Satirische Promiwerbung mit Gewerkschaftsboss: gut und billig

Der Autovermieter Sixt hat den GDL-Chef Claus Weselsky in einer spöttisch-satirischen Werbekampagne mit Foto und Namensnennung wegen der von im initiierten Bahnstreiks als seinen "besten Mitarbeiter" geehrt. Hiergegen hat sich der GDL-Chef durch alle Gerichtsinstanzen vergeblich zu wehren versucht. Doch er scheiterte an der Vorstellung der Richter von Satire und Kommerz. 

Der Vorsitzende der Lokführergewerkschaft GDL, Claus Weselsky, ist Gegenwind gewohnt. In den Jahren 2014 und 2015 hat er mit zwei von ihm initiierten aufsehenerregenden Streiks Teile des Bahnverkehrs in Deutschland lahmgelegt und damit die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich gezogen. Trotz erheblichen Unmutsäußerungen aus den Medien und seitens der hoch verärgerten deutschen Bahnkunden hatte er die Streiks gegen alle Widerstände bis zu ihrem bitteren Ende durchgezogen.

Autovermieter Sixt nutzte die Streiks zur Eigenwerbung

Infolge der Streiks waren Bahnreisende zur Nutzung alternativer Verkehrsmittel gezwungen. Der Autovermieter Sixt ging mit offensiven Werbeaktionen direkt auf die Bankkunden zu und offerierte diesen mit einer aggressiven Preispolitik seine Mietwagen als empfehlenswerte Alternative zur Deutschen Bahn.

Sixt ernennt Gewerkschaftsführer zum „Mitarbeiter des Monats“

Der Autovermieter Sixt warb während des Streiks im Jahr 2014 auf Plakaten in unmittelbarer Umgebung der Bahnhöfe sowie in Werbeanzeigen mit dem großformatig dort abgebildeten Konterfei des GDL-Vorsitzenden Weselsky. Der Autovermieter bedankte sich darin beim Gewerkschaftsführer auf ironische Art für seine Dienste und ernannte ihn zum „Mitarbeiter des Monats“.

Schon wieder Mitarbeiter des Monats

Anlässlich des zweiten Streiks im Jahr 2015 veröffentlichte Sixt in der Süddeutschen Zeitung im Großformat ein Porträtfoto von Weselsky mit dem Untertitel: „Schon wieder Mitarbeiter des Monats“. Auch der Name sowie die Berufsbezeichnung „Gewerkschaftsführer“ wurden im Text der Anzeigen vollständig genannt. Die Werbung enthielt den Hinweis, dass Sixt an allen Bahnhöfen günstige Mietwagen zur Verfügung stellt. Den Gewerkschaftsführer hatte Sixt vor seinen Werbekampagnen nicht um Erlaubnis gefragt.

Weselsky fordert Unterlassung und Zahlung einer Lizenzgebühr

Der Gewerkschaftsführer sah in der großformatigen Werbung unter Verwendung seines Fotos eine Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte. Er klagte auf Unterlassung und auf Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr für die Verwendung seines Fotos zum Zwecke einer kommerziellen Werbung.

Gerichte zeigten wenig Verständnis für den Gewerkschaftschef

Vor Gericht konnte der Gewerkschaftsführer allerdings in keiner Instanz einen Erfolg für sich verbuchen. Sowohl das LG als auch das OLG wiesen sein Begehren auf Unterlassung bzw. Zahlung einer fiktiven Lizenzgebühr zurück. Nach der Bewertung der Gerichte hatte der Autovermieter Sixt entgegen der Rüge des Gewerkschaftschefs den Werbewert des Namens und des Konterfeis Weselskys nicht für rein kommerzielle Zwecke vereinnahmt.

Der Adressatenkreis der Werbung seien in diesem Fall nicht nur potentielle Kunden von Sixt, sondern die interessierte Öffentlichkeit gewesen. Der Autovermieter habe mit einer ironisch-spöttischen Anspielung auf Weselsky darauf aufmerksam machen wollen, dass dieser mit seinen Streiks nach Auffassung von Sixt Bahnkunden verschrecke und in die Arme alternativer Anbieter wie dem Autovermieter Sixt treibe und damit deren Geschäftsmodell unterstütze.

Satire ist durch das Recht auf freie Meinungsäußerung geschützt

Eine solche satirische, nicht nur rein kommerziellen Zwecken dienende Werbung wird nach der Wertung des in der Berufungsinstanz zuständigen OLG durch das Recht der freien Meinungsäußerung gemäß Art. 5 GG geschützt. Der spöttisch-ironische Charakter der Werbekampagne verhindere auch, dass Betrachter den Eindruck hätten, dass der GDL-Vorsitzende sich mit den Produkten des Autovermieters identifiziere. Damit werde der Werbewert des Namens und des Fotos des Klägers nicht für kommerzielle Zwecke der Beklagten vereinnahmt.

Öffentliches Informationsinteresse überwiegt Persönlichkeitsrecht

Die Gerichte verkannten nicht, dass die Art der Werbung das Persönlichkeitsrecht und auch das Namensrecht des Gewerkschaftschefs tangiere. Infolge des im Vordergrund stehenden meinungsbildenden Inhalts der Anzeige überwiegt nach übereinstimmender Wertung der Gerichte in diesem Fall aber das Recht auf freie Meinungsäußerung des Autovermieters. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass der Gewerkschaftsführer als Person des öffentlichen Lebens seine Vereinnahmung im Rahmen einer durch ein öffentliches Informationsinteresse gedeckten Werbekampagne hinnehmen müsse. Deshalb habe der Autovermieter auch keine Genehmigung des Gewerkschaftschefs für seine Werbekampagne einholen müssen (OLG Dresden, Urteil v. 21. 8. 2018, 4 U1822/18).

BGH weist Nichtzulassungsbeschwerde zurück

Eine Revision gegen das Urteil hatte das OLG nicht zugelassen. Gegen diese Entscheidung legte der Gewerkschaftsführer Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH ein. Diese wies der BGH mit der lapidaren Begründung zurück, dass im Urteil der Vorinstanz keine Rechtsfehler zu erkennen seien, die Rechtssache nicht von grundsätzlicher Bedeutung sei und daher die Revision zu Recht nicht zugelassen wurde (BGH, Beschluss v. 24.1.2019, I ZR 155/18).

Persönlichkeitsrecht des Gewerkschaftsführers nicht verletzt

Nun ist Weselsky nicht bekannt dafür, besonders nachgiebig zu sein und schnell aufzugeben. Demgemäß griff der unbeugsame Gewerkschaftschef auch noch zum Mittel der Verfassungsbeschwerde. Diese nahm das höchste deutsche Gericht aber erst gar nicht zur Entscheidung an. Es sei nicht ersichtlich, dass die Instanzgerichte an irgendeiner Stelle den Schutzgehalt des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Gewerkschaftsführers verkannt hätten.

Verfassungsbeschwerde offensichtlich unbegründet

Die in der beanstandeten Werbung enthaltene ironisch-spöttische Anspielung auf die Vorgehensweise Weselskys angesichts der Streiks in den Jahren 2014 und 2015 hatte nach der Bewertung des BVerfG über den satirischen Teil hinaus keinen herabsetzenden oder sonst für den Gewerkschaftsführer negativen Inhalt. Beide Streiks seien damals gesellschaftsrelevante Themen von großem öffentlichen Interesse gewesen. Die satirisch-ironische Auseinandersetzung damit in einer Werbekampagne sei in der geschehenen Weise nicht zu beanstanden. Die Verfassungsbeschwerde sei damit offensichtlich unbegründet und gemäß § 93 a Abs. 2 BVerfGG nicht zur Entscheidung anzunehmen.

(BVerfG, Beschluss v. 22.1.2020, 1 BvR 556/19).

Anmerkung:

Stellt sich noch die Frage, warum die Gerichte der Ansicht sind, eine Autovermietung habe irgendein Interesse daran, Satire jenseits kommerzieller Interessen zu betreiben. Bleibt abzuwarten, wer der nächste prominente Werbeträger ist, der durch Satire zum Nulltarif posieren muss.

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