Staat haftet Ferrari-Fahrer nicht für Straßenunebenheiten

Die straßenbehördliche Zulassung eines tiefergelegten Ferrari verpflichtet die Straßenbaubehörden nicht, den öffentlichen Straßenraum in einem für diese nicht zu 100 % alltagstauglichen Fahrzeuge geeigneten Zustand zu halten.


Das OLG Koblenz hat eine Schadensersatzklage über rund 62.000 Euro wegen einer Beschädigung des Fahrzeugunterbodens eines tiefergelegten Ferrari F 40 nach Aufsetzen auf einem aus der Fahrbahnoberfläche einer innerörtlichen Seitenstraße herausragenden Kanaldeckel abgewiesen.

Fahrer bemängelte schlechten Fahrbahnzustand

Der Ferrari-Fahrer war nach eigener Aussage mit dem Unterboden des von ihm geführten Ferrari an einem nicht nur geringfügig herausstehenden Kanaldeckel einer innerörtlichen Seitenstraße hängengeblieben. Die Fahrbahn hatte an dieser Stelle nach seiner Darstellung auch ein übermäßiges seitliches Gefälle zur Fahrbahnrinne hin.

Klage des Kaskoversicherers gegen Verbandsgemeinde

Die Kaskoversicherung des Fahrzeugs hatte dem Eigentümer des Ferrari den von diesem geltend gemachten Schaden in Höhe von rund 62.000 EUR für die Reparatur des Unterbodens ersetzt. Der Versicherer hat daraufhin gegen die zuständige Verbandsgemeinde eine Klage auf Erstattung des gezahlten Schadenersatzbetrages erhoben. Die Klage hatte weder erstinstanzlich noch zweitinstanzlich Erfolg.

Keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht

Die Gerichte haben eine von der Klägerin geltend gemachte Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch die Verbandsgemeinde verneint. Zwar habe die Verbandsgemeinde eine Verpflichtung, die Straßen in einen Zustand zu halten, der Schäden an Fahrzeugen der Verkehrsteilnehmer bei zweckgerechter Benutzung der Straße vermeidet. Diese Verkehrssicherungspflicht gehe aber nicht so weit, dass die Verbandsgemeinde auch zur Abwendung von Schäden verpflichtet sei, die Verkehrsteilnehmer bei der gebotenen Aufmerksamkeit selbst abwenden könnten.

Warn- und Hinweispflichten des Straßenbaulastträgers

Der Träger der Straßenbaulast ist nach der Entscheidung des OLG verpflichtet, in geeigneter und objektiv zumutbarer Weise Gefahren auszuräumen und den Straßenbenutzer vor solchen Gefahren zu warnen, die nicht ohne weiteres erkennbar sind und auf die sich der Straßenbenutzer nicht einrichten kann. Hierzu müsse er den Straßenzustand auch in regelmäßigen Abständen kontrollieren. Selbst bei einer stark befahrenen Straße sei der Straßenbaulastträger aber nicht verpflichtet, die Straße in Intervallen von weniger als zwei Wochen auf ihre Verkehrstauglichkeit hin zu prüfen. Bei weniger stark befahrenen Straßen dürften die Kontrollintervalle auch länger sein (OLG Thüringen, Urteil v. 24.6.2009, 4 U 67/09).

Fahrer muss die Tieferlegung seines Fahrzeugs selbst berücksichtigen

Das OLG ließ offen, inwieweit die Nutzung einer Straße durch besonders tiefgelegte Fahrzeuge Teil der üblichen Straßennutzung ist. Nach Auffassung des OLG ist der Fahrer eines solchen Fahrzeugs aber gehalten, die Tieferlegung als einen das Schadensrisiko erhöhenden Umstand bei der Führung des Fahrzeugs selbst zu berücksichtigen. Die durch die Tieferlegung begründete Gefahr einer Beschädigung des Fahrzeugunterbodens habe der Fahrzeugführer durch eine erhöhte eigene Aufmerksamkeit und Vorsicht zu kompensieren.

Erhöhte Sorgfaltspflicht auf wenig befahrenen Seitenstraßen

Der Fahrzeugführer habe auch in Rechnung zu stellen, dass im Innerortsbereich besonders Seitenstraßen gelegentlich in einem schlechteren Ausbauzustand sind als die Hauptdurchgangsstraßen. Wenn er eine solche Straße mit einem besonders tiefgelegten Fahrzeug befahre, habe er dies zu beachten.

Keine Haftung der Allgemeinheit für tiefergelegte Fahrzeuge

Das OLG stellte klar, dass die Verkehrssicherungspflicht des Trägers der Straßenbaulast nicht dazu dient, die Kosten für eine Beschädigung von im Grunde nicht alltagstauglichen Fahrzeugen infolge von Fahrbahnunebenheiten auf die Allgemeinheit abzuwälzen. Entgegen der Auffassung des Ferrari-Besitzers beinhalte die straßenrechtliche Zulassung eines Sportfahrzeugs mit geringer Bodenfreiheit nicht die Zusicherung, dass sämtliche öffentliche Straßen für die Nutzung durch dieses Fahrzeug geeignet seien.

Klage abgewiesen

Im Ergebnis bestätigte das OLG mit dieser Argumentation das klageabweisende Urteil der Vorinstanz


(OLG Koblenz, Urteil v. 7.12.2021, 1012 U 125/21)