Wer übermäßig  trinkt, fliegt rau - auch aus dem Flugzeug

Einem stark alkoholisierten Rechtsanwalt in Begleitung seiner kaum minder alkoholisierten Ehefrau verweigerte eine Fluggesellschaft nach einer Entscheidung des AG München zu Recht den Rückflug von Brisbane nach Frankfurt. Die Schadenersatzklage des Anwalts gegen die Fluggesellschaft blieb erfolglos.

Der Rechtsanwalt hatte für sich und seine Ehefrau eine Pauschalreise für eine Pazifik-Kreuzfahrt nebst Hin- und Rückflug von Frankfurt über Dubai nach Brisbane zu einem Gesamtpreis von ca. 7.300 Euro gebucht. Die Reise entsprach im wesentlichen den hohen Erwartungen, allerdings nur bis zum Rückflug.

Verweigerung des Rückflugs wegen Fluguntauglichkeit

Den Rückflug verweigerte die Fluggesellschaft dem Anwalt und seiner Ehefrau wegen Fluguntauglichkeit. Sowohl der Anwalt als auch seine Ehefrau waren nach den Feststellungen des Flugpersonals so stark alkoholisiert, dass sie fluguntauglich waren. Die beiden mussten daher das Flugzeug wieder verlassen. Die Kosten für eine Übernachtung in Brisbane und einen Rückflug am Folgetag betrugen weit über 2.000 Euro. Diese wollte der Rechtsanwalt von der Fluggesellschaft ersetzt erhalten.

Stark schwankend in Richtung Sitzplatz

Das zuständige AG verweigerte dem Anwalt den Ersatz des entstandenen Schadens. Nach den Feststellungen des AG war eine Flugbegleiterin kurz vor dem geplanten Abflug in Brisbane mit der Organisation des Einstiegs der Kunden im Business-Class-Bereich beschäftigt, als ihr die Frau des Anwalts wegen ihres knallroten Gesichts auffiel.

Die Frau hatte nach Aussage der Flugbegleiterin vernehmlich geweint und habe sich nach besten Kräften bemüht, ihren Mann mit ebenso rotem Gesicht sowie glasigen und stark geröteten Augen zu seinem Sitzplatz zu geleiten. Beide seien aber nicht in der Lage gewesen, sich einigermaßen gerade in Richtung ihres Sitzplatzes zu bewegen, sondern hätten sich schwankend mehrfach an den Sitzreihen abstützen müssen. Die deutlich wahrnehmbaren Alkoholfahnen seien bei beiden eindeutig gewesen.

Anwalt nicht mehr voll konzentrationsfähig

Die Flugbegleiterin versuchte darauf, die beiden anzusprechen. Der Anwalt habe sie darauf, noch bevor er sich gesetzt habe, in bestimmter Form um ein Glas Champagner gebeten. Hierauf verständigte die Flugbegleiterin ihren Chef. Dieser sah sich die betreffenden Fluggäste etwas genauer an und kam infolge der starken Sprach- und Konzentrationsstörungen des Anwalts zu dem Ergebnis, dass dieser nicht in der Lage sein würde, den Flug bis Dubai gesundheitlich unbeschadet durchzustehen. 

Jurist verließ den Flieger unter lautem Protest

Darauf forderte der Flugkapitän den Rechtsanwalt auf, das Flugzeug zu verlassen. Diese Aufforderung nahm der Anwalt nach Aussage der Flugbegleiterin unter lautem Geschrei und Protest zur Kenntnis und weigerte sich zunächst, die Maschine zu verlassen. Erst nach einigen Diskussionen habe er dann unter Ausstoß von lauten Drohungen das Flugzeug in Begleitung seiner Frau widerwillig verlassen.

Keine schuldhafte Verletzung des Reisevertrages durch die Fluggesellschaft

Vor diesem Hintergrund wies das AG die Schadenersatzklage des Rechtsanwalts ab. Eine schuldhafte Verletzung des Reisevertrages durch die Fluggesellschaft sei nicht festzustellen. Zwar habe die Beklagte ihre Verpflichtung zur Beförderung des Klägers und seiner Ehefrau nicht erfüllt, hieran treffe die Fluggesellschaft aber kein Verschulden, da der Flugkapitän den Kläger zurecht des Flugzeuges verwiesen habe. Infolge der Volltrunkenheit hätte der Kläger sowohl sich selbst als auch die Fluggäste während des Fluges gefährden können.

Ex-Ante-Beurteilung des Flugkapitäns gerechtfertigt

Ob die vom Flugkapitän befürchteten Gefährdungen sich bei einer Teilnahme an dem Flug tatsächlich realisiert hätte, ist nach Auffassung des AG im Nachhinein nicht mehr zu beurteilen, aber auch nicht entscheidend. Aus der Ex-Ante-Beurteilung des Flugkapitäns habe dieser zutreffend die Situation als nicht ungefährlich eingestuft und hierbei zu Recht berücksichtigt, dass ein Langstreckenflug bevorstand, in dessen Verlauf akute gesundheitliche Probleme des Anwalts und möglicherweise auch seiner Ehefrau nicht auszuschließen gewesen wären. Daher habe der Flugkapitän im Ergebnis dem Anwalt zurecht die Beförderung verweigert.

Klage unbegründet

Damit war nach Auffassung des AG ein Schadensersatzanspruch wegen der entstandenen Zusatzkosten mangels eines vorwerfbaren Verschuldens der Fluggesellschaft nicht geben.

(AG München, Urteil v. 23.7.2019, 182 C 18938/18)

Fazit: Die immer stärker um sich greifende Unsitte, bei Flügen zu einigen besonders beliebten Urlaubszielen bereits vor und auch während des Fluges nicht unerhebliche Mengen Alkohol zu konsumieren und bereits den Flug zu einer Party umzufunktionieren, kann also durchaus unangenehme Konsequenzen haben, wenn der Flugkapitän wegen starker Trunkenheit Fluggästen die Beförderung zum Urlaubsort zurecht verweigern kann.

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Haufe Online Redaktion