Zwangsgeldandrohung gegen Bundesgesundheitsministerium

Das BMG weigert sich hartnäckig, seiner Verpflichtung zur Presse-Auskunft zum Chaos bei der Beschaffung der Corona-Masken im Jahr 2020 nachzukommen. Nun hat ein VG dem Ministerium ein Zwangsgeld von 5.000 Euro angedroht

Die Klärung der Verantwortlichkeiten innerhalb des BMG im Zusammenhang mit dem in der 1. Jahreshälfte 2020 entstandenen Durcheinander bei der Beschaffung von Corona-Schutzmasken gestaltet sich überraschend zäh und schwierig. Ein Zeitungsverlag sah sich jetzt gezwungen, die Erfüllung eines ihm bereits rechtskräftig zugesprochenen Auskunftsanspruchs gegen das BMG mit vollstreckungsrechtlichen Mitteln durchzusetzen.

Open-House-Verfahren mit Anspruch auf Vertragsabschluss

Das Auskunftsverlangen des Zeitungsverlags betrifft das durch das BMG Anfang 2020 eingeleitete Open-House-Verfahren bei der Beschaffung der Corona-Schutzmasken. In diesem Verfahren wurden vom BMG definierte Vertragsbedingungen vorgegeben, darunter die Beschaffung einer Mindestmenge von 25.000 Masken, Preis pro FFP2-Maske 4,50 Euro, für einfache OP-Masken 60 Cent. Jedes Unternehmen, das Masken zu den vorgegebenen Bedingungen bis spätestens zum 30.4.2020 beschaffen konnte, hatte danach einen Anspruch auf einen Vertragsabschluss.

Unerwartete Angebotsschwemme

Womit das BMG nicht gerechnet hatte: Es meldete sich eine wesentlich höhere Zahl an Unternehmen als erwartet, die erklärten, die vorgegebenen Bedingungen des Open-House-Verfahrens erfüllen zu können. In der Folge entstand ein ziemliches Lieferchaos. Das BMG verweigerte einigen Unternehmen die Zahlung trotz pünktlicher Lieferung. Die Zahlungsverweigerung stütze das BMG in der Regel auf festgestellte Sachmängel.

BMG mehrfach auf Zahlung verklagt

In der Folge zogen einige der Lieferanten vor Gericht und verklagten das BMG. Vor dem LG Bonn ist in diesem Zusammenhang eine Vielzahl von Verfahren anhängig. Einige Verfahren sind bereits entschieden. In einem Fall hat das LG die Bundesrepublik zur Zahlung eines Betrages in Höhe von 1.741.118,17 Euro verurteilt (LG Bonn, Urteil v. 21.4.2021, 1 O 280/20). Wegen Nichterfüllung des medizinischen Standards für FFP2-Masken hat das LG in einem anderen Fall die Klage eines Unternehmens abgewiesen (LG Bonn, Urteil v. 17.3.2021, 1 O 244/20).

Anfrage betrifft Verantwortlichkeit für Zahlung trotz verspäteter Lieferung

Im Zuge der diversen Vertragsabwicklungen war einem Zeitungsverlag aufgefallen, dass das BMG neben mehrfachen Zahlungsverweigerungen merkwürdigerweise einige Lieferanten bezahlt hat, obwohl deren Lieferung erst nach dem gesetzten Zeitlimit 30.4.2020 eingetroffen war. Der Zeitungsverlag fragte daher beim BMG im Fall eines konkreten, namentlich benannten Lieferanten an, wer im Ministerium für die Zahlungsanweisung trotz deutlich verspäteter Lieferung verantwortlich zeichnete.

Eilbeschluss des OVG Münster

Nachdem die Antwort auf diese Frage durch das Ministerium einige Zeit auf sich warten ließ, verlor der Zeitungsverlag die Geduld und erwirkte beim OVG Münster den Erlass eines Eilbeschlusses, der das BMG zur Beantwortung der gestellten Frage verpflichtete (OVG Münster, Beschluss v. 29.7. 2022, 15 B 1177/21). Bis heute hat das Ministerium die geforderte Auskunft nicht bzw. nicht erschöpfend erteilt.

BMG-Antwort mit spärlichem Informationsgehalt

Die auf den OVG-Beschluss folgende, verblüffend informative Antwort des BMG lautete, die infrage stehende Entscheidung sei durch das „Bundesministerium für Gesundheit unter Wahrung der vorgesehenen Zuständigkeiten im Bundesministerium“ getroffen worden. Der Zeitungsverlag gab sich mit dieser Antwort überraschenderweise nicht zufrieden und leitete ein Verfahren zur Vollstreckung des Auskunftsanspruchs vor dem VG Köln ein. Im Vollstreckungsverfahren vertrat das BMG die Auffassung, mit der gegebenen Antwort die Verpflichtung aus dem Eilbeschluss des OVG Münster umfassend und vollständig erfüllt zu haben.

BMG zur Namensnennung verpflichtet

Dieser Ansicht des BMG folgte das VG nicht. Nach der Bewertung des VG hatte das OVG die Verpflichtung zur Beantwortung der gestellten Frage hinreichend bestimmt formuliert. Die Frage ziele erkennbar auf die konkrete, namentliche Benennung derjenigen Person oder Personen ab, auf deren Veranlassung die Lieferung von Masken seitens einer näher benannten Firma deutlich nach dem gesetzten Lieferlimit 30.4.2020 anstandslos bezahlt wurde. Ein allgemeiner Verweis auf die Zuständigkeiten im Ministerium werde diesen Anforderungen nicht gerecht.

Zwangsgeld in Höhe von 5.000 Euro angedroht

Demgemäß drohte das VG dem BMG für den Fall der weiteren Nichterfüllung der Auskunftsverpflichtung ein Zwangsgeld in Höhe von 5.000 Euro an. Dessen endgültige Festsetzung kann der Zeitungsverlag beantragen, sollte die Auskunft länger als 3 Tage nach Zustellung des Zwangsgeldbeschlusses auf sich warten lassen.

Beschwerde zum OVG Münster möglich

Gegen den Beschluss kann das BMG Beschwerde einlegen. Über die Beschwerde hätte das OVG Münster zu entscheiden.

(VG Köln, Beschluss v. 24.8.2022, 6 M 63/22)


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