Kommunikationsprobleme zwischen Mandant und Anwalt kosten Mandate

Die Sprache ist das Werkzeug der Juristen. Die Juristensprache ist allerdings eine ganz spezielle Ausformung, die für den Durchschnittmandanten nicht immer sofort verständlich ist. Das kann zu ernsthaften und teuren Störungen in der Beziehung zwischen Anwalt und Mandant führen.

Die durch Kommunikationsfehler und -barrieren verursachten Missverständnisse können eklatant sein. Das Trainings-Handicap vieler Juristen besteht darin, dass sie sich zwar stets darum bemühen, ihr „Juristendeutsch“ in der Kommunikation mit Kollegen, mit Gerichten und Behörden zu verfeinern und auszufeilen, darüber aber das Üben funktionaler und empathischer Gesprächsführung mit dem Mandanten manchmal vernachlässigen.

Erschreckende Auswertung von Anwalts-Mandanten-Gesprächen

Angesichts regelmäßiger Übung, fachlicher (juristischer) Überlegenheit und weitgehend gemeinsamer Interessenlage kann die Verständigung mit dem Mandanten ja nicht so schwer sein, mögen die meisten Anwälte denken. Ist sie aber doch, wie eine Untersuchung der Kölner Sprachwissenschaftlerin Ina Pick belegt.

Anwälte müssen zuhören lernen

Im Rahmen einer Promotion hat Pick eine Reihe von Gesprächen zwischen Anwalt und Mandant ausgewertet. Hierbei kam sie zu erschreckenden Ergebnissen. Pick kritisierte vor allem, dass Anwälte die Zielsetzung ihrer Mandanten nicht ausreichend hinterfragen. So hatte in einem von Pick untersuchten Fall ein Anwalt seinen Mandanten mit viel Geschick davor bewahrt, die Fahrerlaubnis zu verlieren. Dieser Vorzug wurde allerdings vom zuständigen Richter durch Verhängung einer deutlich erhöhten Geldbuße ausgeglichen.

Pyrrhussieg - Mandant wollte lieber laufen als zahlen

Zum Erstaunen des Anwalts war der Mandant über das Ergebnis tief enttäuscht. Der Anwalt hatte nicht verstanden, dass sein Mandant viel lieber eine Zeitlang auf den Führerschein verzichtet und eine möglichst geringe Geldbuße bezahlt hätte.

Das Problem liegt laut Pick darin, dass Anwälte oft nach wenigen Sätzen ihre Mandanten unterbrechen, weil sie glauben, deren Probleme bereits verstanden zu haben. Die Fallbearbeitung könnte laut Pick deutlich stringenter erfolgen, wenn der Anwalt seine Mandanten bei der Erstberatung bis zum Ende ausreden lassen und zuhören würde, selbst wenn der Mandant sich hierbei mehrfach wiederholt. In der Realität überlässt der eingeschüchterte Laie es häufig dem Anwalt, sein Anliegen juristisch zu formulieren, was dann oft an den Bedürfnissen des Mandanten vorbeigeht.

Oft versteht der Mandant den Anwalt nicht

Dabei ist – anders als beispielsweise bei Ärzten – der ausufernde Gebrauch von Fremdwörtern meist nicht das Problem. Wenn der Anwalt einem Mandanten, der Schadensersatz begehrt, erklärt, er habe für die haftungsbegründenden Umstände die Darlegungs- und Beweislast, dann ist der Mandant häufig überfordert. Hier ist es wichtig, dass der Anwalt sich auf die Verständnisebene des Mandanten begibt und diesem auf seinen Fall bezogen konkret erklärt, auf welche Fakten es ankommt und den Mandanten konkret nach einzelnen, möglichen Beweismitteln befragt.

Mandanten denken häufig nicht daran, dass beispielsweise Gegenstände als Indizien vom Gericht in Augenschein genommen werden können. Spricht der Anwalt den Mandanten nicht konkret auf solche Möglichkeiten an, so können nach der Untersuchung von Pick entscheidende Beweismöglichkeiten ungenutzt bleiben. Entscheidend sei, dass der Anwalt dem Mandanten die für den Fall entscheidenden juristischen Möglichkeiten auf dessen Verständnisebene herunterdekliniert.

Die unverstandenen Mandanten kommen nicht wieder

Nach der Untersuchung von Pick kommen auch Mandanten, die glänzende Erfolgsaussichten haben, nicht wieder, wenn sie den Eindruck haben, dass die Verständigungsebene zwischen Anwalt und Mandant nicht passt. Hierdurch gehe manchen Anwälten einiges an Geld verloren, ohne dass sie jemals merken, woran es liegt. Die intensive Beschäftigung mit den Problemen der Kommunikation zwischen Anwalt und Mandant kann sich daher laut Pick entscheidend auf den wirtschaftlichen Erfolg einer Kanzlei auswirken.

Klartext und Kompetenz gehören zusammen

Entscheidend für das Anwalt/Mandantenverhältnis ist daher neben der fachlichen Kompetenz des Anwalts, dass zwischen beiden eine klare Verständigungsebene entsteht und der Anwalt Chancen und Risiken eines Falles vom Nutzen für den Mandanten her formuliert. Nur wenn ihm dies gelingt, fühlt der Mandant sich verstanden und fachlich korrekt beraten.

Auf der so entstehenden Vertrauensbasis kann ein Anwalt seinen Mandanten dann auch einen möglichen Misserfolg erklären. Wenn ein Prozess verloren geht, so hängt die Akzeptanz des Mandanten im wesentlichen davon ab, dass er die Gründe für den Misserfolg versteht und trotz des Misserfolgs den Eindruck behält, dass sein Anwalt das fachlich Mögliche für ihn getan hat. Die Spezialistin für Kanzlei-Marketing in Nürnberg, Barbara Schäfer, argumentiert, dass nur unter diesen Voraussetzungen auch vor Gericht unterlegene Mandanten der sie betreuenden Kanzlei die Treue halten.

Fazit: Das Gelingen der Kommunikation zwischen Anwalt und Mandant ist entscheidend für die Vertrauensbildung des Mandanten. Klarheit, Offenheit und Transparenz sind die wichtigsten Faktoren für eine dauerhafte Mandantenbindung. Die Auseinandersetzung vieler Anwälte mit diesem Problemkreis findet nur rudimentär statt. Dies ist ein großes Manko der Anwalt/Mandanten-Beziehung. Die Auseinandersetzung mit diesem Problemkreis birgt großes Potenzial, den wirtschaftlichen Erfolg einer Kanzlei dauerhaft zu verbessern

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