Strauchelnde Unternehmen, beschädigte Marken: Pseudo-nachhaltig?

Deutsche Firmen und Marken haben teilweise Weltruf - doch zurzeit bröckelt der als Folge von Rechtsverstößen gewaltig und folgenschwer. Eine Vielzahl von Unternehmen propagiert zwar die Nachhaltigkeit als wesentlichen Teil ihrer Unternehmenspolitik. Nachhaltige Produktion, Schutz der Ressourcen, Schonung der Umwelt, Schutz nachfolgender Generationen -  sind das nicht mehr als wohlfeile Werbeaussagen?

Der Verdacht, dass Werbeaussagen und Hochglanzbroschüren zur Nachhaltigkeit mit der Realität häufig nicht so viel zu tun haben, drängt sich angesichts der aktuellen Unternehmensskandale immer stärker auf.

Statt gesicherter Zukunftsaussichten steht dann die Suche nach dem besten Strafverteidiger im Raum und Schadensersatzforderungen türmen sich.

Sparsam und umweltschonend

Seit Jahren wirbt VW mit besonders sparsamen, umweltschonenden Motoren, mit besonders geringem Schadstoffausstoß und propagiert nachhaltige Produktionsmethoden. Wie die jüngsten Ereignisse belegen, war dies eher ein hohler Werbegag denn eine belastbare Sachaussage. Das gilt wohl nicht nur für VW, Fast täglich kommen neue Automarken dazu, die es auch nicht so genau nahmen.

Auf der anderen Seite sollten aber auch die ernstlichen Bemühungen einiger Unternehmen nicht übersehen werden, nachhaltiges Handeln als wesentliche Handlungsmaxime in ihrer Unternehmenskultur zu implementieren.

Japanische Unternehmen als Vorbild

Führende Wirtschaftswissenschaftler gehen davon aus, dass vorgelebte Werte und Normen innerhalb eines Unternehmens den Unternehmenserfolg durchaus positiv beeinflussen.

  • Werte und Normen im Unternehmen waren bereits Gegenstand der „Human-Relations-Bewegung“ in den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts.
  • Dort entstanden zunächst Programme zur Pflege menschlicher Beziehungen in den Unternehmen und zur Verbesserung des Betriebsklimas.
  • In der Wirtschaftskrise der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts, als japanische Unternehmen verstärkt auf den europäischen Markt drängten, wurde die Frage der Unternehmenskultur wieder zu einem Hauptthema.

Japanische Unternehmen beeindruckten durch einen immensen Fleiß ihrer Mitarbeiter, der ganz entscheidend darauf zurückzuführen war, dass die Mitarbeiter japanischer Unternehmen sich mit ihrem Arbeitgeber stark identifizierten. Sie fühlten sich als Mitarbeiter einer besonderen Wertegemeinschaft angehörig, was den Erfolg japanischer Unternehmen zumindest in dieser Zeit nachhaltig positiv beeinflusste.

Vertrauenskultur als wichtiger Umsatzfaktor

Der amerikanische Wirtschaftswissenschaftler William G. Ouchi bewies, dass eine auf Vertrauen beruhende Führungskultur in Unternehmen zu einer höheren Arbeitsdisziplin der Mitarbeiter und zu einem guten Betriebsklima führt. In den neunziger Jahren wiesen die Wirtschaftswissenschaftler der Harvard-University John Kotter und Jim Heskett nach, dass das Umsatz-Gewinnverhältnis von Unternehmen mit hoch entwickelter Unternehmenskultur im Schnitt um ein mehrfaches besser lag als das von Unternehmen mit einer wenig ausgeprägten Unternehmenskultur.

Der Markt bestraft Werbelügen

 Überträgt man diese Ergebnisse auf den zur Zeit grassierenden VW-Skandal und die seither weltweit sinkenden Absatzzahlen des deutschen Automobilvorzeigeunternehmens, so erscheint dies als Beweis für die Richtigkeit dieser Untersuchungen. Die Enttäuschung der Verbraucher aber auch der Mitarbeiter von VW über die in der Werbung bloß vorgetäuschten Nachhaltigkeitsaspekte zu Ressourcen und Umweltschonung, wird vom Markt mit sinkendem Interesse an den Produkten bestraft. Die mangelnde Implementierung der Nachhaltigkeitsaspekte in der mittleren und oberen Führungsebene des Unternehmens wirkt sich auch hier umsatz- und gewinnmindernd aus, ganz zu schweigen von der zu beobachtenden, äußerst miesen Stimmung Belegschaft.

Implementierung der Nachhaltigkeit als Teil der Unternehmenskultur

Unternehmen tun also gut daran, Nachhaltigkeitsaspekte nicht nur als oberflächliche Werbemittel zu einer vordergründigen Umsatzsteigerung zu nutzen, sondern die Nachhaltigkeitsaspekte so in die Unternehmenskultur zu implementieren, dass deren Vorhandensein sich auch in der Unternehmensrealität bestätigt.

Die vier Dimensionen des Nachhaltigkeitsbegriffes

Was genau bedeutet nachhaltiges Handeln eines Unternehmens? Als heute noch allgemein gültig angesehene Beschreibung gilt die Definition des Brundtland Berichts der WCED (World Commission on Environment and Development) von 1987.

Hiernach ist ein Unternehmenshandeln dann nachhaltig, wenn es durch seine Produkte „die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass künftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können“. Dies schließt mehrere Aspekte ein, nämlich

  • die ökologische Nachhaltigkeit, die den Schutz der Natur und der Ressourcen zum Ziel hat, die Berücksichtigung der gravierenden Folgen des Klimawandels und des Artensterbens;
  • die ökonomische Nachhaltigkeit, also ein Wirtschaften, das nicht allein auf den kurzfristigen Erfolg (wie beim risikoreichen Handel der Banken mit Finanzderivaten), sondern auf den soliden und langfristigen ökonomischen Erfolg setzt;
  • die soziale Nachhaltigkeit, die die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter, aber auch die Arbeitsbedingungen der Zulieferbetriebe, beispielsweise in Dritte-Welt-Ländern, berücksichtigt,
  • die Generationengerechtigkeit, also eine Produktionsweise, die den Schutz der nachfolgenden Generationen im Auge hat.

Nachhaltigkeit muss in die Köpfe der Führungsebene vordringen

Voraussetzung für eine belastbare Übernahme solcher Nachhaltigkeitswerte ist eine Unternehmenskultur, die nachhaltiges Handeln in den Köpfen des Managements endgültig implementiert und als Handlungsmaxime im sozialen und wirtschaftlichen Umfeld sowie im Umgang mit der Natur zur festen Überzeugung der Entscheidungsträger werden lässt.

Für das Management von VW besteht jetzt die Möglichkeit, zu beweisen, dass dies geht und dass eine solche Verankerung von Nachhaltigkeitswerten den wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens stärkt und nicht schwächt.      

Vgl. zu dem Thema auch:

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Schlagworte zum Thema:  Nachhaltigkeitsmanagement, Compliance