Trotz Klage: Feuerwehr darf Fotos von Bränden veröffentlichen

Fast jeder Blaulichteinsatz von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten ruft Berufsfotografen auf den Plan. Die Münchener Berufsfeuerwehr schießt solche Einsatzfotos inzwischen selbst. Dies störte einen Fotografen und er klagte mit Hinweis auf das Gebot der Staatsferne der Presse. Das LG München I sieht aber in den Fotos der Feuerwehr kein Problem.

Katastrophen in jeder Form, seien es Naturkatastrophen, Unfälle, Brände oder sonstige Vorfälle mit der Folge menschlicher Tragödien, ziehen in unserer Mediengesellschaft sofort jede Menge Berufsfotografen und Reporter an.

Unter Fotojournalisten gibt es die Spezies der Blaulicht-Fotografen

Aus dem hohen Interesse heraus hat sich im Fotojournalismus die besondere Sparte der „Blaulicht-Fotografie“ entwickelt. Blaulicht-Fotografen sind in der Regel regional unterwegs und wo möglich bei jedem nicht ganz unbedeutenden Blaulichteinsatz zur Stelle. Sie fertigen möglichst frühe Fotos von Unglücksfällen, Bränden und sonstigen Katastrophen an und vermarkten diese regional oder je nach Größe der Katastrophe auch weltweit auf dem freien Medienmarkt.

Münchener Berufsfeuerwehr fotografiert ihr Brandbekämpfung selbst

Zum Zwecke einer möglichst sachlichen Darstellung von Bränden hat sich die Münchener Berufsfeuerwehr entschlossen, selbst Fotos von ihren Einsätzen zu fertigen. Diese stellt sie, verbunden mit einem kurzen Einsatzbericht, über das Kreisverwaltungsreferat der freien Presse auf einem Internetportal zur Verfügung. Als Gegenleistung verlangt sie eine Aufwandsentschädigung von 25 Euro.

Blaulicht-Fotografie als Haupteinnahmequelle

Ein Fotojournalist sah sich durch diese Feuerwehrpraxis in seiner Berufsausübung behindert. Er selbst hatte sich darauf spezialisiert, bei Feuerwehreinsätzen und auch bei Blaulichteinsätzen der Polizei dabei zu sein und die jeweiligen Einsatzabläufe durch Fotos zu dokumentieren. Diese bot er dann regionalen und überregionalen Medien zum Kauf an.

Fotojournalist klagt auf Unterlassung der Brandeinsatzfotografie durch die Berufsfeuerwehr

Der Fotojournalist trug vor, diese Praxis sei für ihn existenzgefährdend. Die Feuerwehr verlasse zudem ihre Kernaufgaben der Gefahrenabwehr und Gefahrenbekämpfung, da Behörden sich nur in engen Grenzen auf dem Gebiet der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit betätigen dürften. Er verklagte die Münchener Berufsfeuerwehr auf Unterlassung und rügte,

  • es verstoße gegen das aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG abgeleitete Gebot der Staatsferne der Presse, wenn die Feuerwehr selbst die pressemäßige Berichterstattung übernehme.
  • Indem die Feuerwehr naturgemäß als erste am Einsatzort sei, nutze sie auch kartellrechtswidrig eine marktbeherrschende Stellung aus, wenn sie selbst Fotos von ihren Einsätzen anfertige und diese der Presse gegen ein Entgelt anbiete.

Abwägung zwischen Pressefreiheit und Selbstverwaltungsrecht der Kommunen

Das LG München folgte der Argumentation des Fotojournalisten nicht. Das LG stützte seine Entscheidung auf eine umfassende Abwägung der kommunalen Selbstverwaltungsgarantie gemäß Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG mit der gemäß Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG garantierten Pressefreiheit. Das aus der Pressefreiheit entwickelte Gebot der Staatsferne der Presse wird nach Auffassung der Kammer durch das von den Fotojournalisten gerügte Verhalten der Berufsfeuerwehr nicht verletzt.

Staatsferne-Grundsatz untersagt presseähnliche Berichterstattung

Der Grundsatz der Staatsferne der Presse verlangt nach Ansicht der Kammer von der jeweiligen Kommune nicht, dass diese sich einer Information der Öffentlichkeit über ihre Tätigkeit enthält. Das Gebot der Staatsferne der Presse lege Kommunen lediglich die Verpflichtung auf, sich bei gemeindlichen Publikationen ausschließlich darauf zu beschränken, die Öffentlichkeit sachlich und transparent über ihre Tätigkeit zu informieren. Kommunen seien deshalb daran gehindert, ihre Informationsarbeit in einer presseähnlichen Form zu präsentieren. Eine boulevardmäßige Illustration und eine auf Meinungsbildung ausgerichtete Kommentierung ihrer Tätigkeit sei den Kommunen nicht erlaubt.

Eigene Blaulichtfotos dienen der Sachinformation der Medien

Eine über die reine Sachinformation hinausgehende Tendenz, lässt die Anfertigung von Blaulichtfotos durch die Berufsfeuerwehr München nach Auffassung der Kammer nicht erkennen. Die Fotos mit kurzen Einsatzberichten richteten sich ausschließlich an Redaktionen sowie an die Presse im allgemeinen, ihnen komme kein die Presse ersetzender Charakter zu, vielmehr seien sie ein Anstoß zur Berichterstattung durch die angesprochenen Medien.

Keine Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung

Das LG konzidierte dem Journalisten, dass die Berufsfeuerwehr bei ihren Einsätzen den Fotojournalisten naturgemäß zeitlich immer einen Schritt voraus sei. Darin liegt nach Auffassung der Kammer aber keine unrechtmäßige Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung.

Die Berufsfeuerwehr unterhalte einen sogenannten Presseruf, bei dem sich Journalisten anmelden können. Diese würden dann bei Großschadenslagen durch eine SMS oder eine Sprachnachricht zeitnah über jeden Einsatz der Feuerwehr informiert und hätten somit ausreichend Gelegenheit, sich umgehend zum Einsatzort zu begeben und selbst Fotos anzufertigen.

Unterlassungsklage des Fotografen gegen Berufsfeuerwehr abgewiesen

Mit diesen Argumenten gelangte die Kammer zu dem Ergebnis, dass der Kläger durch das Verhalten der Berufsfeuerwehr nicht in unzulässiger Weise vom örtlich relevanten Markt für sogenannte Blaulichtfotografie ausgeschlossen sei. Ein kartellrechtlicher Unterlassungsanspruch bestehe nicht. Die Klage des Fotojournalisten wurde daher abgewiesen.

(LG München I, Urteil v. 24.4.2020, 37 O 4665/19).

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Hintergrund: Gebot der Staatsferne der Presse

Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG fordert zur Sicherung der Meinungsvielfalt die Staatsferne der Presse. Dieser Grundsatz untersagt es , dass der Staat Presseunternehmen unmittelbar oder mittelbar beherrscht, die nicht lediglich Informationspflichten der öffentlichen Stellen erfüllen.

Der Staat kann zwar einem einseitigen Einflusses auf die öffentliche Meinungsbildung durch eine Zusammenballung publizistischer Macht durch gesetzliche Regelungen begegnen. Er selbst darf sich jedoch nur in engen Grenzen auf dem Gebiet der Presse betätigen (BGH, Urteil v. 15. 12. 2011,  I ZR 129/10).