Von der Stadt gestaltete Ampelpärchen rechtlich zulässig?

Ampelmusikanten in Bremen, Mainzelmännchen in Mainz, queere Ampelpärchen in München, Luther-Ampeln in Worms. Individuell gestaltete Fußgängerampeln. Ist das rechtens?

Alternative Ampelfiguren sind in Deutschland momentan Trend. Darüber, ob dies bei verkehrstechnischen Einrichtungen rechtlich zulässig ist, hatte kürzlich der BayVGH zu entscheiden, die Frage im Ergebnis aber offen gelassen.

Ampelpiktogramme zeigen stilisiert gleichgeschlechtliche Paare

Die Stadt München hat seit einiger Zeit nach Vorbild der Wiener Ampelpärchen queeren Ampelpärchen auf Lichtzeichenanlagen eingeführt. Diese zeigen unter Verwendung sich drehender Streuscheiben auf den für Fußgänger geltenden Ampelsignalen unterschiedliche Sujets wie zwei sich an den Händen haltende Frauen mit aufgebrachten Herzen oder ein sich an den Händen haltendes männliches Paar mit einem Herzsymbol. Ein kleines Signal der Sympathie als Beitrag zu Toleranz und Weltoffenheit einer Stadt mit Herz und Humor - so die Begründung der Stadt München.

Klage gegen queere Ampelpärchen

Ein Münchner Bürger erhob wegen dieser Ampelsignale Klage beim zuständigen VG Klage mit dem Antrag alle von Standarddarstellung abweichenden Ampelscheiben abzumontieren und dauerhaft durch die üblichen standardisierten Ampelscheiben zu ersetzen, da ihm die Darstellungen zu sexualisiert seien und so einen Verstoß gegen Kinder- und Jugendschutz darstellten. Der Kläger befürchtete eine Indoktrination seiner minderjährigen Tochter durch diese Ampelscheiben“. 

Wie weit geht die Gestaltungsfreiheit bei Fußgängerampeln

Das erstinstanzliche zuständige VG hat die Klage mangels Klagebefugnis des Klägers abgewiesen. Der hiergegen gerichtete Antrag auf Zulassung der Berufung blieb beim BavVGH ohne Erfolg. Der VGH bestätigte die Auffassung der Vorinstanz, dass aus der Gestaltung der Ampelpärchen keine Verletzung subjektiver Rechte des Klägers abgeleitet werden könne. Zwar bestimme § 37 Abs. 2 Nr. 5 StVO, dass auf Lichtzeichenanlagen die für Fußgänger geltenden Signale durch das Sinnbild „Fußgänger“ anzuzeigen sind. Dies bedeute allerdings nicht zwingend, dass die Freiheit der zuständigen Behörden für die Ausgestaltung dieser Sinnbilder auf Null reduziert werde.

Individualinteressen des Klägers nicht verletzt

Die Frage der straßenverkehrsrechtlichen Zulässigkeit musste nach Auffassung des VGH im anhängigen Verfahren im Ergebnis nicht beantwortet werden, denn die straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften dienen nach der Entscheidung des Senats allein der Einheitlichkeit, Verständlichkeit und Verkehrssicherheit, also dem Allgemeininteresse, nicht aber dem Individualinteresse des Klägers.

Ampelpärchen verletzen Kläger nicht in seinem Elternrecht

Soweit der Kläger behauptet, dass er und seine Tochter durch die Ampelpärchen  sexuellen Inhalten konfrontiert würden, ist diese Sichtweise nach Auffassung des Senats eher auf eine spezielle, subjektive Wahrnehmung des Klägers zurückzuführen, die bei objektiver Betrachtung durch den unvoreingenommenen Beobachter fernliege. Daher sei der Kläger auch nicht in seinem Elternrecht gemäß Art. 6 GG und dem damit verbundenen elterlichen Bestimmungsrecht verletzt. Eine Verletzung von Persönlichkeitsrechten des Klägers aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG liege damit objektiv nicht vor.

Ampelpiktogramme als Botschaft der Toleranz

Auch die vom Kläger behauptete Propaganda vermochte das OVG in den abgebildeten Ampelpärchen nicht zu erkennen. Das Gericht räumte allerdings ein, dass die Verwendung von Lichtzeichenanlagen für verkehrsfremde Zwecke möglicherweise nicht zu 100% mit dem für staatliche Behörden maßgeblichen Sachlichkeitsgebot in Einklang stünde. Verkehrseinrichtungen seien nicht unbedingt zur Vermittlung gesellschaftspolitischer Standpunkte vorgesehen. Dennoch sei die Intention der Stadt München, mit den Piktogrammen ein Zeichen für Toleranz und Offenheit zu setzen, grundsätzlich rechtlich und politisch legitim.

Klagebefugnis des Klägers verneint

Im Ergebnis ist nach Auffassung des VGH der Kläger durch die Ampelpiktogramme in seinen subjektiven Rechte nicht verletzt. Die Vorinstanz habe die Klage daher zu Recht mangels Klagebefugnis abgewiesen.

(BayVGH, Beschluss v. 20.7.2022, 11 ZB 21.1777)


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