Kanzleibezeichnung mit Ortsangaben

Statt die Kanzlei auf den Namen der Berufsträger zu "taufen", benennen einige Anwälte ihr Büro nach der geografischen Lage: Kanzlei-Niedersachsen, Steuerberater-Südniedersachsen oder auch Bodenseekanzlei. Das stößt nicht bei allen Kollegen auf Gegenliebe. Manche wittern dahinter eine Spitzenstellungsbehauptung.

Abgehobene Alleinstellung oder kleinlicher Kollege?

Als ein Rechtsanwalt, der mit einer Mediatorin in Bad Harzburg in Bürogemeinschaft zusammenarbeitet, für seine Kanzlei unter der Bezeichnung „Kanzlei-Niedersachsen" warb, rief das einen Konkurrenten auf den Plan, der in Hannover eine Anwaltskanzlei betreibt.

Er zog vor Gericht, um dem Kollegen die Kanzleibezeichnung zu verbieten. Begründung: Die Werbung mit dieser Ortsangabe sei unsachlich. Der Begriff „Kanzlei-Niedersachsen" rufe bei den potenziellen Mandanten eine Assoziation zu der „hoheitlich agierenden Staatskanzlei Niedersachsen" hervor.

Keine Verwechselung mit der Staatskanzlei

Doch mit dieser Meinung drang er bei den Richtern am Oberlandesgericht Celle nicht durch. Sie hielten die Werbung für sachlich und berufsbezogen. Abgesehen davon, dass die Staatskanzlei nicht „Staatskanzlei Niedersachsen", sondern „Niedersächsische Staatskanzlei" heißt, verbinde der angesprochene Verbraucher gerade und nur das im vorliegenden Fall nicht vorhandene „Staats-" mit hoheitlicher Tätigkeit, während er unter „Kanzlei" üblicherweise lediglich den Sitz von Rechtsanwälten oder Steuerberatern verstehe.

Landesbezeichnung schadet nicht

Auch in der Kombination mit der Landesbezeichnung „Niedersachsen" ändert sich dieses Verbraucherverständnis nach Ansicht der Celler Richter nicht. „Niedersachsen" sei vorrangig eine Regionalbezeichnung, die vom Verbraucher in unterschiedlichsten, nichthoheitlichen Zusammenhängen wahrgenommen werde (z.B. Tourismusland Niedersachsen, Flächenland Niedersachsen, Agrarland Niedersachsen usw.).

Keine Allein- und Spitzenstellung

Schließlich stelle sich die Verwendung der Bezeichnung „Kanzlei-Niedersachsen" aus Sicht des Verbrauchers auch nicht als Alleinstellungs- bzw. Spitzenstellungswerbung dar.

Zwar hatte das Oberlandesgericht Stuttgart in einem Urteil aus dem Jahr 2006 für den Begriff „Bodenseekanzlei" eine unlautere Spitzenstellungswerbung bejaht (Az.: 2 U 147/05). Das Gericht meinte, die Einvernahme des gesamten Wirtschaftsraumes Bodensee eröffne die Deutung, dass das Unternehmen mit diesem in ganz besonderer Beziehung stehe und qualitativ und/oder quantitativ im Vergleich zu anderen Kanzleien in hervorgehobener Weise Dienstleistungen anbiete. Doch das steht nicht mehr im Einklang mit der neueren Entscheidung des Bundesgerichtshofs (Az.: StbSt (R) 2/10).

BGH sieht regionale Bezeichnungen nicht so eng

Der BGH hat darin die Verwendung der Internet-Domain „steuerberater-suedniedersachsen.de" auf Verstöße gegen Werbeverbote aus dem Steuerberatergesetz untersucht und solche im Ergebnis verneint. Insbesondere sah er den Verbraucher weder irregeführt noch eine Sonder- oder Spitzenstellungswerbung als gegeben.

Vertrauen auf verständige Verbraucher

Die (Fehl-)Vorstellung einer herausragenden Stellung hat er schon deswegen nicht, weil die Bezeichnung keinen bestimmten Artikel enthält (wie: „Die Kanzlei-Niedersachsen").

„Der verständige Verbraucher verbindet damit auch nicht gleichsam automatisch die unzutreffende Vorstellung, dass dieser Kanzlei niedersachsenweit mehrere Rechtsanwälte angehören müssen“, betonen die Celler Richter abschließend.

(OLG Celle, Urteil v. 17.11.2011, 13 U 168/11).

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