Kündigung eines Totengräbervertrags wegen Störung der Totenruhe

Ein ungewöhnliches Urteil: Wegen des versehentlichen Aushubs eines falschen Grabes und der Entsorgung der dort befindlichen Leiche in einem Abfallcontainer ist eine fristlose Kündigung des Totengräber- und Friedhofsgärtnervertrages durch die Kirchengemeinde ohne vorherige Abmahnung nicht gerechtfertigt.

In einem etwas kuriosen Fall hatte das OLG Düsseldorf über die Kündigung eines Grabpflege- und Totengräbervertrags mit einem Friedhofsgärtner durch die Kirchengemeinde zu entscheiden. Ein Mitarbeiter des Friedhofsgärtners hatte sich der Störung der Totenruhe schuldig gemacht.

Langjähriges Vertragsverhältnis als Totengräber und Friedhofsgärtner

Der Kläger ist Friedhofsgärtner und hatte über die Dauer von ca. 25 Jahren seinen Firmensitz am Rande des von der Kirchengemeinde betriebenen Friedhofs. Er betrieb dort einen Blumenladen und war mit schriftlichem Vertrag aus dem Jahr 2008 von der Kirchengemeinde mit den Arbeiten eines Friedhofsgärtners und Totengräbers betraut. Im September 2016 hatte die Kirchengemeinde den Kläger beauftragt, ein Grab für eine kurz bevorstehende Beerdigung auszuheben. Es handelte sich um eine Familiengrabstätte mit einem Dreifachgrab, von denen das mittlere ausgehoben werden sollte, um dort ein kürzlich verstorbenes Familienmitglied beizusetzen.

Leichnam im Abfallcontainer entsorgt

Der Friedhofsgärtner beauftragte einen seiner Mitarbeiter mit den Ausgrabungsarbeiten. Bei der Auftragserteilung kam es zu einem folgenschweren Missverständnis, infolgedessen der Mitarbeiter statt des mittleren das linke Grab aushob.

Die Arbeiten wurden mit einem kleinen Bagger durchgeführt. Hierbei stieß der Mitarbeiter auf nicht verrottete Sargteile, die er zusammen mit dem Erdaushub in einen Abfallcontainer beförderte. Streitig war zwischen den Parteien, ob der Mitarbeiter hierbei bemerkte, dass er zusammen mit dem Erdaushub auch eine weibliche, im Jahr 2010 bestattete Leiche in dem Abfallcontainer entsorgte.

Witwer findet Leiche seiner Frau im Abfallcontainer

Vor der für den Folgetag vorgesehenen Beerdigung erschien der Witwer der im Jahr 2010 bestatteten Frau und wollte vom Friedhofsverwalter wissen, wo sich der Leichnam seiner Frau befinde. Nach einigem Hin und Her wurde der verschlossene Abfallcontainer geöffnet und dort der Leichnam der verstorbenen Frau des Witwers aufgefunden.

Sofortige Kündigung des Gärtner- und Totengräbervertrages

Diesen Vorfall nahm die Kirchengemeinde zum Anlass, den im Jahr 2008 geschlossenen Vertrag mit dem Friedhofsgärtner fristlos zu kündigen und ihn aufzufordern, seinen Firmensitz sofort zu räumen und die Friedhofsgärtnerei zu verlassen. Die Kirchengemeinde vertrat die Auffassung, dass die Störung der Totenruhe auf dem Friedhof eine dermaßen schwerwiegende Verletzung der Pflichten aus dem bestehenden Vertragsverhältnis war, dass auch eine einmalige Verfehlung eine sofortige Kündigung des Vertragsverhältnisses rechtfertige.

Friedhofsgärtner klagt auf die entgangene Vergütung

Der Friedhofsgärtner machte daraufhin seine nach der Laufzeit des geschlossenen Vertrages noch für ca. ein halbes Jahr bestehenden Vergütungsansprüche gegenüber der Kirchengemeinde geltend und hatte damit sowohl erstinstanzlich beim LG als auch bei dem in zweiter Instanz mit der Sache befassten OLG Erfolg. Nach Auffassung der Gerichte durfte die Kirchengemeinde bei ihrer Reaktion auf den Vorfall nicht die lang andauernde beanstandungsfreie Tätigkeit des Friedhofsgärtners außer Acht lassen, zumal nicht der Friedhofsgärtner selbst, sondern dessen Mitarbeiter ohne Wissen des Friedhofsgärtners die Leiche im Abfallcontainer entsorgt hatte.

Die Kirchengemeinde hatte zwar behauptet, dass der Kläger zumindest im Nachhinein erkannt habe, was geschehen war und er die Entsorgung der Leiche im Abfallcontainer habe vertuschen wollen, jedoch habe die Beklagte für diesen vom Kläger bestrittenen Geschehensablauf keinen Beweis angetreten.

Kirchengemeinde hätte Abmahnung erteilen können

Nach Auffassung der Gerichte hätte die Kirchengemeinde den Friedhofsgärtner zunächst im Wege einer Abmahnung gemäß § 314 Abs. 2 BGB auf das Fehlverhalten seines Mitarbeiters hinweisen und ihm die Möglichkeit zur Abhilfe durch Beendigung des Mitarbeiterverhältnisses einräumen müssen. Ein weiterer Einsatz dieses Mitarbeiters auf dem Friedhofsgelände, der wegen seines Verhaltens wegen Störung der Totenruhe zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen verurteilt worden war, sei für die Kirchengemeinde definitiv nicht zumutbar.

Kirchengemeinde muss Restvergütung zahlen

Unter Abwägung der beiderseitigen Interessen wäre nach Auffassung der Gerichte gemäß § 314 Abs. 1, Abs. 2 BGB angesichts der bisher beanstandungsfrei Mitarbeit eine Fortführung des Vertragsverhältnisses nach Entfernung des betreffenden Mitarbeiters für die Kirchengemeinde zumutbar gewesen. Die Klage des Mitarbeiters auf Zahlung der Vergütung für die restliche Vertragslaufzeit von einem halben Jahr bis zur fristgerechten Vertragsbeendigung war damit erfolgreich. Das OLG bestätigte insoweit das bereits der Klage stattgebende erstinstanzliche Urteil des LG (OLG Düsseldorf, Urteil v. 26.11.2019, I-21 U 38/19).

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