Anwaltsunterschrift passt nicht zum Stempel unter dem Schriftsatz

Die Unterschrift oder der Zusatz eines Rechtsanwaltes unter einem Schriftsatz hat schon so manches Rechtsmittel versenkt. Meist ging es um die Frage, ob die Unterschrift eines Anwalts bedeutete, Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen. Nun hat der BGH lebensnah zur Rechtssicherheit beigetragen und eine Berufung gerettet.

Ein Rechtsanwalt, der einen bestimmenden Schriftsatz für einen anderen Rechtsanwalt unterzeichnet, übernimmt mit seiner Unterschrift nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs auch dann die Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes, wenn seiner Unterschrift maschinenschriftlich der Name des anderen Rechtsanwalts beigefügt wird.

Erste Instanz verloren

In dem Fall ging es um die gerichtlich geltend gemachte Forderung nach Rückabwicklung eines Fremdwährungsdarlehens. Die wurde dem Mandanten erstinstanzlich verwehrt wurde. Mit der Berufung wurde eine unter anderem aus den Rechtsanwälten X und Y bestehende Rechtsanwaltspartnerschaft mbH beauftragt.

Unleserliche Unterschrift passt nicht zum Stempel 

  • Sowohl die Berufungsschrift als auch die Berufungsbegründung sind mit einer – augenscheinlich – von derselben Person herrührenden Unterschrift versehen,
  • die unleserlich ist, aber individuelle und unterscheidungskräftige Züge aufweist.
  • Unter der Unterschrift befindet sich jeweils der maschinenschriftliche Zusatz: „RA X, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht“, von dem indes die beiden Unterschriften nicht stammen. Diese rührten vielmehr von seinem Kollegen Y her.

Zwei Anwälte und kein Vertretungswille: unwirksam?

Nach Ansicht des OLG Stuttgart scheiterte die formwirksame Einlegung des Rechtsmittels daran, dass der Unterschrift von Rechtsanwalt Y der maschinenschriftliche Zusatz „RA X“ beigefügt gewesen sei, ohne deutlich zu machen, dass Rechtsanwalt Y in Vertretung für Rechtsanwalt X unterschrieben habe.

Aufgrund dessen sei der unbedingte Wille von Rechtsanwalt Y, die Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes zu übernehmen, nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht worden. Für das Gericht müsse gewährleistet sein, dass eine unleserliche Unterschrift durch einen maschinenschriftlichen Zusatz identifizierbar sei.

Schuldhaftes Handeln des Prozessbevollmächtigten

Dies sei bei der Handhabung der Prozessbevollmächtigten des klagenden Mandanten nicht der Fall. Hierin liege zugleich ein schuldhaftes Handeln seiner Prozessbevollmächtigten, das ihm zuzurechnen sei. Aufgrund dessen sei ihm auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

BGH: Im Zweifel trägt unterschreibender Anwalt Verantwortung

Diese Begründung hielt einer Überprüfung durch den Bundesgerichtshof nicht stand.

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts scheitere die formwirksame Einlegung der Berufung nicht daran, dass der Unterschrift von Rechtsanwalt Y der maschinenschriftliche Zusatz „RA X, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht“ beigefügt wurde.

Dieser Zusatz mache zunächst lediglich deutlich, dass die Berufungsschrift von diesem Rechtsanwalt erstellt worden ist.

  • Auch wenn ein ausdrücklicher Zusatz, „für“ diesen tätig zu werden, fehlt, lasse sich hier der Unterzeichnung durch einen anderen Rechtsanwalt gleichwohl entnehmen,
  • dass er an dessen Stelle die Unterschrift leisten und damit als weiterer Hauptbevollmächtigter oder zumindest als Unterbevollmächtigter in Wahrnehmung des Mandats des Klägers auftreten wollte.
  • Damit hat er laut Bundesgerichtshof zu erkennen gegeben, dass er zugleich die Verantwortung für den Inhalt der Berufungsschrift übernehmen wollte.

Anhaltspunkte, die dem entgegenstehen könnten, seien nicht ersichtlich. Für einen Rechtsanwalt verstehe es sich im Zweifel von selbst, mit seiner Unterschrift auch eine entsprechende Verantwortung für einen bestimmenden Schriftsatz zu übernehmen.

(BGH, Beschluss vom 14.3.2017, XI ZB 16/16)

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Hinweise:

Immer wieder führt eine ungeeignete Unterschrift dazu, das die Frist eines Schriftsatzes aus formalen Gründen überschritten wird. Es ist wichtig, dass der unterzeichnende Rechtsanwalt die volle Verantwortung für den Inhalt des Schriftsatzes übernimmt.

Eine den Anforderungen des § 130 Nr. 6 ZPO genügende Unterschrift setzt nach der Rechtsprechung des BGH (Beschluss vom 26.4.2012, VII ZB 36/10) einen „die Identität des Unterzeichnenden ausreichend kennzeichnenden Schriftzug voraus, der individuelle und entsprechend charakteristische Merkmale aufweist, die die Nachahmung erschweren, der sich als Wiedergabe eines Namens darstellt und der die Absicht einer vollen Unterschrift erkennen lässt, selbst wenn er nur flüchtig niedergelegt und von einem starken Abschleifungsprozess gekennzeichnet ist“.

Unter diesen Voraussetzungen könne selbst ein vereinfachter und nicht lesbarer Namenszug als Unterschrift anzuerkennen sein, wobei insbesondere von Bedeutung sei, ob der Unterzeichner auch sonst in gleicher oder ähnlicher Weise unterschreibt.

„Dabei ist in Anbetracht der Variationsbreite, die selbst Unterschriften ein und derselben Person aufweisen, jedenfalls bei gesicherter Urheberschaft ein großzügiger Maßstab anzulegen“.