Love Scamming, Liebesbetrug im Netz, hat gerade wieder Konjunktur

Ein „Love Scammer“ wurde vom Amtsgericht Frankfurt zu einer eher milden Freiheitsstrafe verurteilt und diese zur Bewährung ausgesetzt. Der Gang aus dem Gerichtssaal führte den Verurteilten allerdings dann direkt in die Abschiebehaft.

Schon seit einigen Jahren sind im Netz sogenannte „Love-Scammer“ oder Liebesbetrüger unterwegs. Obwohl die Masche inzwischen bekannt ist, funktioniert sie bei blauäugihen Opfern offensichtlich noch immer und tritt in Zeiten der Einsamkeit fördernden Corona-Pandemie sogar vermehrt auf.

Fischer im Netz: Ausnutzen von Einsamkeitsgefühlen durch "Liebesbetrüger"

Die Opfer sind häufig einsame ältere Damen oder Herren, die die sozialen Medien im Internet nutzen, um darüber persönliche Kontakte zu schließen. Die Love-Scammer identifizieren sich über echte oder falsche Fotos und gefakte Profile als Traummänner oder Traumfrauen, die von ihrem Gegenüber angeblich vollkommen fasziniert sind und diesem schnell ihre tief empfundene Liebe gestehen.

Die Liebe endet mit der Zahlungsanweisung

Bereits nach kurzer Zeit tritt dann eine Situation ein, in der der Love-Scammer dringend auf eine größere finanzielle Zahlung angewiesen ist, um eine dringende medizinische Behandlung einzuleiten oder auf sonstige Weise eine schwierige Lebenssituation nur mithilfe einer finanziellen Zuwendung überstehen kann. Leider ist die tiefe Liebesbeziehung mit Überweisung der gewünschten Summe in der Regel schlagartig beendet.

Jolly Matt“ hatte plötzlich dringenden Geldbedarf für Arzneimittel

In dem vom AG Frankfurt entschiedenen Fall war der „Love-Scammer“ mit der 62-jährigen Kontaktsucherin unter dem Pseudonym „Jolly Matt“ in Verbindung getreten. Nach einigen wechselseitig geteilten Posts benötigte „Jolly Matt“ zur Behandlung einer schweren Erkrankung dringend 4.700 Euro zum Erwerb von Arzneimitteln. Die Facebook-Userin war allerdings doch nicht blind vor Liebe, sie durchschaute das Spiel allerdings und sich nur zum Schein darauf ein. Da „Jolly Matt“ angeblich in Malaysia durch die Krankheit ans Bett gefesselt war, sollte die Übergabe der 4.700 Euro in einer Bäckerei am Hauptbahnhof Frankfurt am Main stattfinden. Ein enger Freund von „Jolly Matt“ sollte das Geld entgegennehmen.

Milde Strafe aus taktischen Gründen?

Wie die Frankfurter Rundschau vom 24.9.2019 berichtet, erwarteten den angeblichen Freund bei der verabredeten Geldübergabe die Handschellen der Bundespolizei. Die StA erhob darauf Anklage wegen banden- und gewerbsmäßigen Betrugs. Überraschend rückte die Staatsanwaltschaft noch während des Verfahrens von diesem Vorwurf ab und plädierte in der mündlichen Verhandlung wegen einfachen Betrugs auf ein mildes Urteil.

Lediglich ein halbes Jahr Freiheitsstrafe, das zur Bewährung ausgesetzt werden könne, forderte die StA in ihrem Schlussplädoyer. Das Gericht folgte dem Antrag und verurteilte den Täter wegen einfachen Betrugsversuchs gemäß § 263 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten und setzte diese zur Bewährung aus. Die StA und - hocherfreut - auch der Verurteilte ob der unerwartet milden Strafe erklärten sofort den Verzicht auf jegliche Rechtsmittel.

Die Abschiebung war die eigentliche Strafe

Die böse Überraschung wartete auf den Verurteilten mit ghanaischer Staatsangehörigkeit bei Verlassen des Gerichtssaals. Dort wurde er sofort in Abschiebehaft genommen und kurz danach in sein Heimatland Ghana überstellt. Bei einem härteren Urteil mit anschließender Revision des Angeklagten wäre dies wegen des weiterhin rechtshängigen Verfahrens nicht möglich gewesen. "Honi soit qui mal y pense".

Andere Opfer zahlten mehr als eine halbe Million Euro

Von anderen Gerichten sind in Fällen des Love-oder Romance-Scammings auch deutlich härtere Urteile bekannt. Das LG München I hat laut einem Bericht von „Spiegel Netzwelt“ vom 12.10.2018 am 11.10.2018 einen Deutschen zu drei Jahren und neun Monaten Haft, einen Nigerianer zu zwei Jahren und sechs Monaten sowie einen Ghanaer zu drei Jahren und zwei Monaten Jugendhaft wegen Love-Scammings verurteilt. In dem Verfahren vor dem LG München ging es um einen Millionenschaden bei insgesamt 60 Geschädigten. Eine Frau aus Starnberg hatte einem angeblichen US-Soldaten aus Liebe 380.900 Euro überwiesen und einige Tage später einem angeblichen Anwalt im Hotel „Bayerischer Hof“ in München zusätzlich noch 128.000 Euro in bar ausgehändigt.

Mehrfachtäter wegen gewerbsmäßigen und bandenmäßigen Betrugs verurteilt

Zwei aus Ghana stammende Täter, die von einer in Bayern lebenden Frau durch „Love-Scamming“ ca. 400.000 Euro erbeutet hatten, wurden nach einem Bericht von “sueddeutsche.de“ vom 14.2.2019 vom LG München I wegen gewerbsmäßigen und bandenmäßigen Betrugs, der Gehilfe zu einem Jahr und zwei Monaten Haft und der Haupttäter zu einer Haftstrafe von vier Jahren und neun Monaten verurteilt.

Dunkelziffer äußerst hoch

Auch heute noch verfängt die Betrugsmasche mit den Einsamkeitsgefühlen und der Liebe. Die Dunkelziffer ist schwer zu ermitteln. Vorsicht ist laut den Präventionsstellen der Polizeibehörden sowohl in Onlinepartnerbörsen als auch in sozialen Netzwerken immer dann geboten, wenn nach erst kurzen Bekanntschaften angeblich plötzlich finanzielle Engpässe auftreten, aus denen nur der Online-Partner heraus helfenkann. Nach den Feststellungen der Polizei geben sich Scamm-Männer besonders gerne als Ingenieure, Architekten, Soziologen, Computerspezialisten und auch US-Soldaten aus. Auf den gefakten Profilfotos sind sie regelmäßig äußerst attraktiv. Scamm-Frauen treten besonders gerne als Krankenschwestern, Ärztinnen, Erzieherinnen in Waisenhäusern oder als Lehrerinnen und auch Schauspielerinnen auf.

Gerade in Zeiten von Corona haben Love-Scammer nach Beobachtungen der Polizei wieder starken Rückenwind.

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