
Anwälten wird oft vorgeworfen, dass sie das Marketing vernachlässigen. Der Betreiber der Website abfindungsheld.de kannte solche Hemmungen nicht. Der Anwaltverein Bielefeld hatte ihn deshalb nach UWG abgemahnt. Das LG Bielefeld folgte dem bei 9 von 10 Werbeaussagen und -handlungen. Überzogene Versprechungen, aber auch die Werbung mit einer offenkundig fingierten Kundenbewertung befand es für wettbewerbswidrig.
Abfindungsheld zahlt gekündigten Arbeitnehmern, die die Voraussetzungen erfüllen, innerhalb von 24 Stunden 65 Prozent ihres Abfindungsanspruchs aus. Dieses Angebot umwarb er massiv.
Wettbewerbswidrige Handlungen und Werbeaussagen
Insgesamt 9 der 10 gerügten Handlungen und Werbeaussagen von Abfindungsheld verbot das Landgericht Bielefeld per einstweiliger Verfügung wegen Verstößen gegen §§ 8 Abs. 3 Nr. 2, 3 Abs. 1, 3a UWG i.V.m § 1 Abs. 1 Preisangabenverordnung
– darunter folgende Werbepassagen:
„Wir setzen Ihr Recht durch - Wenn Sie uns beauftragen, holen unsere Rechtsexperten Ihnen Ihre Abfindung. Wir ziehen bis vor Gericht, ohne dass Ihnen Kosten entstehen. Sie können sich zurücklehnen und entspannen"
„Günstiger als jeder Anwalt"
Zusammenarbeit mit Partneranwälten nicht offen gelegt
Die Bielefelder Richter bemängelten, dass aus der Werbung nicht klar hervorgehe, dass nicht die Abfindungshelden selbst, sondern die Partneranwälte die Abfindungsansprüche gerichtlich durchfechten. Insoweit sei die Werbeaussage „Wir setzen Ihr Recht durch“ irreführend. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die beauftragten externen Anwälte nur Boten des Internetportalbetreibers seien. Wettbewerbswidrig sei nicht allein die Erbringung unzulässiger Rechtsdienstleistungen, sondern auch die unklare Werbung für die Erbringung solcher Leistungen.
Auch die Behauptung „Günstiger als jeder Anwalt“ hielt rechtlicher Überprüfung nicht stand. Der Grund: Arbeitnehmer mit Rechtsschutzversicherung, Gewerkschaftsrechtsschutz oder Anspruch auf Prozesskostenhilfe können ihre Ansprüche ohne eigenes Kostenrisiko und ohne Provision durch einen Rechtsanwalt geltend machen.
Zu allgemeine Aussagen
Nicht toleriert wurden ferner die irreführenden Hinweise, jeder habe ein Recht auf eine Abfindung und, ein gekündigter Arbeitnehmer könne innerhalb von 3 Wochen nach Erhalt der Kündigung eine Abfindung kassieren, wenn er die Ruhe bewahren und sich arbeitslos melde.
Kundenbewertung eindeutig fingiert
Keinen Glauben schenkte das Gericht auch einer auf dem Internetportal veröffentlichten Kundenbewertung vom 2. Juni 2017. Er hatte das Portal angeblich folgendermaßen gelobt:
„Super Abwicklung - einfache Abwicklung dank meiner Rechtsschutzversicherung. Sogar die Selbstbeteiligung wurde übernommen. Klasse!"
Diese Kundenbewertung hielt das Gericht für fingiert. Denn das Portal habe den Dienst überhaupt erst im Juni 2017 gestartet. Daher könne es nicht sein, dass ein Kunde schon zwei Tage später die erfolgreiche Abwicklung verkündete. Denn im Schnitt dauere die Rechtsabwicklung sechs bis acht Wochen.
(LG Bielefeld, Beschluss v. 1.8.2017, 15 O 67/17).
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