Partner-Assistentin in Anwaltskanzlei: Typischer Zeugnisinhalt

Um Zeugnisformulierungen streiten Anwälte nicht nur für ihre Mandanten, sondern auch gegen ehemalige Kanzleiangestellte, die sich mit einzelnen Beurteilungen oder Formulierungen nicht richtig gewürdigt fühlen. Ein Urteil des LAG Düsseldorf informiert über typische Zeugnisinhalte bei der Partnerassistentin eine internationalen Kanzlei.

Das Arbeitszeugnis wurde erstellt für eine Mitarbeiterin, die als Assistentin mit Sekretariatsaufgaben für einen Partner einer internationalen Anwaltssozietät tätig war. Zu ihren Aufgaben gehörten

  • die Unterstützung des Partners und des dazugehörigen Teams
  • in allen organisatorischen und administrativen Aufgaben,
  • wie z.B. die Erledigung der externen und internen Korrespondenz in englischer und deutscher Sprache,
  • digitale und analoge Aktenführung
  • und das Termin- und Wiedervorlagenmanagement.

Folgendes Zeugnis akzeptierte die Assistentin  nicht

Als die Mitarbeiterin aus der Kanzlei ausschied, erhielt sie von der Sozietät ein Arbeitszeugnis folgenden Inhalts:

„Frau … verfügt über ein fundiertes und breit gefächertes Fachwissen und identifizierte sich stark mit ihren Aufgaben. Sie hat eine schnelle Auffassungsgabe, die es ihr ermöglicht, auch komplexe Vorgänge innerhalb kurzer Zeit zu erfassen und umzusetzen. Dabei arbeitet sie stets sehr sorgfältig und zügig. Die Leistungsbereitschaft von Frau … ist auch über die üblichen Bürozeiten hinaus sehr gut. Sie ist eine stets motivierte, zuverlässige und verantwortungsbewusste Mitarbeiterin.

Ihr Verhalten gegenüber den Rechtsanwälten, Kollegen und Mandanten war zu jeder Zeit einwandfrei. … Frau … hat alle ihre Arbeiten in unserer Sozietät stets zu unserer vollsten Zufriedenheit erledigt und hat das in sie gesetzte Vertrauen jederzeit gerechtfertigt.“

Gericht startete Umfrage zum Zeugnisbrauch

Die Ex-Mitarbeiterin störte sich daran, dass die Kanzlei in dem Satz „Dabei arbeitet sie stets sehr sorgfältig und zügig.“ nicht das Wort „selbständig“ aufgenommen hatte. Das sei in Nordrhein-westfälischen Anwaltskanzleien mit internationaler Ausrichtung allgemeiner Zeugnisbrauch.

Weil der Ex-Arbeitgeber nicht einlenken wollte, klagte sie auf Zeugnisberichtigung.

  • Das Gericht ließ das durch Umfragen bei den eingeschalteten Rechtsanwaltskammern Düsseldorf, Köln und für den Bezirk des Oberlandesgerichts Hamm eruieren.
  • Da sich die Behauptung nicht bestätigte, verlor die Ex-Assistentin diesen Teil der Klage auf Zeugnisänderung. 

Arbeitszeugnis und Verhalten zu den Vorgesetzten

Erfolg hatte sie allerdings insoweit, als sie mit ihrer Klage zusätzlich verlangte, in das Zeugnis noch aufzunehmen, dass ihr Verhalten auch gegenüber den Vorgesetzten jederzeit einwandfrei war. Diese Ergänzung ihrer Verhaltensbeurteilung konnte die Klägerin nach Ansicht der Düsseldorfer Richter beanspruchen.

  • Mit der Beurteilung der Führung bzw. des Verhaltens des Arbeitnehmers gebe das Zeugnis diesem Aufschluss, wie der Arbeitgeber sein Sozialverhalten beurteilt.
  • Weder Wortwahl noch Auslassungen dürften dazu führen, dass bei den Lesern des Zeugnisses der Wahrheit nicht entsprechende Vorstellungen entstehen können.

So liegt es nach Ansicht des Gerichts bei dem konkreten Zeugnis. Es fehle nämlich die Beurteilung des Verhaltens der Klägerin gegenüber dem ihr vorgesetzten Partner. Zwar ist auch dieser Rechtsanwalt. Die Eigenschaft des Vorgesetzten als Partner war jedoch im Zeugnis herausgehoben, stellten die Düsseldorfer Richter fest. Dieser war im Text so bezeichnet worden. Auch unter der Unterschriftszeile stand „Partner“.

Verhaltensbeurteilung gegenüber Partner fehlte

Damit, so das Gericht, habe bei dem Zeugnisleser der Eindruck entstehen können, dass die Verhaltensbeurteilung gegenüber dem Partner fehlte und negativ war. Dies habe aber im Widerspruch zum übrigen Zeugnisinhalt gestanden, denn dieser bescheinigte der Klägerin in der Schlussformel eine „sehr gute Zusammenarbeit“. Warum dies gegenüber dem Partner anders gewesen sein soll, erschloss sich dem Gericht nicht.

(LAG Düsseldorf, Urteil v. 29.11.2017, 12 Sa 936/16).


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Hintergrund:

Nach § 109 Abs. 1 GewO hat der Arbeitnehmer bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein schriftliches Zeugnis. Dieses muss mindestens Angaben zu Art und Dauer der Tätigkeit (einfaches Zeugnis), auf Verlangen des Arbeitnehmers darüber hinaus auch zu Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis (qualifiziertes Zeugnis) enthalten.

Hierbei sollte der Arbeitgeber die gesetzlichen Vorgaben sowie die Anforderungen der Rechtsprechung genau beachten. Entspricht das Zeugnis nach Form oder Inhalt nämlich nicht den gesetzlichen Anforderungen, ist der Arbeitgeber verpflichtet, dem Arbeitnehmer ein «neues» Zeugnis zu erteilen (BAG, Urteil v. 21.6.2005, 9 AZR 352/04).

Immer wieder beschäftigen Arbeitsgerichte sich mit Fragen rund um das unerschöpfliche Thema Arbeitzeugnis:

  • Darf der Arbeitgeber es knicken und bekleckern oder das Zeugnisschreiben delegieren?
  • Muss er bedauern (dass der Betreffende geht) und Glück wünschen (für die arbeitnehmerseitige Zukunft, berufliche wie private)?

So ist das schon in der Schule unbeliebte Zeugnis im Arbeitsleben mittlerweile zu einem echten Krisengebiet geworden, auf dem ein dauernder Kleinkrieg herrscht, der Arbeitsgerichte und Anwälte kontinuierlich, Arbeitgeber regelmäßig und Arbeitnehmer alle paar Jahre beschäftigt.


Schlagworte zum Thema:  Urteil, Kanzleimanagement, Anwalt, Arbeitszeugnis