
Unechte Ärzte werden zum Entsetzen des Publikums immer wieder enttarnt. Auch die Doktortitel haben in letzter Zeit etwas an Glaubwürdigkeit verloren. Dass gelegentlich auch der Rechtsanwaltstitel missbräuchlich verwendet wird, zeigt ein vom Landgericht München entschiedener Fall.
Eines Tages flatterte einem Münchener Rechtsanwalt ein Schreiben eines vermeintlichen Kollegen ins Büro herein, in welchem dieser zu einem laufenden Schiedsverfahren Stellung bezog. Als er unter www.rechtsanwaltsregister.org nicht zu finden war, beantragte der angeschriebene Anwalt eine einstweilige Verfügung gegen den falschen Anwalt, die das Landgericht München auch ausstellte.
Geschäftliches Handeln unter falscher Flagge?
Dagegen legte der Möchtegern-Rechtsanwalt Widerspruch ein. Begründung: Er habe diese Bezeichnung das erste Mal geführt. Es sei ihm nur um die Stellungnahme gegangen. Keinesfalls habe er in Wettbewerbsabsicht gehandelt. Das überzeugte die Münchener Richter nicht.
Stellungnahme sollte nach außen wirken
Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG ist unter einer geschäftlichen Handlung jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrages über Waren oder Dienstleistungen objektiv zusammenhängt, zu verstehen.
Stellungnahme eines Anwalts hat besonderes Gewicht
Das in Rede stehende Schreiben sei entgegen der Auffassung des Antragsgegnervertreters nicht nur intern, sondern im geschäftlichen Verkehr verwendet worden. „Das Schreiben des Antragsgegners enthält eine Stellungnahme zu einem laufenden Schlichtungsverfahren und war von vornherein darauf ausgerichtet, nach außen hin, nämlich in dem genannten Schlichtungsverfahren, verwendet zu werden.
Dies bestätigt letztlich auch der Antragsgegnervertreter, wenn er im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausführt, dass der Antragsgegner denkbarer Zeuge im Zusammenhang mit dem Schlichtungsverfahren gewesen sei“, schreibt das Landgericht München. Dass jedoch der Stellungnahme eines Rechtsanwalts als gemäß § 1 BRAO unabhängigem Organ der Rechtspflege unter Umständen eine ganz wesentliche Bedeutung zukommen kann, bedarf keiner weiteren Ausführungen.
Titelanmaßung kann strafbar sein
Das Schreiben des Antragsgegners sei mithin geeignet, seinen eigenen Wettbewerb zu fördern, indem er potentielle Mandanten auf sich aufmerksam macht. Das Führen einer gesetzlich geschützten Berufsbezeichnung ohne die entsprechende Erlaubnis sei stets irreführend im Sinne des § 5 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UWG und unter Umständen sogar strafbar nach § 132 a StGB sei.
(LG München I, Urteil v. 06.09.2011, 33 O 10509/11).