Nur schwacher Titelschutz für „Nie wieder keine Ahnung“

Der Buchtitel „Nie wieder keine Ahnung“ löst beim Publikum weder eine Verwechslungsgefahr mit einer Fernsehreihe gleichen Titels aus noch suggeriert der Buchtitel eine mit der Fernsehreihe identische Urheberschaft.

Das OLG Frankfurt hatte sich in einem einstweiligen Anordnungsverfahren mit der Reichweite des Titelschutzes einer Fernsehbeitragsreihe einer ARD-Rundfunkanstalt zu befassen.

ARD-Sendereihe „Nie wieder keine Ahnung!“ lief bis 2021

Die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt der ARD hatte in den Jahren 2009-2011 verschiedene Beiträge unter dem Titel „Nie wieder keine Ahnung!“ produziert und auch im Jahr 2021 noch gesendet. Jeder einzelnen Folge dieser Beitragsreihe war ein besonderes Fachgebiet zugeordnet, in welchem der Zuschauer nie wieder keine Ahnung haben sollte. Dieses Fachgebiet war Bestandteil des jeweiligen Sendetitels. So lauteten die Titel der Beiträge u. a. „Nie wieder keine Ahnung! Malerei“ oder „Nie wieder keine Ahnung! Architektur“ usw.

Titelschutzanzeige veröffentlicht

Die einzelnen Beiträge wurden sowohl im Sendebereich der betreffenden Landesrundfunkanstalt als auch im Gemeinschaftsprogramm der ARD ausgestrahlt. In „Der Titelschutzanzeiger“ veröffentlichte die Rundfunkanstalt im April 2009 eine Titelschutzanzeige für den Titel „Nie wieder keine Ahnung!“.


ARD-Sendeanstalt beantragt einstweiligen Rechtsschutz wegen Titelschutzverletzung

Ein Buchverlag vertreibt seit September 2021 ein von Moderatoren des Kinderkanals „Kika“ verfasstes Buch ebenfalls unter dem Titel „Nie wieder keine Ahnung“. Das Sachbuch behandelt das aus Sicht der Autoren für jedermann sinnvolle Allgemeinwissen aus den Bereichen Politik, Wirtschaft und Weltgeschehen. Hierdurch fühlte sich die Rundfunkanstalt der ARD in ihren Titelschutzrechten verletzt und beantragte eine einstweilige Verfügung gegen die Betreiberin des Buchverlags.

OLG unterstellt wirksamen Titelschutz

Mit ihrem Eilantrag scheiterte die Rundfunkanstalt in zwei Instanzen. Sowohl LG als auch OLG sahen keine Verletzung etwaiger markenrechtlicher Schutzansprüche der Antragstellerin. Das OLG ließ die Frage eines wirksamen Titelschutzes letztendlich offen, unterstellte bei seiner Entscheidung aber, dass für die Beitragsreihe der ARD „Nie wieder keine Ahnung“ ein wirksamer Titelschutz bestand.

Keine Verletzung von Markenschutzrechten

Das OLG verneinte trotz unterstellten Titelschutzes eine Verletzung von Markenschutzrechten gemäß §§ 5 Abs. 3, 15 Abs. 2, Abs. 4 MarkenG. Nach Auffassung des Senats fehlt es an der für die Verletzung eines Markenschutzrechtes erforderlichen Verwechslungsgefahr. Nach der Rechtsprechung des BGH sei die Verwechslungsgefahr beim Werktitelschutz nach 3 Kriterien zu beurteilen:

  • Der Stärke der Kennzeichnungskraft des Titels, für den Schutz begehrt wird,
  • dem Grad der Identität oder Ähnlichkeit der Werke,
  • dem Grad der Identität oder Ähnlichkeit der sich gegenüberstehenden Werktitel (BGH, Urteil v. 13.10.2004, I ZR 181/02).

OLG bejahte Identität der Titel

Das OLG ging in seiner Entscheidung davon aus, dass die sich gegenüberstehenden Titel identisch sind, obwohl der von der Rundfunkanstalt verwendete Titel „Nie wieder keine Ahnung!“ immer mit einem erläuterten Zusatz des betroffenen Gebiets wie Malerei oder Architektur versehen war. Jedoch fehlt es nach Auffassung des Senats an einer hinreichenden Ähnlichkeit der Werke. Ein Werktitel diene grundsätzlich nur der Unterscheidung eines Werkes von anderen, ohne dass es eines Hinweises auf den Hersteller oder Inhaber des Werkes bedürfe (BGH, Urteil v. 20.3.2012, I ZR 102/10). Titelschutzrechte seien danach nur verletzt, wenn die Gefahr besteht, dass das Publikum von einer Identität beider Titel und der damit verbundenen Werke ausgeht.

Buch und Fernsehreihe sind unterschiedliche Werke

Der Senat schätzte diese Gefahr, dass das Publikum ein Buch mit einer im Fernsehen ausgestrahlten Beitragsreihe gleichen Titels verwechselt, als gering ein. Zwar bestehe zwischen den sich gegenüberstehenden Werken inhaltlich eine Ähnlichkeit, da sowohl Fernsehserie als auch Buch sich mit der Allgemeinbildung der Bevölkerung befassen. Auch seien begleitende Buchausgaben zu einer Fernsehreihe nicht völlig ungewöhnlich. Allerdings sei zu berücksichtigen, dass das Buch einen breit gefächerten Themenbereich der Allgemeinbildung betrifft, während die Fernsehbeiträge auf jeweils begrenzte Bereiche wie Malerei oder Architektur begrenzt seien.

Titel besitzt keine hohe markenrechtliche Originalität

Schließlich bewertete das OLG den Titel „Nie wieder keine Ahnung“ als allgemein beschreibend. Dem Titel komme keine hohe markenrechtliche Originalität zu. Die Aussage „Nie wieder keine Ahnung“ sei auch im Alltag in unterschiedlichsten Zusammenhängen denkbar. Der allgemein beschreibende Tenor des Titels beinhalte im Ergebnis deshalb nicht die Gefahr, dass das Publikum das Buch der Antragsgegnerin für eine andere Werkform der ausgestrahlten Fernsehsendung halten könnte, zumal die Autoren des Buches zumindest einem Großteil der potenziellen Leserschaft als Fernsehmoderatoren des Kinderkanals „Kika“ bekannt seien.

Rechtsbehelfe erfolglos

Mit diesen Argumenten lehnte das OLG einen markenrechtlichen Anspruch auf Unterlassung und damit den beantragten einstweiligen Rechtsschutz ab.

(OLG Frankfurt a.M., Beschluss v. 11.1.2022, 6 W 102/21)

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