Netter Hund beißt bei Streicheleinheit - Mitverschulden

Vorsicht bei fremden Hunden. Ein einmaliges Ablecken durch einen Vierbeiner ist kein Freifahrtschein für einen Fremden, ihn gleich zu streicheln. Wird der fremde Streichler verletzt, trifft ihn eine Mitschuld. Das musste eine Taxifahrerin doppelt schmerzhaft erfahren.

Eine Frau stieg samt Tochter und Familienhund, einem Jack-Russel-Terrier, in ein Taxi. Die Frau setzte sich samt Hund neben die Taxifahrerin. Die erste Kontaktaufnahme zwischen Hund und Taxlerin verlief noch positiv. Der Terrier leckte der Taxifahrerin die Hand, während diese Einstellungen am Display des Taxis vornahm.

Terrier biss Taxifahrerin in die rechte Hand, als diese ihn streicheln wollte

Bevor es mit der Fahrt los ging, musste die Taxifahrerin nochmals kurz aufstehen, um die Kindersicherung im Fahrzeug einzustellen. Als sie auf ihren Fahrersitz zurückkehrte, wollte sie, zutraulich geworden, ihren tierischen Sitznachbarn kurz streicheln. Da passierte es. Der Terrier biss mehrmals zu und verletzte die Taxifahrerin erheblich an der rechten Hand. Die wurde darauf hin für gut zwei Wochen arbeitsunfähig geschrieben.

Vor Gericht klagte die Taxifahrerin auf Schmerzensgeld. Zum einen wegen der neun bis zehn Bisswunden in der rechten Hand. Zudem, weil sie die Beißattacke des Hundes psychisch beeinträchtigt habe. Sie habe nun Angst vor Hunden und deshalb schon einen Termin bei einer Psychologin ausgemacht.

Spezifische Tiergefahr hat sich durch Hundebiss realisiert

Das Amtsgericht Rheine entschied, dass die verletzte Taxifahrerin gegen die beklagte Hundehalterin einen Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld gemäß § 833 BGB hat. Die Beklagte hafte als Halterin für die Rechtsgutsverletzung am Körper der Klägerin durch ihren Hund. Durch den Hundebiss habe sich die spezifische Tiergefahr realisiert.

Hundehalterin hätte besser aufpassen müssen

Der Verteidigung der Hundehalterin, sie habe ihren Hund sorgfältig beaufsichtigt, folgte das Gericht nicht. Der Hund saß auf dem Schoß der Halterin, als eine fremde Person sich neben ihn gesetzt hat. Die Halterin hätte in dieser Situation dafür sorgen müssen, dass sich die spezifische Tiergefahr des Hundes in Form eines Bisses nicht hätte verwirklichen können.

Ablecken durch fremden Hund ist nicht mit Freundschaftsangebot gleichzusetzen

Dass Gericht sah allerdings ein Mitverschulden der Taxifahrerin in Höhe von 30 Prozent. Sie habe das Ablecken des Hundes als Zeichen dafür gesehen, dass sie sich mit dem Hund bereits angefreundet habe und ihn deshalb ohne Bedenken gestreichelt. Das sei eine unzulässige Fehlinterpretation gewesen. Bei einem einmaligen Ablecken durch einen fremden Hund könne man nicht davon ausgehen, dass man diesen bedenkenlos streicheln könne.

Die Handbewegung in Richtung des Hundes könne von diesem als Angriff gewertet werden, bei dem eine fremde Person in seine Richtung greift. Das sein ein völlig typisches Verhalten von Hunden.

30 Prozent Mitverschulden für die Gebissene 

Das Gericht hielt ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.700 Euro für angemessen. Aufgrund des Mitverschuldens der Taxifahrerin in Höhe von 30 Prozent wurde ihr ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.190 Euro zugesprochen.

(AG Rheine, Urteil v. 01.07.2021, 4 C 92/20).

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