
Im Verhältnis Mandant-Anwalt ist Vertrauen besonders wichtig. Wird es enttäuscht, kann und sollte das Mandat beendet werden. Entsteht dadurch ein Folgeschaden – in diesem Fall dem Mandanten - ist der zu ersetzen. Das ist jedoch an das Einhalten formaler Voraussetzungen geknüpft, u.a. gilt eine zweiwöchige Frist für den Ausspruch der Kündigung, beginnend mit Kenntnisnahme von den das Vertrauen erschütternden Umständen.
BGH hat eine Grundsatzfrage des Dienstvertragsrechts entschieden
Der BGH hat in diesem Urteil eine wichtige Frage beantwortet: Ist die Einhaltung der zweiwöchigen Ausschlussfrist für eine Kündigung aus § 626 Abs. 2 BGB auch Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch aus § 628 Abs. 2 BGB?
Um dies zu klären, wurde vom OLG Schleswig die Revision zugelassen, nachdem es selbst die Frage bejaht und den geltend gemachten Schadensersatzanspruch abgelehnt hatte.
Vertretung wegen falscher Anlageberatung
Was zunächst als vertrauensvolles Anwalt-Mandanten-Verhältnis begann, endete seinerseits im Rechtsstreit. Der Rechtsanwalt klagte für seine Mandantin, weil diese bei einer Anlage falsch beraten wurde. Der Rechtsstreit gedieh soweit, dass man sich in Vergleichsverhandlungen begab. Der Mandantin wurden zum Ausgleich ihrer Forderungen von der Gegenseite 68.000 Euro angeboten, anscheinend ein akzeptables Angebot. Soweit war alles auf einem guten Weg.
Anwalt unterbreitet Mandantin „unmoralisches“ Angebot
Dann tat der Anwalt etwas, was seiner Klientin zu Recht missfiel. Er diente ihr eine „Auftrags- und Vergütungsvereinbarung“ an, die u.a. eine 16 %-ige Erfolgsbeteiligung an der erzielten Schadensersatzsumme in dem Anlageberatungs-Rechtsstreit beinhaltete. Diese Vereinbarung sollte mit einer Gesellschaft geschlossen werden, deren Inhaberin und Geschäftsführerin die Ehefrau des Rechtsanwalts ist. Vorgeblich sollte die Vergütung für „Recherchenhilfe und bankentechnische Kompetenz“ gezahlt werden. Die Mandantin lehnte ab.
Nach unaufhörlichem Drängen, weitere Zusammenarbeit durch Mandantin beendet
Zwei Tage später bat der Anwalt bei Anpassung der Erfolgsbeteiligung auf 12,5 % erneut um Abschluss der Vereinbarung mit der GmbH seiner Frau. Als er wiederum drei Tage danach, am 25.1.2017, seine Mandantin nochmals dazu drängte, hatte er ihr Vertrauen endgültig verspielt. Die Mandantin kündigte den Anwaltsvertrag mit einem Schreiben, das am 13.02.2017 einging und suchte sich neue Prozessvertreter, die den Rechtsstreit für sie zu Ende führten.
Anwaltswechsel war mit Mehrkosten verbunden
Durch die Beauftragung der neuen Kanzlei sind der Klägerin Mehrkosten in Höhe von rund 5.000 Euro entstanden, die sie gegen ihren ersten Anwalt geltend machte. Mit diesem Schadensersatzanspruch ist sie nun auch vor dem BGH gescheitert. Hauptgrund dafür war, dass das Kündigungsschreiben erst ca. 2 ½ Wochen nach dem letzten „Drängeln“ eingegangen war und der BGH die Einhaltung der zweiwöchigen Ausschlussfrist (§ 626 Abs. 2 BGB) für notwendig hält.
Frage zu vertragswidrigem Verhalten des Anwalts nicht entscheidungserheblich
Wegen der Fristversäumung kam es inhaltlich nicht mehr auf die Frage an, ob sich der Anwalt vertragswidrig verhalten und damit einen wichtigen Grund für die Kündigung gesetzt hatte, die den Schadensersatzanspruch auslöst.
Schadensersatz nur bei schwerer Pflichtverletzung und Geltendmachung innerhalb von 2 Wochen
Was dogmatisch nicht klar auf der Hand liegt, hat der BGH nun ganz klar formuliert:
Einen Schaden nach Beendigung eines Vertragsverhältnisses über Dienste höherer Art (§§ 627 Abs.1, 628 Abs. 2 BGB) kann nur in Anspruch nehmen,
- wer auch wirksam aus wichtigem Grund fristlos hätte kündigen können (§ 626 Abs.1 BGB) und
- wer die zweiwöchige Ausschlussfrist (§ 626 Abs.2 BGB) einhält.
(BGH, Urteil v. 16.7.2020, IX ZR 298/19).
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