Gerichtsfax defekt - Anwalt muss nicht an Pressesprecher faxen

Ist das Empfangsgerät des Gerichts gestört, muss der Anwalt nicht eine dem Pressesprecher des Gerichts zugewiesene Telefaxnummer ausfindig machen und den Schriftsatz zur Fristwahrung an diese Nummer versenden. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden und damit eine anderslautende Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf aufgehoben.

In dem Fall hatte der Anwalt den sieben Seiten langen Berufungsbegründungsschriftsatz gegen 23.15 Uhr ausgefertigt und um 23.28 Uhr den ersten Faxversuch an das Gericht gestartet. Er versuchte mehrfach erfolglos, die Berufungsbegründungsschrift per Telefax an das Oberlandesgericht Düsseldorf zu übersenden. Nachdem er um 23.38 Uhr die Mitteilung über einen Sendefehler erhalten hatte, suchte er auf der Internetseite des Oberlandesgerichts Düsseldorf vergeblich nach einer weiteren Telefaxnummer. Auf der Startseite des Internetauftritts des Oberlandesgerichts Düsseldorf fand er lediglich die Nummer, die er bereits angewählt habe. Auch unter dem elektronischen Verweis „zu allen Kontaktinformationen” war wiederum nur jene Faxnummer angegeben. Eine weitere Suche im „Impressum” blieb ebenso erfolglos. Dort sei der Pressesprecher des Oberlandesgerichts Düsseldorf genannt worden, jedoch ohne dass eine Faxnummer angeführt worden sei.

Faxnummer des Pressesprecher nicht verwendet

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat den Antrag der Beklagten auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist zurückgewiesen und die Berufung als unzulässig verworfen. Begründung: Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten habe von der naheliegenden Möglichkeit Gebrauch machen müssen, den Link „Pressesprecher” zu wählen. Dort sei eine weitere Faxnummer hinterlegt, deren Verwendung der Prozessbevollmächtigte der Beklagten nicht versucht habe. Doch diese Begründung hielt in Karlsruhe nicht.

Faxsendungen: Sicherheitszuschlag von 20 Minuten beachten

Das Oberlandesgericht Düsseldorf habe dem Anwalt beziehungsweise dessen Mandanten die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu Unrecht verwehrt. Der Gewährung einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stehe kein der Beklagten zurechenbares Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten an der Versäumung der Berufungsbegründungsfrist entgegen. Gerade in den Abend- und Nachtstunden müsse zwar damit gerechnet werden, dass wegen drohenden Fristablaufs weitere Schriftstücke fristwahrend per Telefax übermittelt werden sollen. Diesen Sicherheitszuschlag von ungefähr 20 Minuten habe der Anwalt vorliegend eingehalten.

Fehlerprotokolle bestätigen den Anwaltsvortrag

Was dem Anwalt vorliegend zugutekam ist die Tatsache, dass das Faxauftragsprotokoll des Telefaxgeräts des Oberlandesgerichts Düsseldorf für den in Rede stehenden Tag von 23.22 Uhr für 50 Minuten und 48 Sekunden eine Störung des Geräts beim Empfang eines Telefax des betreffenden Anwalts auswies. Das Telefaxgerät des Oberlandesgerichts Düsseldorf war zudem am selben Tag weitere Male in ähnlicher Weise gestört. Es wurde inzwischen ausgetauscht.

Nur für den Schriftverkehr bereitgestellte Faxe zählen

Im Ausgangspunkt zutreffend sei das Oberlandesgericht Düsseldorf davon ausgegangen, dass ein Anwalt, dem es trotz zahlreicher Anwählversuche nicht gelingt, einen fristwahrenden Schriftsatz per Telefax zu übermitteln, aus einer allgemein zugänglichen Quelle – wie etwa der Startseite des Internetauftritts des Oberlandesgerichts Düsseldorf – eine weitere Telefaxnummer des Gerichts in Erfahrung bringt und den Schriftsatz an dieses Empfangsgerät versendet. Der Bundesgerichtshof attestiert dem Anwalt vorliegend allerdings, genau das getan zu haben. Der Prozessbevollmächtigte sei dagegen nicht gehalten gewesen, nach einer Telefaxnummer des Pressesprechers des Oberlandesgerichts Düsseldorf zu suchen und an diese Nummer die Berufungsbegründung zu versenden. Der Prozessbevollmächtigte, der einen fristwahrenden Schriftsatz übersenden will, ist nur verpflichtet, Telefaxnummern zu ermitteln, die das Oberlandesgericht Düsseldorf erklärtermaßen für den Schriftverkehr mit den Rechtssuchenden bereitstellt. Der Pressesprecher übt laut BGH – auch wenn ein Richter des Oberlandesgerichts Düsseldorf mit dieser Funktion betraut ist – keine rechtsprechende Tätigkeit aus, sondern ist Teil der Gerichtsverwaltung. Seine Telefaxnummer solle erkennbar von denjenigen genutzt werden, die mit ihm in Kontakt treten wollen. Dabei werde es sich vornehmlich um Journalisten handeln.

(BGH, Beschluss v. 26. 1. 2017, I ZB 43/16)


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