Verwehrte Nutzungsänderung - keine Webcamshows im Wohngebiet

Nutzungsänderungen im Wohngebiet rufen nicht selten die Nachbarschaft auf den Plan. Ein solcher Fall ist der einer Hauseigentümerin, die  eine Nutzungsänderung für den „Einbau eines Darstellungs- und Schaustellerzimmers“ beantragte. Sie wollte von zuhause aus dauerhaft und regelmäßig Einkünfte erzielen, indem sie sich vor einer Webcam auszog und dabei erotische Chat-Gespräche führte. Sie wohnte allerdings in Bayern auf dem Land.

Der Fall, der die Gemüter im oberbayerischen 6.000-Einwohner-Dorf Ampfing erhitzte, landete schließlich, wegen drohender Nutzungsuntersagung, vor dem Verwaltungsgericht München. Das teilte nach mündlichen Verhandlung der klagenden 24-jährige Hauseigentümerin und Erotikunternehmerin mit, ihre gewerbliche Nutzung sei im Wohngebiet unzulässig und daher einzustellen.

Tätigkeit aus dem Erotikbereich baurechtlich unzulässig

Das Gericht befand, die Tätigkeit, die in nicht unerheblichem zeitlichen Umfang stattfinde und das von ihr am Wohnort angemeldeten Gewerbe, dass der dauerhaften und regelmäßigen Erwerbstätigkeit diene, kollidiere mit dem Baurecht. Das sehe für das Gebiet nur eine Wohnnutzung vorsieht.

Die beantragte Nutzungsänderung eines Zimmers in ein Darstellungs- und Schaustellereizimmer könne deshalb nicht, auch nicht im Wege der Ausnahme oder Befreiung, genehmigt werden.

Die Jungunternehmerin war der dagegen Ansicht, ihre Tätigkeit sei durchaus mit einer Tele-Arbeit oder einem Home-Office vergleichbar und für die würde schließlich auch keine Gewerbegenehmigung benötigt.

Zu viel Außenwirkung für ein Wohngebiet nicht zulässig

Doch auch das überzeugte das Gericht nicht.

Erteilte Ausnahmen für einige andere - weniger ungewöhnliche - Gewerbetreibende in dem Wohngebiet seien mit dem Fall nicht vergleichbar.

Selbst mit einem diskreteren als dem bisher gezeigten Auftreten gebe es eine "gewisse Außenwirkung" bei dieser Art von Tätigkeit. Damit falle sie nicht mehr in den Rahmen einer zulässigen Nutzung. Das Urteil des Verwaltungsgericht München ( Az. M 1 K 16.1301) ist noch nicht rechtskräftig.  Doch die Klägerin will sich wohl aus Kostengründen nicht durch die Instanzen klagen, sondern ihren Wohnsitz und ihren Arbeitsplatz in den sonnigen Süden verlegen, zumal ihre Heimatgemeinde auf ihre Gewerbesteuer keinen Wert läge.



Hintergrundwissen: Voraussetzungen einer Nutzungsuntersagung
Werden Räume entgegen der in der Baugenehmigung festgelegten Zweckbestimmung genutzt (z. B. eine Wohnung als Büro oder ein Büro als Wohnung) muss der Nutzer (Eigentümer oder Mieter) mit einer Nutzungsuntersagung durch die zuständige Behörde rechnen.
Allerdings ist eine Nutzungsuntersagung nur dann zulässig, wenn die Nutzung der Räume nicht nur formell, sondern auch materiell rechtswidrig ist. Dies bedeutet, dass eine Nutzung, die zwar formell rechtswidrig ist, weil sie ohne die entsprechende Genehmigung (z. B. nach einem Antrag auf Nutzungsänderung) erfolgt, nicht ohne Weiteres untersagt werden kann, wenn sie genehmigungsfähig ist, d. h. materiell-rechtlich die Voraussetzungen, z. B. für eine Umwandlung von Wohn- in Büroraum oder umgekehrt, gegeben sind.

Sofortige Nutzungsuntersagung, ohne den Nutzer aufzufordern einen Antrag auf Nutzungsänderung zu stellen, ist unverhältnismäßig.

Dies gilt insbesondere dann, wenn die Räume für den Nutzer den alleinigen Mittelpunkt seiner privaten Existenz darstellen (BayVGH, Urteil v. 5.12.2005, 1 B 03.2608, BayVBl. 2006, 702).

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