Wann empfehlen Mandanten Anwälte weiter?

Empfehlungsmarketing in der Anwaltskanzlei ist kein Selbstläufer. Die Kanzlei kann durch Mundpropaganda nur dann wachsen, wenn das Verhältnis von Förderern zu Kritikern  positiv ausfällt. An Beispielen aus der Wirtschaft ist dies gut nachvollziehbar.

Das Internetauktionshaus eBay und die Online-Buchhandlung Amazon kommen jeweils auf Spitzenwerte von 75 Prozent aktive Förderer. Errechnet wird dieser Wert, indem man von dem Prozentsatz der Förderer den Prozentsatz der Kritiker unter den Mandanten abzieht. Wer dagegen meint, sich um diese Zahlen nicht kümmern zu müssen, sondern den Schwerpunkt seiner Aktivitäten ausschließlich auf das Neukundengeschäft legen zu können, der sollte sich ein abschreckendes Beispiel am Internetanbieter AOL nehmen.

Mundpropaganda als Maßstab für den Erfolg

Frederick F. Reichheld, Autor des Beitrags „Mundpropaganda als Maßstab für den Erfolg“, erschienen in der März-Ausgabe 2004 des Harvard Business Manager, hat ausgerechnet, dass AOL durch aggressive Kundenwerbung zwar in der Spitze 35 Millionen Kunden zählte, es aber versäumte, aus diesen loyale Förderer zu machen.

Die Folge: Die Abwanderungsrate stieg enorm – im Jahr 2003 waren es teilweise über 200.000 Kunden pro Monat! Daraus errechnete sich dann ein Wert von minus 10 Prozent effektive Förderer. Reichheld kommt von diesem Negativ-Beispiel ausgehend zu folgendem Schluss: „Die Erfahrung von AOL illustriert lebhaft, wie wahnwitzig es ist zu versuchen, Wachstum über Schnellschüsse wie gewaltige Preissenkungen oder andere Anreize zu erreichen, anstatt echte Loyalität aufzubauen. Darüber hinaus wird der schädliche Einfluss deutlich, den die negative Mundpropaganda der Kritiker auf ein Unternehmen haben kann – sozusagen der Gegenpol zu den Empfehlungen, die Kunden Freunden gegenüber aussprechen“.

Loyalität schafft Wachstum

Doch mit der Loyalität ist das so eine Sache. Davon spricht man normalerweise, wenn ein Freund bereit ist, in etwas zu investieren oder gar ein Opfer zu bringen, um eine Beziehung zu stärken.

Ob aber ein Mandant wirklich loyal ist, wenn er einen Anwalt regelmäßig mandatiert, darüber sollte der Anwalt genau nachdenken. Denn es könnte ja auch so sein, dass der Anwalt ein Spezialgebiet bearbeitet, das in der Region konkurrenzlos ist.  Oder der Mandant ist schlicht zu träge, sich einen neuen Anwalt zu suchen.

Ohne Mandantentreue kann eine Kanzlei nicht wachsen

Fest steht jedenfalls: Ohne Mandantentreue kann eine Kanzlei nicht wachsen. Wahre Loyalität zeigt sich darin, dass der Mandant zwar nicht unbedingt selbst immer wieder neue Beratungsaufträge vergibt, dafür aber bei Freunden, in der Familie oder in Unternehmen und unter Kollegen die Dienste des Anwalts anpreist.

Mandant setzt mit der Empfehlung die eigene Reputation auf's Spiel

Damit bringt der Mandant ein echtes Opfer! Warum? Ganz einfach: Der Mandant setzt mit der Empfehlung seine eigene Reputation auf's Spiel. Das aber wird er nur tun, wenn er eine starke Bindung zu seinem Anwalt empfindet und von diesem restlos überzeugt ist.

Bitte um Weiterempfehlung

Und was kann man dagegen unternehmen, wenn der Mandant von seinem Anwalt denkt, dieser brauche vielleicht gar keine neuen Mandanten?

Wenn er das denkt, weil der Anwalt das Gefühl von Überlastung vermittelt, dann braucht der Anwalt wohl auch keine neuen Mandanten mehr. Kunden schätzen das Gefühl, immer in der ersten Reihe zu stehen. Wer das vermittelt und alles einlöst, was er verspricht, der wird automatisch weiterempfohlen werden. Sollte das allerdings wider Erwarten nicht eintreten, dann bleibt immer noch die Möglichkeit, seine Mandanten höflich um den Einsatz ihrer Weiterempfehlungskünste zu bitten.

Über den eigenen Schatten springen

Und wer vorgibt, Angst davor zu haben, mit diesem Ansinnen seine Mandanten zu verschrecken, könnte damit vielleicht seine eigene Schüchternheit meinen. Denn eines ist klar: Ein Mandant, dem der Anwalt einmal oder mehrmals aus der Patsche geholfen hat, zeigt sich gern erkenntlich – vorausgesetzt, die Chemie zwischen den beiden stimmt.

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