Kein Recht auf Grabschmuck im Friedwald

Fried- und Ruhewälder sind als letzte Ruhestätte eine Alternative zum Friedhof, die immer öfter gewählt wird. Inzwischen beschäftigen sie gelegentlich die Gerichte. Das VG Karlsruhe bescheinigte kürzlich der Fried- und Ruhewaldverwaltung das Recht, von Angehörigen eines Bestatteten angebrachten Grabschmuck aus dem Friedwald zu entfernen.

Fried- oder Ruhewälder als Orte der Bestattung Verstorbener werden immer beliebter. Doch Fried- und Ruhewälder sind keine konventionellen Friedhöfe, dies bringt Einschränkungen mit sich, die vor der Bestattung in Betracht gezogen werden müssen. Dies musste die Witwe ihres im „Ruhewald Horb“ in Baden-Württemberg bestatteten, verstorbenen Ehemannes schmerzhaft erfahren.

Naturnah bewirtschafteter Ruhe- und Friedwald

Die Gemeinde Horb hat gemäß ihrer Friedhofssatzung in einem naturnah bewirtschafteten Wald ein abgegrenztes Gebiet eingerichtet, in dem die Aschen Verstorbener u.a. an definierten Belegungsplätzen beigesetzt werden können. Die Belegungsplätze sind jeweils einzelnen Bäumen zugeordnet.

Belegungsvertrag im Friedwald untersagt jeglichen Grabschmuck

Die Witwe und spätere Klägerin schloss nach dem Tod ihres Mannes mit der Friedhofsverwaltung einen Belegungsvertrag, wonach ihr verstorbener Mann in dem Friedwald in einer Urne bestattet werden sollte. Der Vertrag bestimmte unter anderem, dass der Urnenbelegungsplatz Teil des naturbelassenen Waldbodens bleibt und Grabschmuck dort in jeglicher Form nicht zulässig ist.

Nach Abschluss des Vertrages erhielt die Witwe ein Merkblatt, wonach die Grabgestaltung über den Zeitraum unmittelbar nach der Bestattung hinaus der Natur angepasst und mit dieser vereinbar sein solle. Bei der Wahl der Materialien sei darauf zu achten, dass der verwendete Grabschmuck aus dem heimischen Wald stammt.

Friedhofsverwaltung räumte Grabschmuck eigenmächtig ab

Entsprechend dem Merkblatt tolerierte die Friedhofsverwaltung in der Vergangenheit trotz des anderslautenden Vertragstextes bei verschiedenen Bestattungsstätten die Anbringung von in zurückhaltender Form angebrachten Grabschmuck. Mit der Witwe und späteren Klägerin kam es in der Folgezeit allerdings häufiger zu Streitigkeiten über die Zulässigkeit der von ihr angebrachten Dekorationen der Bestattungsstelle.

Die Friedhofsverwaltung monierte vor allem den von der Witwe bevorzugten Blumenschmuck wie Rosen u.ä., der nach Auffassung der Friedhofsverwaltung nicht zum Naturwald passte. Da die Witwe sich den Anordnungen der Friedhofsverwaltung nicht beugte, ließ die Friedhofsverwaltung mehrfach den nach ihrer Auffassung nicht zulässigen Grabschmuck entfernen.

Witwe klagte gegen Friedhofsverwaltung auf Unterlassung

Diese Vorgehensweise wollte sich die Witwe nicht gefallen lassen und klagte gegen die Friedhofsverwaltung vor dem VG mit dem Ziel, der Friedhofsverwaltung die eigenmächtige Entfernung des von ihr angebrachten Grabschmucks zu untersagen.

Der Klage blieb der Erfolg versagt. Das VG hielt die beklagte Friedhofsverwaltung für berechtigt, nicht nur unangemessene, sondern jegliche Dekoration von den Grabstellen zu entfernen. Dies beruhe auf dem Hausrecht der Friedhofsverwaltung in Verbindung mit den geschlossenen Bestattungsvertrag und der Friedhofssatzung.

Merkblatt gewährt keinen Anspruch auf Grabschmuck

Das VG stellte klar, dass nach der Friedhofssatzung eine Veränderung des Waldbodens sowie eine Grabpflege im herkömmlichen Sinne wirksam ausgeschlossen wurde. Der Belegungsvertrag formuliere eindeutig, dass Grabschmuck in jeglicher Form unzulässig sei. Dies wird nach Auffassung des VG auch nicht durch das Merkblatt relativiert. Das Merkblatt setze seinem Text nach zwar voraus, dass ein begrenzter, der Natur des Waldes angepasster Grabschmuck möglich sei, jedoch stelle dies keine rechtsverbindliche Ergänzung des geschlossenen Bestattungsvertrages dar. Die Rechte der Klägerin sei vielmehr im Bestattungsvertrag abschließend geregelt, der klar und unmissverständlich Grabschmuck in jeglicher Form untersage.

Kein Rechtsanspruch auf fortgesetzte Duldung

Ein anderes Ergebnis folgt nach Auffassung des VG auch nicht aus dem Umstand, dass die Friedhofsverwaltung in der Vergangenheit in einigen Fällen in begrenzter Form Grabschmuck geduldet habe. Hieraus folge kein Anspruch auf eine fortgesetzte Duldung von nach den vertraglichen Vereinbarungen nicht zulässigen Dekorationen auf unabsehbare Zeit, dies auch nicht in Verbindung mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz.

Eigenmächtige Entfernung von Grabschmuck ist verhältnismäßig

Schließlich bewertete das VG die Entfernung des unzulässigen Grabschmuckes auch als verhältnismäßig. Bei dem Waldstück handle es sich um einen besonderen Ort der naturnahen Beisetzung Verstorbener. Die Beklagte unterhalte 18 weitere Friedhöfe, auf denen Beschränkungen in dieser Form nicht gegeben seien. Der Klägerin habe es freigestanden, für die Bestattung ihres Ehemannes einen anderen Ort zu wählen, an dem sie den von ihr gewünschten Grabschmuck hätte anbringen können. Mit ihrer Unterschrift unter den Bestattungsvertrag habe sie freiwillig den Verzicht auf besonderen Grabschmuck gewählt.

Klageabweisung noch nicht rechtskräftig

Das klageabweisende Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Klägerin kann innerhalb eines Monats die Zulassung der Berufung beim VGH in Mannheim beantragen.

(VG Karlsruhe, Urteil v. 5.1.2021, 11 K 4427/19)

Hintergrund:

Die Bestattung Verstorbener in Fried- und Ruhewäldern hat in den letzten Jahren deutlich zugenommen. Hierbei spielt der Kostenfaktor eine nicht unerhebliche Rolle. Die Urnenbestattung in einem anonymen Grab mit kurzer Ruhezeit ist deutlich preiswerter als die individuelle Bestattung in einer gesonderten Grabstätte. Auch für Urnen gilt in Deutschland der Friedhofszwang, d.h. Urnen dürfen nach den Bestattungsgesetzen sämtlicher Bundesländer nicht mit nach Hause genommen werden. Da in einigen Nachbarländern wie der Schweiz und in den Niederlanden ein Friedhofszwang nicht gilt, überführen Angehörige immer häufiger die Urne mit der Asche Verstorbener in diese Nachbarländer zum Zwecke einer angeblichen Bestattung, um sie anschließend dann doch (illegal) wieder mit nach Hause zu nehmen.

Weitere gerichtliche Entscheidungen zu Fried- und Ruhewäldern

Der Umgang mit Fried- und Ruhewäldern beschäftigt immer mal wieder die Gerichte, nicht zuletzt auch im Zusammenhang mit dem Naturschutz.

  • So hat das VG Köln einer Klage des BUND gegen den Rhein-Sieg Kreis stattgegeben, der die nordrhein-westfälische Gemeinde Swisttal zum Zwecke der Errichtung eines Naturfriedhofes von den naturschutzrechtlichen Vorschriften des Landschaftsplans in Bezug auf vier Landschaftsschutzgebiete befreien wollte. Eine solche Befreiung war nach Auffassung des VG Köln unzulässig (VG Köln, Urteil v. 5.9.2017, 2 K 6600/15).
  • In einem Normenkontrollverfahren hat der bayerische VGH entschieden, dass eine Mindestruhezeit von nur zwei Jahren u.a. in Waldurnengräbern für Urnenbestattungen die Pietätsvorstellungen der Gesellschaft über eine angemessene Totenruhe nicht in unangemessener Weise verletzt (VGH München, Urteil v. 31.1.2018, 4 N 17.1197).
  • Nach einer Entscheidung des VG Potsdam sind Gemeinden bei der Errichtung eines Ruhewaldes unmittelbar an der Gemeindegrenze grundsätzlich zur Abstimmung mit der Nachbargemeinde verpflichtet, wenn die Errichtung des Ruhewaldes Auswirkungen auf die Nachbargemeinde haben kann (VG Potsdam Urteil v. 15.5. 2013, 4 K 1535/11).
  • Selbst der BFH hat sich bereits ausführlich mit Friedwäldern beschäftigt und entschieden, dass die Einräumung von Liegerechten zur Einbringung von Urnen unter Begräbnisbäumen als Grundstücksvermietung gemäß § 4 Nr. 12a UStG umsatzsteuerfrei sein kann. Dies gilt aber nur unter der Voraussetzung, dass es sich um eine räumlich abgrenzbare Individualgrabstätte handelt und die Nutzung der Parzelle durch Dritte ausgeschlossen ist (BFH, Urteile v. 21.6.2017, V R 3/17 und V R 4/17).

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