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Nichtiger Vertrag über telepathische Partnerrückführung


Nichtiger Vertrag über telepathische Partnerrückführung

Ein Hellseher aus Düsseldorf bot im Internet von ihren Partnern verlassenen Personen eine Partnerrückführung für bis zu 20.000 EUR per Telepathie an. Das LG Düsseldorf bewertete einen solchen Partnerrückführungsvertrag allerdings als nichtig.

Menschen, die von ihren Partnern verlassen werden, befinden sich häufig in einer vulnerablen, verzweifelten Situation. Manche sind in dieser Lage empfänglich für windige, unseriöse Angebote und greifen zum vermeintlich letzten Strohhalm, auch wenn das Angebot völlig irreal ist.

Spirituelle Angebotspalette mit telepathischen Partnerrückführungen

Ein Lebensberatungsunternehmen aus Düsseldorf zielte mit seinem Internetangebot exakt auf diese Personengruppe. Auf seiner Website bot das Unternehmen diverse Leistungen eines Hellsehers an, darunter Beten für Heilungen, Hellsehen, telepathische Partnerrückführungen, spirituelle Lebensberatungen, Magie und Fluch-Befreiung. Der Hellseher war gleichzeitig Geschäftsführer des Unternehmens.

Erstberatung einer verlassenen Partnerin für schlappe 300 EUR

Eine von ihrem Partner verlassenen Mutter eines 9 Monate alten Kindes wurde auf die Website aufmerksam. Sie wandte sich an den Hellseher und führte mit diesem ein telefonisches Erstgespräch, in dem sie ihre verzweifelte Situation und ihren Wunsch nach einer Partnerrückführung schilderte. Für das telefonische Erstgespräch überwies sie 300 EUR an das Unternehmen.

Besonders schnelle Rückführungen waren teurer

In weiteren Kontakten, die telefonisch und per WhatsApp erfolgten, klärten die Interessentin und der Hellseher die Kosten einer Partnerrückführung. Das Honorar war nach der gewünschten Geschwindigkeit der Partnerrückführung gestaffelt: Eine Rückführung binnen eines Monats sollte 20.000 EUR, binnen 2 Monaten 13.000 EUR und bei 10 Monaten „nur“ 8.000 EUR kosten.

Telepathie zeigte keine Wirkung

Die verlassene Frau entschied sich für die mittlere Variante (Rückführung in 2 Monaten) und überwies den in Rechnung gestellten Honorarbetrag in Höhe von 13.000 EUR. Die folgenden 2 Monate waren wesentlich von diversen telefonischen Unterredungen zwischen der Auftraggeberin und dem Hellseher sowie einer ganzen Reihe diverser Online-Chats geprägt. Darüber hinaus passierte nichts. Weder klingelte der herbeigesehnte Ex-Partner an der Tür, noch meldete er sich telefonisch oder per WhatsApp, noch gab er sonst irgendein Lebenszeichen von sich. Die telepathischen Kräfte des Hellsehers versagten auf ganzer Linie.

Enttäuschte Auftraggeberin wollte ihr Geld zurück

Nach anwaltlicher Beratung entschloss sich die enttäuschte Auftraggeberin, das überwiesene Honorar in Höhe von 13.000 EUR von dem Düsseldorfer Unternehmen gerichtlich zurückzufordern. Das angerufene LG gab der Klage in vollem Umfang statt und bewertete den zwischen den Parteien geschlossenen Vertrag als sittenwidrig und damit als nichtig.

Sittenwidrigkeit bei Ausnutzung einer schwierigen Lebenssituation

Das LG verwies auf die Rechtsprechung des BGH, wonach ein Rechtsgeschäft sittenwidrig ist, wenn es nach seinem Gesamtcharakter unter Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt (BGH, Urteil v. 11.9.2018, XI ZR 380/16). In einem vergleichbaren Fall eines Vertrags über eine Lebensberatung in Verbindung mit Kartenlegen hatte der BGH die Sittenwidrigkeit des Vertrags unter anderem daran festgemacht, dass die Auftragnehmerin die schwierige Lebenssituation der Auftraggeberin sowie deren Leichtgläubigkeit, Unerfahrenheit und psychische Labilität ausgenutzt hatte (BGH, Urteil v. 13.1.2011, III ZR 87/10).

Honorarhöhe außer Verhältnis zur geschuldeten Leistung

Gemessen an diesen Rechtsprechungsgrundsätzen beurteilte das LG den geschlossenen Vertrag auch im konkreten Fall als sittenwidrig. Zum einen habe die Beklagte in Form der telepathischen Partnerrückführung eine Leistung versprochen, zu der sie nicht in der Lage gewesen sei, zum anderen habe sie sich dafür ein Honorar versprechen lassen, dass in keinem adäquaten Verhältnis zu den von ihr geschuldeten und erbrachten Leistungen gestanden habe.

Vertragsgegenstand war die Partnerrückführung

Das LG berücksichtigte ausdrücklich, dass der Hellseher die Klägerin mehrfach in teilweise 30-minütigen Gesprächen telefonisch und per WhatsApp spirituell beraten hatte. Der geschlossene Vertrag habe aber weniger eine spirituelle Beratung, sondern konkret die telepathische Partnerrückführung innerhalb von 2 Monaten zum Gegenstand gehabt. Diese Leistung sei von Anfang an objektiv unmöglich gewesen.

Partnerrückführungsvertrag eindeutig sittenwidrig

Das Gericht konzedierte, dass Parteien im Rahmen der Vertragsfreiheit und in Anerkennung ihrer Selbstverantwortung Leistungen vereinbaren können, die einem irrationalen, für Dritte nicht nachvollziehbaren Glauben entsprechen und deren Grundlagen und Wirkungen nicht mit den Erkenntnissen der Wissenschaft und Technik in Einklang stehen. Allerdings seien die Anforderungen an die Feststellung der Sittenwidrigkeit in diesen Fällen nicht besonders hoch. Angesichts des vereinbarten 5-stelligen Honorars als Gegenleistung für eine objektiv unmögliche telepathische Partnerrückführung hatte das LG an der Sittenwidrigkeit im konkreten Fall keine Zweifel.

Rückzahlungsanspruch nicht ausgeschlossen

Schließlich prüfte das Gericht noch den möglichen Ausschluss eines gemäß § 812 BGB zu gewährenden bereicherungsrechtlichen Rückzahlungsanspruchs der Klägerin gemäß § 814 BGB. Nach dieser Vorschrift kann das zum Zwecke der Erfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende wusste, dass er zur Leistung nicht verpflichtet ist. Die Vorschrift setzt nach ihrem Wortlaut positive Kenntnis der fehlenden Leistungsverpflichtung voraus, grob fahrlässige Unkenntnis genügt nicht. Im konkreten Fall war die Klägerin nach Einschätzung des LG gutgläubig. Sie sei davon ausgegangen, dass der Hellseher in der Lage ist, ihren Ex-Partner mithilfe seiner telepathischen Kräfte wieder zurückzubringen.

Klage in vollem Umfang begründet

Damit war die Klage auf Rückzahlung des ohne Rechtsgrund geleisteten Honorars in Höhe von 13.000 EUR in vollem Umfang begründet.


(LG Düsseldorf, Urteil v. 27.6.2025, 9a O 185/24)

Schlagworte zum Thema:  Recht , Vertrag , Rechtsanwalt , Justiz , Juristen , Richter
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