Rechtsfragen als Voraussetzung für die Geltendmachung von gleich gelagerten Ansprüchen einer Vielzahl von Personen gerichtlich geklärt werden können. Klagebefugt sind nur bestimmte Verbraucherverbände, die ohne Gewinnerzielungsabsicht agieren. Die Musterfeststellungsklage wird nur angenommen, wenn sich mindestens 50 Verbraucher in dem elektronisch geführten Klageregister anmelden und sich der Klage anschließen. Der Eintrag ins Klageregister ist für den Verbraucher kostenfrei.
Annahme eines Musterfeststellungsvergleichs steht dem Verbraucher frei
Musterfeststellungsverfahren können mit einem Vergleich enden. Teilnehmer der Musterfeststellungsklage können dann innerhalb eines Monats nach Zustellung des - vom OLG zu genehmigenden Vergleichs - entscheiden, ob sie dem Vergleich beitreten oder ob sie austreten wollen. Ein Austritt aus dem Vergleich muss dem Gericht schriftlich gemäß § 611 Abs. 4 Satz 3 ZPO mitgeteilt werden. Der Weg zur Individualklage steht dann wieder offen.