Keine Haft wegen verweigerten Heckenschneidens

Die Anordnung von Zwangshaft gegen einen Anwohner, der seiner Pflicht zum Schneiden und Stutzen der auf seinem Grundstück befindlichen Hecken nicht nachkommt, ist unverhältnismäßig.

So sieht es jedenfalls das VG Gießen, das einen Antrag einer Gemeinde im Vogelsbergkreis auf Anordnung von Zwangshaft gegen einen renitent das Schneiden seiner Hecken verweigernden Anwohner abgelehnt hat.

Gemeindesatzung regelt Entfernung von überragenden Ästen

In der Gemeinde im hessischen Vogelsbergkreis schreibt eine örtliche Gemeindesatzung vor, dass Äste und Zweige entfernt werden müssen, die von auf privaten Grundstücken befindlichen Bäumen und Sträuchern bis zu einer Höhe von 2,40 m über Gehwege und bis zu einer Höhe von 4,50 m über die Fahrbahn ragen.

Überhängende Äste von Grundstücksbesitzer nicht entfernt

Bei einer Begehung im Sommer des Jahres 2021 stellten Mitarbeiter der Gemeinde fest, dass der Antragsgegner dieser gemeinderechtlichen Pflicht nicht nachgekommen war. Auch mehrfach festgesetzte Zwangsgelder konnten ihn nicht dazu bewegen, die Hecken und Bäume auf seinem Grundstück entsprechend zu beschneiden und den Überhang über den öffentlichen Grund zu entfernen.

Gemeinde entfernte überhängende Äste selbst

Da die Gemeinde eine Gefährdung des Straßenverkehrs befürchtete, beseitigte sie die überhängenden Äste und Zweige im Wege der Ersatzvornahme selbst durch ihre Mitarbeiter. Hierfür stellte sie dem Antragsgegner den Betrag in Rechnung.

Antragsgegner zur Kostenübernahme nicht bereit 

Die Bezahlung dieser Kosten verweigerte der weitgehend mittellose Antragsgegner. Die Beitreibung dieser Kosten und auch der festgesetzten Zwangsgelder gelang auch durch weitere diverse Zwangsvollstreckungsmaßnahmen nicht.

Gemeinde will Antragsgegner nicht davonkommen lassen

Das renitente Verhalten des Antragsgegners wollte sich die Gemeinde unter keinen Umständen bieten lassen. 

  • Sie befürchtete, das schlechte Beispiel könne Schule machen und auch andere Anwohner zu ähnlichen Verhaltensweisen verleiten. 
  • Auch aus Gründen der Gleichbehandlung mit anderen Gemeindemitgliedern, die ihren gemeinderechtlichen Verpflichtungen nachkommen, könne eine solche Verhaltensweise nicht geduldet werden.
  • Darüber hinaus sei zu befürchten, dass der renitente Antragsgegner sein renitentes Verhalten in Zukunft fortsetzen würde und hierdurch der Gemeinde weitere Kosten entstünden.

Gemeinde stellt Antrag auf Ersatzzwangshaft

Vor diesem Hintergrund beantragte die Gemeinde beim zuständigen VG die Anordnung von Ersatzzwangshaft gegen den Antragsgegner, um zumindest die Gefahr der künftigen Fortführung seiner widerrechtlichen Verhaltensweise zu mindern und ihn zu rechtmäßigen Verhalten anzuhalten.

Ersatzzwangshaft „auf Vorrat“ ist unzulässig

Die Argumente der Gemeinde überzeugten das angerufene VG nicht. Dieses übte Nachsicht mit dem mittellosen Antragsgegner und bewertete den Antrag auf Anordnung von Ersatzzwangshaft als unverhältnismäßig. Das Hauptargument der Gemeinde, den Antragsgegner zu einem zukünftigen rechtmäßigen Verhalten anzuhalten, war nach Ansicht des VG zur Begründung des Haftantrags rechtlich nicht geeignet. Eine auf Anordnung von Ersatzzwangshaft „auf Vorrat“ zur Durchsetzung künftiger Verpflichtungen sehe das Vollstreckungsrecht nicht vor und sei daher rechtlich unzulässig.

Im Ergebnis wies das VG den Haftantrag der Gemeinde zurück. 

(VG Gießen, Beschluss v. 25.1.2023, 4 L 2623/22.GI)
 

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