Welche Abwehrrechte hat ein Jogger gegen freilaufende Hunde?

Wie weit darf ein nervös werdender Jogger gehen, wenn ein Hund auf ihn zugelaufen kommt? Über einen solchen Zwischenfall hatte das Amtsgericht Augsburg zu entscheiden. Der Hundehalter wollte Schmerzensgeld von dem aus seiner Sicht überreagierenden Läufer, der ihm bei seiner Abwehrmaßnahme einen Tinnitus bescherte.

Dass der Hund des Menschen bester Freund ist, stimmt oft nicht für Läufer, wenn sich ihre Wege im öffentlichen Park, Wald oder Straßen kreuzen. Das gilt insbesondere, wenn das Tier nicht an der Leine oder das Herrchen gar außer Sichtweite ist und der Jogger, der den Hund nicht kennt, die Situation kaum einschätzen kann.

Schrillalarm zur Hundeabwehr aus 1 ½ m Abstand

Eine Begegnung dieser gar nicht so besonderen Art gab es im Oktober 2017, als ein Dalmatiner-Besitzer mit seinem nicht angeleinten schwarz-weiß gefleckten Liebling spazieren ging. Der Hund nahm just in dem Moment eine Kaninchen- oder Hasenspur auf, in dem ihnen ein Jogger entgegenkam, der wegen seiner Hundephobie einen Schrillalarm dabeihatte. Als er sah,

  • dass der Dalmatiner mit gesenktem Kopf auf ihn
  • bis auf eineinhalb Meter zugerannt kam,
  • löste er den Alarm aus.

Mit Erfolg, der Hund wendete sich ab.

Rauschen und Pfeifen im Ohr des Hundeherrchens nach Schrillalarm

Sein Hundeführer beklagte keinerlei Leiden bei seinem Vierbeiner, reklamierte allerdings eigenen gesundheitlichen Schaden. Er klagte über einen Tinnitus als Folge des Schrillalarms, wobei sich die Geister darüber schieden, wie weit er im Moment des Auslösens entfernt war. Er selbst behauptet zwei bis drei Meter, der andere zehn Meter. Der Tinnitus jedenfalls war der Grund, der die Parteien vor das Amtsgericht Augsburg führte. Der Hundebesitzer verlangte vom Jogger mindestens 1.500 Euro Schmerzensgeld.

Bumerang-Urteil: eigenes fahrlässiges Verhalten bei der Hundeaufsicht

Der Rechtsstreit war wie die Urteilsbegründung kurz und bündig. Die Augsburger Richter bescheinigten dem Läufer angemessen reagiert zu haben und warfen dem Hundebesitzer im Gegenzug vor, seinen Dalmatiner nicht in ausreichender Weise beaufsichtigt zu haben.

Verantwortung der Hundeführer, ihre Hunde von anderen fernzuhalten

Als Grundsätze für korrektes Verhalten für Hundeführer arbeitete das Gericht heraus, dass

  • sie aufpassen müssen, dass ihre Hunde nicht auf Jogger zulaufen,
  • sie akzeptieren müssen, dass es Läufer gibt, die Angst vor Hunden haben,
  • sie nicht erwarten dürfen, dass der andere erkennt, ob ihr Hund in Angriffsabsicht auf sie zuläuft oder nicht,
  • sie ihren Hund im Zweifelsfall an die kurze Leine nehmen sollen.

(Scheinbar) bevorstehender Angriff reicht für Abwehrmaßnahmen

Jogger müssen nicht abwarten, bis sie tatsächlich gebissen werden. Da der Abstand zu dem Dalmatiner nur noch eineinhalb Meter betrug, war es für den Jogger völlig legitim den Schrillalarm auszulösen. Der Hundebesitzer hat den Rechtsstreit nicht weiterverfolgt; das Urteil ist rechtskräftig.

(AG Augsburg, Urteil v. 3.5.2018, 18 C 920/18).

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