Streit um Entschädigung für antikes Fundstück auf privatem Grund

Der Fund eines 2.000 Jahre alten antiken römischen Pferdekopfes aus Bronze im Jahr 2009 war eine archäologische Sensation. Nun soll der Landwirt, auf dessen Grundstück der antike Schatz in einem Brunnenschacht eingebuddelt war, vom Land Hessen dafür 748.000 Euro erhalten.

Auf diesen Betrag sollen die zerstrittenen Prozessparteien - der Landwirt und das Land Hessen - sich nach einem Vorschlag des OLG Frankfurt vergleichen.

Pferdekopf gilt als Sensationsfund

Vor zehn Jahren wurde der Pferdekopf auf einem Grundstück im hessischen Waldgirmes (Lahn-Dill-Kreis) von Archäologen in einem Brunnenschacht entdeckt. Unter Archäologen gilt der Fund auch heute noch als Sensation. Vermutlich handelt es sich um einen Teil eines prunkvollen Reiterstandbildes aus einer antiken römischen Siedlung. Das Standbild soll den römischen Kaiser Augustus darstellen.

2.000 Jahre ohne größere Blessuren überdauert

Der vergoldete Pferdekopf ist ausgesprochen fein gearbeitet und in Lebensgröße gehalten. In dem 11 m tiefen Brunnenschacht hatte der Kopf die letzten 2.000 Jahre ohne größere Schäden überstanden. Ein Rechtsstreit zwischen dem Landwirt und dem Land Hessen hatte dazu geführt, dass der antike Schatz der Öffentlichkeit lange nicht zugänglich gemacht werden konnte. Seit August 2018 ist das Kunstwerk im Museum des Römerkastells Saalburg zu bewundern.

Landwirt bereits erstinstanzlich teilweise erfolgreich

Bereits vor dem LG Limburg hatten die Parteien erbittert um eine Entschädigung gerungen. Das LG hat das Land Hessen zur Zahlung einer Entschädigung von rund 773.000 Euro über die vom Land zuvor freiwillig gezahlten 48.000 Euro hinaus verpflichtet (LG Limburg, Urteil v.  27.7. 2018, 4 O 140/16).

Landwirt wollte einen siebenstelligen Entschädigungsbetrag

Rechtsgrundlage für die Entscheidung war die zum Zeitpunkt des Fundes geltende Fassung der §§ 25, 26 des hessischen Denkmalschutzgesetzes (HDSchG).

Dieses sah in §§ 30, 38 ff HDSchG für solche Fundstücke auf Grundstücken, die im Privateigentum stehen, eine angemessene Entschädigung vor, die nach dem hessischen Enteignungsgesetz (HEG) zu bemessen ist. Gemäß §§ 30, 38 ff HEG ist die Höhe der Entschädigung auf der Grundlage des Verkehrswertes der Fundsache zu ermitteln. Den Verkehrswert des Pferdekopfes hatte der Landwirt mithilfe von ihm in Auftrag gegebener Privatgutachten mit mehreren Millionen Euro ermittelt.

OLG hält beide Berufungen für wenig aussichtsreich

Sowohl das Land als auch der Landwirt legten Berufung gegen das Urteil ein. Das Land greift insbesondere die Feststellungen der erstinstanzlich eingeschalteten Gutachterin an. Die von der Sachverständigen vorgenommene Schätzung des Wertes des Grundstücks sei in wesentlichen Punkten nicht nachvollziehbar. In der mündlichen Verhandlung vor dem OLG hat der Senat allerdings zu erkennen gegeben, dass die Erfolgsaussichten der Berufung für beide Seiten äußerst gering sind.

Schwer einzuschätzender ideeller Wert

Der Senat räumte ein, dass der Sachwert des Pferdekopfes wohl eher gering sei. Umso höher sei aber der ideelle Wert. Der besonderen historischen Bedeutung, dem hohen Alter des Pferdekopfes sowie seinem extrem guten Erhaltungszustand sei die erstinstanzlich beauftragte Gutachterin in nachvollziehbarer und überzeugender Weise gerecht geworden. Für eine solche Schätzung existierten auch wenig unmittelbar vergleichbare Präzedenzfälle. Dennoch habe die Sachverständige auf eine ganze Reihe von bedingt vergleichbaren Fällen Bezug genommen und sei zu einer plausiblen Einschätzung des Wertes in Höhe von ca. 1,6 Millionen Euro gekommen.

Ein Urteil dürfte nicht mehr viel ändern

Beiden Parteien bleibt nun drei Wochen Zeit, über den gerichtlichen Vergleichsvorschlag nachzudenken. Sollte es zu keiner Einigung kommen, wird das Gericht am 6.2.2020 eine Entscheidung verkünden, die sich dann wohl nicht wesentlich von dem vorgeschlagenen Vergleich unterscheiden dürfte. Die Vergleichssumme in Höhe von 778.000 Euro versteht sich übrigens plus Zinsen, die angesichts des erheblichen Zeitablaufs ebenfalls durchaus ins Gewicht fallen.

(OLG Frankfurt, mündliche Verhandlung v. 7.11.2019, 1 U 174/18).

Weitere News zum Thema:

Das Wittenberger Kirchenrelief

Wohnen in denkmalgeschütztem Schloss: Heizkosten keine außergewöhnliche Belastungen

Haufe Online Redaktion
Schlagworte zum Thema:  Denkmalschutz, Rechtsanwalt, Justiz, Juristen, Richter