Revision eines Straftäters wegen Strafantrags per Mail

Der BGH hat den Strafausspruch sowie die Anordnung der Sicherungsverwahrung gegen einen Sexualstraftäter wegen der Übermittlung eines Strafantrags lediglich per E-Mail durch die Aufsichtsbehörde aufgehoben.

Auch Strafbehörden sind an die Formvorschriften für korrekte elektronische Übermittlungen gebunden. Wie jetzt bekannt wurde, hat der BGH wegen eines Formfehlers bei der Übermittlung eines Strafantrags durch die Aufsichtsbehörde die erstinstanzliche Verurteilung eines Sexualstraftäters im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben.

Angeklagter stand unter Führungsaufsicht

Der Angeklagte stand seit längerem unter Führungsaufsicht. Gemäß § 68 StGB kann gegen einen Straftäter im Fall der Verurteilung zu einer zeitigen Freistellung von mindestens 6 Monaten Führungsaufsicht angeordnet werden, wenn die Gefahr weiterer Straftaten besteht. Gemäß § 68a StGB wird für die Dauer der Führungsaufsicht ein Bewährungshelfer bestellt, der den Straftäter im Einvernehmen mit der zuständigen Aufsichtsstelle betreut.

13-facher Weisungsverstoß

In dem vom BGH entschiedenen Fall war der Straftäter verschiedenen Weisungen gemäß § 68b Abs. 1 StGB unterworfen. Insbesondere durfte er sich nicht an von Kindern besuchten Orten wie Spielplätzen und ähnlichem aufhalten. Wegen Verstoßes gegen diese Weisungen in 13 Fällen hat die Aufsichtsstelle Strafantrag gegen den Betroffenen gestellt und diesen per E-Mail an die zuständige StA übersandt.

LG ordnet Sicherungsverwahrung an

Nach Anklageerhebung hat das LG den Angeklagten wegen dieser Weisungsverstöße, in einem Fall in Tateinheit mit schwerem sexuellen Missbrauch eines Kindes, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 4 Jahren und 8 Monaten verurteilt und seine Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet.

Erfolgreiche Revision wegen fehlerhaften Strafantrags

Gegen diese Verurteilung legte der Angeklagte Revision BGH ein. Dieser kam zu dem Ergebnis, dass der landgerichtlichen Verurteilung wegen eines fehlerhaft lediglich per E-Mail übermittelten Strafantrags hinsichtlich des Verstoßes gegen die erteilten Weisungen ein absolutes, nicht behebbares Verfahrenshindernis entgegenstand.

Weisungsverstöße werden nur auf Antrag verfolgt

Gemäß § 145a StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Jahren bestraft, wer gegen Weisungen der Führungsaufsicht der in § 68b Abs. 1 StGB bezeichneten Art verstößt und dadurch den Zweck der gegen ihn verhängten Maßregeln gefährdet. Diese Voraussetzungen hatte der Angeklagte eindeutig erfüllt. Gemäß § 145a Abs. 1 Satz 2 StGB wird ein solcher Weisungsverstoß aber nur auf ausdrücklichen Antrag der Aufsichtsstelle verfolgt.

Strafanträge unterliegen den Vorschriften über den elektronischen Rechtsverkehr

Der Strafantrag ist von der Aufsichtsstelle gemäß § 158 StPO bei Gericht oder der Staatsanwaltschaft schriftlich oder zu Protokoll anzubringen. § 32a StPO bestimmt zum elektronischen Rechtsverkehr zwischen den Behörden, dass bei auf elektronischem Wege eingereichten Schreiben die Schriftform nur gewahrt ist, wenn das Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen ist oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht wird. Sichere Übermittlungswege werden in § 32a Abs. 4 StPO definiert (z.B. De-Mail-Konto, beA).

E-Mail ist kein sicherer Übermittlungsweg

Die Übermittlung des Strafantrags an die StA per E-Mail erfüllte diese Voraussetzungen nach den Feststellungen des BGH nicht, da das Medium E-Mail eindeutig nicht zu den sicheren Übermittlungswegen in im Sinne des § 32a Abs. 4 StPO gehört. Hiernach konnte die Verurteilung des Angeklagten wegen der Verstöße gegen die erteilten Weisungen keinen Bestand haben, da es an einem rechtsgültig eingereichten Strafantrag fehlte.

Aufhebung des Strafausspruchs und der Anordnung der Sicherungsverwahrung

Im Fall von Weisungsverstößen ist ein rechtswirksam eingereichter Strafantrag zwingende Voraussetzung für die Einleitung eines Strafverfahrens. Da diese Voraussetzung nicht gegeben war, hob der Senat den Strafausspruch sowie die Anordnung der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung wegen Nichtbeachtung eines absoluten Verfahrenshindernisses auf. Hinsichtlich der Weisungsverstöße verfügte der Senat die Einstellung des Verfahrens.

Vorinstanz muss über Rechtsfolgen des sexuellen Missbrauchs neu verhandeln

Bestand hatte allerdings der Schuldspruch wegen schweren sexuellen Missbrauch eines Kindes. Insoweit muss die Vorinstanz über die wegen dieser Straftat zu verhängende Strafe sowie über die Frage der allein aufgrund dieser Tat möglicherweise anzuordnenden Sicherungsverwahrung neu verhandeln und entscheiden.

(BGH, Beschluss v. 12.5.2022, 5 StR 398/21)

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