EU-Parlament - was sind die Aufgaben, wie wird gewählt?

Am 26. Mai findet die Wahl zum EU-Parlament statt. Die meisten Wähler haben nur eine sehr unklare Vorstellung von der Rechtsstellung und den Befugnissen des EU-Parlaments, das in immer stärkerem Maße seine Werte in das nationale Recht der Mitgliedsländer einfließen lässt. Wie arbeitet es und wie werden die 750 Sitze im Parlament vergeben?

Schon jetzt fürchten sich die Politiker in vielen Ländern vor einer zu geringen Wahlbeteiligung bei der Wahl zum Europaparlament. Viele sehen darin eine gefährliche Chance für rechtspopulistische Parteien, denen es möglicherweise am besten gelingen könnte, ihre potentielle Wählerschaft zu mobilisieren, obwohl gerade rechte Parteien der EU gegenüber kritisch bis ablehnend eingestellt sind. In Deutschland treten zur Wahl 40 Parteien an, eine 5 % Sperrklausel wie bei der Bundestagswahl existiert nicht.

Die Rolle und Aufgaben des EU-Parlaments

Von allgemeinem Interesse sind angesichts der bevorstehenden Wahl die Fragen, wie sich das EU-Parlament zusammensetzt und welche Rechte die Parlamentarier überhaupt haben. Substantiell sind hierzu folgende Feststellungen:

  • Das EU-Parlament ist das einzige von der Bevölkerung direkt gewählte Gremium der EU.
  • Wie die Parlamente in den Mitgliedstaaten ist das EU-Parlament die demokratisch gewählte Vertretung aller Europäer.
  • Das Parlament arbeitet eng mit dem EU-Ministerrat zusammen, der aus den Vertretern der Regierungen der Mitgliedsländer besteht und daraus eine indirekte demokratische Legitimation bezieht.
  • Die EU-Kommission hat die Aufgabe der Exekutive und ist grundsätzlich vergleichbar mit einer Regierung, auch wenn ihre Befugnisse noch beschränkt sind.

IM EU-Parlament herrscht das Prinzip der degressiv proportionalen Vertretung

Ein Problem des EU-Parlaments besteht darin, dass die Mitgliedstaaten nicht exakt proportional entsprechend ihrer Bevölkerungszahl vertreten sind. Kleinere Länder sind relativ stärker vertreten. Gemäß dem Lissabon-Vertrag darf das EU-Parlament nicht mehr als 750 Sitze + den des Parlamentspräsidenten vergeben.

Würden die Sitze exakt entsprechend der Größe der Mitgliedstaaten vergeben, hätten kleinere Staaten wie beispielsweise Luxemburg keinen oder nur einen Sitz.

Dies ist Folge des vereinbarten Prinzips der degressiv proportionalen Vertretung, wonach ein Staat höchstens 96 Sitze hat (Deutschland) und mindestens 6 Sitze (Luxemburg).

EU-Parlament und Ministerrat agieren auf Augenhöhe

Die rechtlichen Grundlagen für das EU-Parlament sind im wesentlichen im Vertrag von Maastricht vom 7.2.1992, in Kraft getreten am 1.11.1993 sowie im Vertrag von Lissabon vom 13.12.2007, in Kraft getreten am 1.12.2009 enthalten.

  • Die grundlegenden Aufgaben und Rechte des Parlaments folgen aus Art. 14 des EU-Vertrages von Maastricht.
  • Der Vertrag von Lissabon hat die Rechte des EU-Parlaments erheblich erweitert und dieses praktisch auf Augenhöhe mit dem Europäischen Ministerrat gebracht.

Gemäß Art. 223 ff des Lissabon-Vertrages ist das Parlament das Gesetzgebungsorgan der EU, und zwar in enger Zusammenarbeit mit dem Rat und übt gemeinsam mit diesem auch die Haushaltsbefugnisse aus.

Die Rechte des EU-Parlaments

Im Gegensatz zu anderen Parlamenten haben die EU-Parlamentarier kein unmittelbares Initiativrecht zur Einleitung von Gesetzgebungsverfahren bzw. zur Vorlage von Gesetzesentwürfen.

  • Das Parlament hat aber das Recht, die Kommission aufzufordern, einen Gesetzentwurf zu einem bestimmten Thema vorzulegen .
  • Das Parlament verabschiedet die von der EU-Kommission vorgelegten Richtlinien und Verordnungen, bevor sie in Kraft treten können.
  • Das Parlament wählt den Vorsitzenden der EU-Kommission. Dieser wird zwar vom EU-Ministerrat vorgeschlagen, ohne Zustimmung des Parlaments kann dieser jedoch nicht Kommissionsvorsitzender werden.
  • Darüber hinaus hat das Parlament das Recht, einzelne, von den Mitgliedstaaten vorgeschlagene Kommissare abzulehnen.
  • Im Extremfall kann das Parlament die gesamte EU-Kommission zum Rücktritt zwingen.

Entscheidungen im EU-Parlament fallen in der Regel mit absoluter Mehrheit

Die wesentlichen Entscheidungen des Parlaments werden mit der absoluten Mehrheit der abgegebenen Stimmen getroffen, bei einigen Ausnahmeentscheidungen ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich, beispielsweise bei einem Misstrauensantrag gegen die Kommission, Art. 231 ff des Lissabon-Vertrages.

Entscheidungsfelder des EU Parlaments wachsen stetig

Grundsätzlich herrscht das Subsidiaritätsprinzip. In der EU und damit vom EU-Parlament wird nur über die Themenbereiche entschieden, über die eine Entscheidung in einzelnen Mitgliedstaaten nicht sinnvoll ist.

  • Wichtige gemeinsame Themenfelder sind Umweltschutz, Außenhandel, Agrarpolitik, Schutz der Außengrenzen und Migration.
  • Hinzugekommen sind besonders in jüngster Zeit die Bereiche Datenschutz, unlauterer Wettbewerb, Urheberschutz und Markenschutz.
  • Die Ausweitung der Themenfelder hat erhebliche Auswirkungen auf die Gerichtsbarkeit in den Mitgliedsländern.
  • So ist das Bundesverfassungsgericht in Deutschland zwar höchstes Entscheidungsgremium bei nationalen Gesetzen, für die Auslegung der EU-Gesetze, Verordnungen und EU-Richtlinien ist aber der EuGH zuständig.

Ist das EU-Parlament ein Spielball der Lobbyisten?

Eine immer wieder geübte Kritik am EU-Parlament ist die Tatsache, dass ständig ca. 25.000 Lobbyisten damit beschäftigt sind, Einfluss auf die Arbeit des Parlaments und auf die Parlamentarier zu nehmen. Dies kann dann Vorteile haben, wenn es um die Vertiefung der Kenntnisse in bestimmten, schwierigen Sachmaterien geht.

Allgemein wird der erhebliche Einfluss der Lobbyisten inzwischen aber als äußerst kritisch gesehen. Die Regeln werden aber peu à peu verschärft. Lobbyisten, die einen Dauerzugang zum EU-Parlament haben wollen, müssen sich seit einiger Zeit in ein Register eintragen lassen. Wer nicht eingetragen ist bekommt keinen Zugang.

Eine hohe Wahlbeteiligung könnte die Stellung des EU-Parlaments stärken

Das wichtigste Argument der EU-Parlamentarier für eine weitere Stärkung der Position des Parlaments in Europa wäre eine hohe Wahlbeteiligung. Angesichts der Bedeutung, die das Parlament für das praktische Leben der Menschen in Europa bereits seit, wäre eine hohe Beteiligung an der Wahl äußerst erstrebenswert. Das vermehrte Auftreten europäischer Farben in der Rechtswirklichkeit der Mitgliedsländer würde den Menschen in Europa wohl nicht schaden.


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