Gericht untersagt Kostentreiberei durch Anwaltswechsel

Es kommt immer wieder vor, dass Anwälte während laufender Verfahren ausgetauscht werden. Doch Parteien, die das nur machen, um die Gegenseite mit höheren Kosten zu sanktionieren, laufen am Ende in die eigene Falle.

Das zeigt ein vom Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg entschiedener Fall. Der Kläger ist Mitglied bei ver.di und machte in einem Rechtsstreit gegen den beklagten Arbeitgeber Ansprüche aus tarifvertraglichen Regelungen geltend.

Gewerkschaftlicher Rechtssekretär und Rechtsanwalt in Personalunion

Für den klagenden Arbeitnehmer trat Herr P als gewerkschaftlicher Rechtssekretär auf, der auch als Rechtsanwalt zugelassen ist. Das Arbeitsgericht gab der Klage teilweise statt. Beide Parteien gingen in die Berufung vor das LAG Berlin-Brandenburg, wobei der Kläger zunächst weiter von Herrn P als gewerkschaftlicher Rechtssekretär vertreten wurde.

Gewerkschaft das Mandat entzogen und gewerkschaftlicher Rechtssekretär als Anwalt beauftragt

Nachdem das LAG Berlin-Brandenburg in zwei Parallelverfahren zu Gunsten der dortigen Kläger entschieden hatte und der beklagte Arbeitgeber in dem vorliegenden Rechtsstreit seinen Standpunkt gleichwohl weiter aufrecht erhielt, entzog der Kläger seiner Gewerkschaft das Mandat und beauftragte Herrn P. als Rechtsanwalt mit seiner weiteren Vertretung.

Kostenträchtige Wechsel der Prozessvertretung nicht notwendig gewesen

Nachdem er wie zu erwarten war den Prozess gewonnen hatte, setzte das Arbeitsgericht die entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 524,20 € gegen den Beklagten fest, der dagegen vor Gericht zog. Er hält die in Ansatz gebrachten Prozesskosten nicht für erstattungsfähig, weil der Wechsel der Prozessvertretung nicht notwendig gewesen sei.

Gewerkschaft wollte sturen Arbeitgeber "belehren"

Der Kläger meinte dagegen, er sei mit dem Anwaltswechsel nur einer Empfehlung seiner Gewerkschaft gefolgt. Diese habe es nicht hinnehmen wollen, dass die Beklagte die Erfüllung der Zahlungsansprüche ihrer Arbeitnehmer verzögere, obwohl die diesbezüglichen Rechtsfragen obergerichtlich geklärt worden seien und dabei noch kostenrechtlich von dem durch Gewerkschaftsbeiträge finanzierten gewerkschaftlichen Rechtsschutz profitiere.

Gericht macht nicht mit bei dem Ansatz, Prozesspartei für Sturheit zu bestrafen

Doch damit kam er vor Gericht nicht durch. Zwar habe die unterliegende Partei die notwendigen Kosten der Rechtsverteidigung des Gegners zu tragen. Dabei habe allerdings jede Partei aus dem Grundsatz von Treu und Glauben diese Kosten so niedrig zu halten, wie  sich dies mit der Wahrnehmung ihrer rechtlichen Interessen vereinbaren lässt.

Verletzt eine Partei diese Kostenminderungspflicht, kommt eine Erstattung der hierdurch entstandenen Kosten nicht in Betracht. Genau das nahmen die Landesarbeitsrichter im vorliegenden Fall an. Dass der Kläger einer Empfehlung seiner Gewerkschaft folgte, entlaste ihn nicht. Er könne sich nicht darauf berufen, dass der Beklagte nicht bereit gewesen sei, die in Parallelfällen ergangenen Entscheidungen auf den vorliegenden Rechtsstreit zu übertragen.

Gericht ließ klagenden Arbeitnehmer auf Anwaltskosten sitzen

„Keine Partei hat einen Anspruch darauf, dass der Prozessgegner die Ergebnisse anderer Rechtstreitigkeiten auf den eigenen Rechtsstreit überträgt; die Beklagte war vielmehr ohne Weiteres berechtigt, auch die vorliegende gerichtliche Auseinandersetzung einer Entscheidung zuzuführen“, stellten das Gericht klar.

Der Mandatswechsel habe nicht dazu gedient, die eigenen Rechte in einem gerichtlichen Verfahren sachgerecht durchzusetzen oder zu sichern, sondern mit ihm sollte der Beklagte nach Ansicht des Gerichts „sanktioniert und mit Kosten belastet werden“, weil er nicht zu einer vorzeitigen Aufgabe seiner Rechtsauffassung bereit war. Dies verstoße gegen die Kostenminderungspflicht, weshalb der Kläger laut Gerichtsbeschluss auf seinen Anwaltskosten sitzen bleibt.      

(LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 3.1.2013, 17 Ta (Kost) 6118/12).

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