Staatsanwältin im Sperrbezirk - und eine dumme Verwechslung

Natürlich war die Staatsanwältin beruflich unterwegs. Sie ermittelte gemeinsam mit Mitarbeitern des Ordnungsamtes in einem von zahlreichen Prostituierten verbotswidrig als Straßenstrich genutzten Bezirk. Und prompt hielt ein Freier sie für eine Prostituierte.

„Was kostet es?“ - fragte der Freier die Staatsanwältin. Diese wandte sich zunächst einfach ab, um den ungebetenen Freier loszuwerden. Dieser aber ließ nicht locker. Er war überzeugt, die Staatsanwältin gehöre zu den zahlreichen Prostituierten, die abends auf dieser Straße widerrechtlich ihre Dienste anbieten. Die Versuche der Staatsanwältin, den unangenehmen Freier abzuschütteln, blieben so lange ohne Erfolg, bis ein Mitarbeiter des Ordnungsamtes ihr zu Hilfe eilte.

250 Euro Bußgeld für den Freier nicht akzeptabel

Das Ordnungsamt nahm die Personalien des Mannes auf und belegte ihn wegen Verstoßes gegen § 7 der Ordnungsbehördlichen VO zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung NRW mit einem Bußgeld von 250 Euro zuzüglich Verwaltungskosten. Die Kontaktaufnahme mit der Staatsanwältin entgegen ihrem deutlich erkennbaren entgegenstehenden Willen zur Vereinbarung sexueller Handlungen gegen Entgelt im Sperrbezirk stelle eine vorsätzliche Ordnungswidrigkeit dar, die mit einem Bußgeld belegt werden könne. Dies sah der Betroffene gar nicht ein und legte gegen den Bußgeldbescheid Einspruch ein. Ende Oktober kam es nun zur Verhandlung vor dem AG.

Kompliment falsch verstanden

Vor Gericht erklärte der Freier, die Staatsanwältin habe ihn völlig missverstanden. Er habe sie mit den Worten „Guten Abend, schöne Frau!“ begrüßt und ihr lediglich ein Kompliment machen wollen.

Die Aufnahme eines Sexualkontakts habe er nicht im Sinn gehabt. Außer 7 Euro und zwei leeren Bierflaschen mit einem Pfandwert von 16 Cent habe er auch keinerlei geldwerte Mittel mit sich geführt, mit denen er eine sexuelle Handlung hätte bezahlen können. Bereits hierdurch sei bewiesen, dass die gegen ihn erhobenen Vorwürfe aus der Luft gegriffen seien.

Verbal unverschämt bedrängt

Die Aussage der Staatsanwältin zeichnete jedoch ein anderes Bild. Der Mann habe sie bedrängt und ausdrücklich nach dem Preis gefragt. Diese Situation sei sehr unangenehm gewesen, da der Angeklagte nicht locker gelassen habe. Zwar habe der Angeklagte sie körperlich nicht berührt, jedoch habe er nicht aufgehört, auf sie einzureden, bis ein Mitarbeiter des Ordnungsamtes ihr zu Hilfe gekommen sei. Da der Mitarbeiter des Ordnungsamtes die Aussagen der Staatsanwältin bestätigte, hatte der Angeklagte keine Chance, den Richter von der Richtigkeit seiner Darstellung zu überzeugen.

Einspruch im Ergebnis von Erfolg gekrönt

Dennoch hatte der Angeklagte Glück, einen besonders milden Richter zu finden. Der Angeklagte beteuerte, als Bewohner einer Obdachlosenunterkunft lediglich über ein monatliches Taschengeld in Höhe von 107 Euro zu verfügen. Aus vergangenen Übernachtungen müsse er noch monatlich Raten in Höhe von 50 Euro an die Unterkunft zahlen, so dass ihm monatlich netto nur gut 50 Euro zur Verfügung stünden. Diese Einlassung veranlasste den Richter, das Bußgeld auf ein Zehntel des ursprünglichen Betrages, nämlich von 250 Euro auf 25 Euro herabzusetzen und dem Angeklagten die Zahlung der Verwaltungskosten komplett zu erlassen.

Unter'm Strich hat sich der Einspruch für den Freier gelohnt

Allerdings muss er 50 Euro Gerichtskosten zahlen, so dass er insgesamt mit 75 Euro belastet ist. Diese darf er in monatlichen Raten von fünf Euro abtragen. Unter dem Strich hat sich der Einspruch für den aufdringlichen Freier somit gelohnt.

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