
Paragraphen in Rap-Form. „Rap-a-titorium“ zum Erlernen komplexer Prüfungsfolgen, zum Beispiel im Schadensersatzrecht. Eine innovative Lehrmethode, die sich zumindest an der Kölner juristischen Fakultät großer Beliebtheit erfreut. Die inzwischen hippen neuen Musikrichtungen bieten darüber hinaus Raum für weitere neue Ideen.
Mangelnden Ernst bei der Vermittlung des Lehrstoffes kann man Professor Klaus Peter Berger nicht nachsagen. Der Kölner Professor ist Mitkommentator des Münchener Kommentars zum BGB, Mitherausgeber unter anderem der „Zeitschrift für vergleichende Rechtswissenschaft“ und der Zeitschrift „Arbitration International“. Um Studenten besonders in den Anfangssemestern das Erlernen des trockenen rechtswissenschaftlichen Stoffes zu erleichtern, bedient sich der Professor einer ungewöhnlichen Methode. Der Lehrstoff wird teilweise in Rapform dargeboten.
Die Idee kommt aus USA
Für die Systematik der Prüfung von Schadensersatzansprüchen gemäß § 893 BGB hat der Professor einen eigenen Rap verfasst, in dem er alle zu prüfenden Tatbestandsmerkmale zusammengefasst hat. Bei YouTube ist der Rap zu bestaunen. Wie der Professor in einem Interview in der NJW (Heft 39/2015) berichtet, kam ihm die Idee während des Magisterstudiums an der University of Virginia in den USA. Ein Professor setzte die Methode dort bei seinen Studenten ein. Zurück in Deutschland nutzte er die Methode, um seinen Studenten neue Wege der Lerntechnik zu zeigen.
Singen statt büffeln
Warum soll man nicht auf fröhliche und kreative Art Paragraphen lernen und so einen viel nachhaltigeren Lernerfolg als mit herkömmlichen Methoden erzielen. Der Professor weist darauf hin, dass durch diese Art des Lernens „auch die linke Gehirnhälfte benutzt“ wird und auf diese Weise “assoziativ, mit Emotionen und Musik“ kreativ gelernt werde. Rap als Lehrmethode existiert übrigens nicht nur an der Uni. Das Berliner Duo „Rapucation“ bringt Grundschülern die Ursachen des Klimawandels und den Verlauf der europäischen Geschichte in Rap-Form näher. Texte von Schiller und Goethe sind bereits als Hiphop-Beats im Umlauf. Auch die Professoren-Kollegen rümpfen nicht die Nase, sondern sind in ihrer Mehrheit von der neuen Methode durchaus angetan, auch wenn sie sich selbst mit der Umsetzung solch innovativer Lehrmethoden etwas schwertun. Aber eigentlich kann man sich die neue Methode einfach vom veröffentlichen Beispiel abschauen.
Der „823-Rap“
823 ist ein leichter Paragraph
ich kenne die Voraussetzungen alle schon im Schlaf
Eigentum, Gesundheit, ein absolutes Recht
wer das verletzt, dem geht es wirklich schlecht
Die Vorschriften betrifft noch weitaus mehr
auch Sport, Reise, Jagd und Straßenverkehr
Geschützte ist selbst der Gewerbebetrieb
jedenfalls das, was von ihm übrig blieb
Und die berühmte Sicherungspflicht,
trifft selbst die, die sonst nichts anficht
Für den Zurechnungszusammenhang
kommt es dann auf den Schutzbereich an
Rechtswidrigkeit, Verschulden und Schaden
hat der Schädiger selbst zu tragen
Auch der Geschädigte ist mit dran
wenn man ihm Mitverschulden nachweisen kann
Selbst damit ist noch lange nicht alles vorbei
es gibt ja noch das Schutzgesetz in Absatz zwei
Fehlt es allerdings an der Kausalität
kommt 823 sowieso viel zu spät!
Jetzt wird das Sachenrecht gerappt
In der Planung des Professors ist nun die Verarbeitung der besonders trockenen Regeln des Sachenrechts, dort des Eigentumsübergangs nach §§ 829 ff BGB, in einem Rap. In Zusammenarbeit mit dem „Telejura“-Team hat der Professor mit Studenten in einem Kölner Bierhaus das Video „Halver Hahn“ aufgenommen. Dort erklärt der Professor die Regeln des Irrtums bei Vertragsschluss. Ein Tourist, der in Köln einen „Halven Hahn“ in einem Restaurant bestellt, rechnet normalerweise damit, dass ihm nun ein halbes Hähnchen serviert wird. Tatsächlich erhält er ein Käsebrötchen mit Senf. Ein Fest für die Erläuterung von Irrtumstheorien, Anfechtungsmöglichkeiten und Anfechtungsschaden nach § 122 BGB. Wird diese nicht ganz unkomplizierte Rechtsmaterie so aufbereitet wie in dem Video des Kölner Professors, wird der auf diese Weise unterrichtete Student die Irrtumstheorien sein Leben lang nicht mehr vergessen. Ein besseres Argument für solch innovative Lehrmethoden kann es nicht geben, zumal das juristische Studium damit - zumindest etwas - von seinem trocken-staubigen Image befreit wird.