Wer eine Kreuzfahrt bucht, erwartet häufig den ultimativen Traumurlaub. Hat der Reisegast das Pech, eine besonders lärmintensive Schlafkabine direkt neben dem Schiffsmotorenraum zugewiesen zu bekommen, kann der Traumurlaub schnell zum Albtraumurlaub mutieren, wenn infolge des Lärmpegels an einen erholsamen Nachtschlaf nicht zu denken ist.
Kabine „Superior“ gebucht
Diese ungute Erfahrung machte ein Ehepaar aus Berlin, das eine 11-tägige Kreuzfahrt mit einem bekannten Kreuzfahrtschiff gebucht hatte. Das Ehepaar hatte sich auf eine Kabine der Kategorie „Superior“ gefreut. Kostenpunkt der Reise 6.580 EUR.
Schiffsgeneratoren lärmten 24 Stunden am Tag
Bereits am 1. Tag der Reise fiel den Eheleuten die Lautstärke der Schiffsgeneratoren auf, die 24 Stunden am Tag liefen. Eine sofortige Beschwerde beim Reiseleiter führte zu keiner Lösung, sodass die Eheleute am 4. Tag der Reise den Reiseveranstalter per E-Mail darüber informierten, dass an einen Nachtschlaf nicht zu denken sei. Nicht einmal die Verwendung von Ohropax verschaffe Linderung.
Kabine direkt am Motorraum
Weiteres Ungemach stellte sich bei der ersten Nachtfahrt des Schiffes heraus. Die den Eheleuten zugewiesene Schiffskabine grenzte unmittelbar an den Motorenraum des Kreuzfahrtschiffes. Bei nächtlichen Weiterfahrten summierten sich der Lärm der Schiffsgeneratoren und des Schiffsmotors in einer Weise, dass eine normale Unterhaltung in der Schiffskabine nicht mehr möglich war. Eine Verständigung gelang nur noch unter gegenseitigem Anschreien.
Muss Motorlärm als schiffstypisches Geräusch ertragen werden?
Die beklagte Reiseveranstalterin hatte kein Verständnis für die Beschwerden des Ehepaares. Bei den von den Generatoren und dem Schiffsmotor erzeugten Geräuschen handle es sich um einen schiffstypischen Lärmpegel, der bei einer Schiffsreise nicht zu vermeiden sei. Die Eheleute seien daher auch nicht zu einer Minderung des Reisepreises berechtigt, denn schiffstypische Geräusche seien nicht als Mangel einer Schiffsreise zu qualifizieren.
Reisegäste verlangten Minderung des Reisepreises
Die Ehefrau klagte daraufhin aus eigenem und aus von ihrem Ehemann abgetretenen Recht auf Rückerstattung eines Teils des Reisepreises. Sie hielt eine Minderung des Reisepreises um 30 % für gerechtfertigt und machte geltend, dass die unmittelbar an den Motorenraum grenzende Kabine für Reisegäste unzumutbar sei, da man dort keinen Nachtschlaf finden könne.
Zeugen schilderten „unvorstellbare Lautstärke“ in der Schiffskabine
Das angerufene Gericht hat andere Reisegäste als Zeugen vernommen. Diese schilderten, dass die kumulierten Geräusche von Generatoren und Schiffsmotor in der Kabine der Klägerin ohrenbetäubend laut gewesen seien. Man habe das Gefühl gehabt, direkt im Motorraum zu sitzen und in der Kabine auch deutliche Vibrationen des Motors gespürt. Es habe sich um die schlechteste Kabine auf dem Schiff gehandelt. In den anderen Kabinen sei dieser Mangel nicht oder jedenfalls nicht in vergleichbarer Stärke aufgetreten.
Gericht glaubte den anderen Reisegästen
Die Aussage dieser Zeugen bewertete das Gericht als glaubhaft während es die Aussage des ebenfalls als Zeuge vernommenen Reiseleiters, der die Geräuschbelästigung in der Kabine der Klägerin als übliche, mit jeder Schiffsreise verbundenen Lärmentwicklung schilderte, nicht folgte.
Reisemangel besteht in Kumulation aus Motoren- und Generatorenlärm
Das AG bewertete allerdings das von den laufenden Generatoren erzeugte Geräusch als für eine Schiffsreise üblich und sah erst in der Potenzierung des Lärmpegels durch Hinzutreten des Motorgeräuschs eine nicht hinnehmbare Lärmbelästigung. Das AG hielt eine Minderung des Reisepreises an den Tagen, an denen durch das nächtliche Weiterfahren des Schiffes die Nachtruhe gestört wurde, in Höhe von 20 % des jeweiligen Tagesreisepreises für angemessen. Für die anderen Tage, an denen tagsüber lediglich die Ruhepausen in der Kabine infolge des Geräuschpegels nicht den gewünschten Erholungswert hatten, legte das AG die Minderungsquote auf 10 % fest.
Klage nur teilweise begründet
Die vom AG vorgenommene Differenzierung zwischen den unterschiedlichen Reisetagen führte dazu, dass die Klage in Höhe von ca. 55 % der insgesamt geltend gemachten Minderung erfolgreich war und im übrigen abgewiesen wurde.
(AG Berlin-Schöneberg, Urteil v. 17.7.2025, 2 C 128/20)
Hintergrund:
Eine Haftung des Veranstalters für Reisemängel setzt gemäß § 651i BGB eine nicht den vertraglichen Vereinbarungen entsprechende Reiseleistung voraus. Aber nicht alles, was ein Passagier als Mangel empfindet, wird auch von den Gerichten so eingestuft.
Beispiele für Mängel bei Schiffsreisen infolge Geräuschbelästigung
Nach einer Entscheidung des AG München ist bei Kreuzfahrten ein gewisser Geräuschpegel durch Hilfsmotor und anderer Gerätschaften hinzunehmen (AG München, Urteil v. 18.7. 2007, 242 C16587/07). Eine ständige Geräuschbelästigung durch eine ungewöhnlich laut laufende Klimaanlage ist laut OLG Koblenz allerdings ein Reisemangel (OLG Koblenz, Urteil v. 13.6.2012, 5 U 1501/11). Ist das gebuchte Motorsegelschiff in Wirklichkeit ein reines Motorschiff ohne jegliche Segelmöglichkeit, so ist die Reise auch im Hinblick auf den Geräuschpegel durch ständig laufende Motoren mangelhaft (LG Hamburg, Urteil v. 3.11. 2000, 317 S101/00).
Mängel immer sofort melden
Wichtig für Reisende ist die gesetzliche Anzeigepflicht gemäß § 651o BGB. Ist der Reisende der Auffassung, dass eine Kreuzfahrt mangelhaft ist, hat er dies dem Reiseveranstalter unverzüglich anzuzeigen. Er muss dem Reiseveranstalter auf diese Weise die Möglichkeit geben, Abhilfe zu schaffen. So hat das AG Rostock entschieden, dass der Reiseveranstalter bei der Beschwerde eines Reisenden über den Lärmpegel aus der über der Kabine liegenden Bar dadurch Abhilfe schaffen kann, dass er dem Reisenden eine andere Kabine anbietet (AG Rostock, Urteil v. 12.3.2010, 48 C 303/09). Unterlässt der Reisende die Anzeige schuldhaft, ist ihm die Geltendmachung der Rechte auf Minderung und gegebenenfalls auch auf Schadensersatz versagt, § 651o Abs. 2 BGB.