Krankenkasse muss Operationen durch falschen Arzt nicht bezahlen

Ein Krankenhausträger kann von der Krankenkasse keine Vergütung für Operationen durch einen Nichtarzt verlangen, auch wenn dieser bei seiner Einstellung eine echte Approbationsurkunde vorgelegt hat, die er aber durch Täuschung erschlichen hat.

Immer wieder berichten die Medien von kuriosen Fällen, in denen falsche Ärzte teilweise jahrelang Patienten behandeln, ohne dass dies den Patienten oder den Arztkollegen im Krankenhaus auffällt.

Ärztliche Approbation durch falsche Zeugnisse erschlichen

Die Tätigkeit eines Nichtarztes war auch Gegenstand eines kürzlich vom Bundessozialgericht (BSG) entschiedenen Falls. Ein falscher Arzt hatte sich seine ärztliche Approbation mithilfe gefälschter Zeugnisse erschlichen. Nach seiner Anstellung in einem Krankenhaus war er über einen längeren Zeitraum ohne Beanstandungen ärztlich tätig, teilweise führte er auch Operationen – und zwar erfolgreich – durch.

Approbation rückwirkend entzogen

Nachdem der Sachverhalt durch einen Zufall aufgeflogen war, entzog die zuständige Behörde dem Nichtarzt die Approbation. Wegen vorsätzlicher Körperverletzung und Urkundenfälschung wurde der falsche Arzt darauf zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.

Krankenkasse fordert Rückzahlung der Behandlungskosten

Eine Krankenkasse, die von den Vorgängen erfuhr, forderte daraufhin vom Krankenhausträger Rückerstattung für sämtliche unter Mitwirkung des falschen Arztes durchgeführten Behandlungen. Erstinstanzlich hat das Sozialgericht (SG) die Klage abgewiesen mit der Begründung, sämtliche Rückforderungen beträfen beanstandungsfrei durchgeführte Krankenbehandlungen. Die seitens des Krankenhauses geschuldeten ärztlichen Leistungen seien mangelfrei erbracht worden. Die Zahlungen der Krankenkasse an den Krankenhausträger seien damit nicht rechtsgrundlos erfolgt.

Kein Vergütungsanspruch für Behandlung durch Nichtarzt

Dies sahen sowohl das LSG als auch das BSG anders. Nach deren Auffassung bestand für sämtliche Krankenhausbehandlungen, an denen der falsche Arzt mitgewirkt hatte, kein wirksamer Vergütungsanspruch des Krankenhausträgers. Dies folge u.a. aus dem in der gesetzlichen Krankenversicherung geltenden Arztvorbehalt. Danach sei eine Krankenkasse nur zur Vergütung ärztlicher bzw. von einem zugelassenen Arzt verordneter Behandlungen von Patienten verpflichtet.

Der Behandlungserfolg ist nicht allein entscheidend

Nach Auffassung der Rechtsmittelgerichte ändern hieran auch die mit der Behandlung durch den falschen Arzt eingetretenen Heilerfolge nichts. Dies folge aus dem bei jeder medizinischen Behandlung zu beachtenden Qualitätsgebot, das nicht nur die Qualität der Behandlung als solcher, sondern auch die medizinische Qualifikation des behandelnden Personals umfasse.

Approbationsurkunde fingiert nicht die ärztliche Qualifikation

Auch die von dem Nichtarzt vorgelegte echte Approbationsurkunde führt nach Auffassung des BSG zu keinem anderen Ergebnis. Die Approbation sei zwar Voraussetzung für die Ausübung des Arztberufs, auch spreche eine Vermutung dafür, dass derjenige, der im Besitz einer solchen Approbationsurkunde ist, über die medizinischen Voraussetzungen zur Ausübung des Arztberufs verfüge. Diese Vermutung sei aber widerlegbar. Stehe fest, dass die Erteilung der Approbationsurkunde durch Täuschung erschlichen wurde, so sei die Vermutung für das Vorliegen der Mindestqualifikation als Arzt widerlegt. Keinesfalls enthalte eine Approbationsurkunde die Fiktion einer Befähigung zum Arztberuf.

Gesamtleistung muss durch medizinisch qualifiziertes Personal erbracht werden

Schließlich führt auch die Beteiligung anderer ärztlich qualifizierter Personen an der Behandlung nach Auffassung des BSG nicht zu einer anderen Beurteilung. Bei Krankenhausbehandlungen handele es sich grundsätzlich um komplexe Gesamtleistungen, die nach Fallpauschalen vergütet würden. Der Anspruch auf eine Vergütung nach Fallpauschalen setze voraus, dass die Gesamtleistung durch Personen erbracht wurde, die den gesetzlichen Anforderungen an das medizinische Personal entsprechen.

Abgrenzbare Behandlungsabschnitte ohne falschen Arzt sind zu vergüten

Eine Ausnahme ließ das BSG lediglich für eigenständige und klar abgrenzbare Behandlungsabschnitte zu, an denen der falsche Arzt nicht beteiligt war. Ob und in welchem Umfang solche Behandlungsabschnitte im konkreten Fall extrahierbar waren, hatte die Vorinstanz nicht geklärt. Zum Zweck der weiteren Abklärung dieser Frage hat das BSG daher das Verfahren an das LSG zurückverwiesen.

(BSG, Urteil v. 26.4.2022, B 1 KR 26/21 R)