Zulassung der Versicherungsfallbearbeiterin als Syndikusanwältin

Als Syndikusrechtsanwalt kann auch zugelassen werden, wer bei einer Versicherung angestellt ist, aber auch die Versicherungsnehmer bei der Abwehr unberechtigter Forderungen unterstützt. Der BGH sieht hier keine Interessenkollision, da die Interessen von Versicherung und unterstützten Versicherten insoweit gleichlaufen.

Die Vorschrift des § 46 Abs. 2 S. 1 BRAO definiert den Begriff des Syndikusrechtsanwalts: Darunter versteht man

  • einen Rechtsanwalt, der im Rahmen eines Anstellungsverhältnisses für seinen Arbeitgeber anwaltlich tätig wird.
  • Der Arbeitgeber ist gerade kein Rechtsanwalt oder Patentanwalt, sondern beispielsweise eine Versicherungsgesellschaft oder ein Wirtschaftsunternehmen.

Syndikusanwalt soll sich auf Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers beschränken

§ 46 Abs. 5 S. 1 BRAO fordert, dass sich die anwaltliche Tätigkeit auf die Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers beschränkt, der Syndikusrechtsanwalt also keine weiteren Mandanten betreut. Dadurch soll vermieden werden, dass die wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers die anwaltliche Unabhängigkeit im Rahmen der Betreuung anderer Mandate gefährden. Mit dieser Regelung in § 46 BRAO hatte sich der BGH näher zu befassen.

Fallbetreuerin einer Haftpflichtversicherung als Syndikusrechtsanwältin ?

Eine Rechtsanwältin war von einer Haftpflichtversicherung angestellt worden und sollte im Rahmen ihrer Tätigkeit die Versicherungsnehmer ihrer Arbeitgeberin bei der Abwehr unberechtigter Forderungen unterstützen. Sie beantragte die Zulassung als Syndikusrechtsanwältin, was jedoch von der zuständigen Rechtsanwaltskammer abgelehnt wurde. Diese vertrat die Auffassung, dass die Rechtsanwältin nicht nur für ihre Arbeitgeberin tätig sei, sondern auch für deren Kunden, indem sie den Versicherungsnehmern für die Abwehr unberechtigter Forderungen entsprechende Rechtsanwälte vermittelte, deren Schriftsätze kontrollierte und auch die Verteidigungsstrategie im Einzelnen mit ihnen besprach.

Die Rechtsanwältin setzte sich dagegen zur Wehr und hatte vor dem Anwaltsgerichtshof Erfolg; der Ablehnungsbescheid der Rechtsanwaltskammer wurde aufgehoben. Die Beschwerde der Kammer vor dem BGH blieb erfolglos.

Keine Interessenkollision gegeben 

Der BGH stellt darauf ab, dass die anwaltliche Unabhängigkeit hier von vornherein nicht gefährdet ist, da keine widerstreitenden Interessen zu erkennen sind. Die Unterstützung der Versicherungsnehmer bei der Abwehr unberechtigter Forderungen liegt nicht nur in deren Interesse, sondern gerade auch im Interesse der Versicherung als Arbeitgeberin der Anwältin. Sollte die Abwehr nicht gelingen, müsste die Arbeitgeberin als zuständiger Haftpflichtversicherer für den Schaden einstehen.

Bei dieser Konstellation ist es nach Auffassung des BGH unschädlich, wenn ein Syndikusrechtsanwalt nicht ausschließlich für seinen Arbeitgeber, sondern auch für dessen Kunden anwaltlich tätig wird.

(BGH, Urteil v. 2.11.2020, AAnwZ (Brfg) 24/19).

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Hintergrund: Syndikusrechtsanwälte

Das zum 1.1.2016 in Kraft getretene Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte und zur Änderung der Finanzgerichtsordnung, in dessen Rahmen die berufsrechtliche Stellung des Syndikusrechtsanwalts in den §§ 46 ff. BRAO vollständig neu geregelt worden ist (s. Überblick bei Henssler/Deckenbrock DB 2016, 215 ff.), hat naturgemäß eine Klagewelle ausgelöst:

In aller Regel begehren entweder Unternehmensjuristen, denen die Zulassung zur (Syndikus-)Rechtsanwaltschaft verwehrt worden ist, Rechtsschutz oder aber die Deutsche Rentenversicherung Bund (DRV), die aufgrund der sozialversicherungsrechtlichen Folgen einer Zulassung zu beteiligen ist, greift Zulassungsbescheide der Kammern an.

Im dritten Jahr nach dem Inkrafttreten der Reform sind inzwischen viele Verfahren vor dem Anwaltssenat des BGH gelandet, so dass manche offene Frage höchstrichterlich geklärt werden konnte (vgl. zu offenen Rechtsfragen rund um den Syndikusrechtsanwalt auch Posegga DStR 2018, 1372 ff.).

Aus: Deutsches Anwalt Office Premium

Schlagworte zum Thema:  Syndikusanwalt, Zulassung