Jura-Examensklausuren in Köln nur mit Maske

Das VG Köln verneint einen Anspruch eines Jurastudenten, seine Examensklausuren ohne Mund-Nasen-Bedeckung zu schreiben. Der Schutz der Gesundheit anderer Prüflinge rechtfertige - trotz Art. 12 GG - die Anordnung der Maskenpflicht während des gesamten juristischen Examens.

Das Rektorat der Universität Köln hat - gestützt auf die CoronaschutzVO des Landes Nordrhein-Westfalen - für die zum Abschluss des Sommersemesters 2020 erforderlichen Präsenzprüfungen umfangreiche Hygiene- und Infektionsschutzregelungen getroffen, um so der Gefahr von Infektionen der Prüflinge und des Aufsichtspersonals mit dem Covid-19-Virus entgegenzuwirken. Die Maßnahmen umfassen die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen- Bedeckung während des gesamten Examens.

Jurastudent hält Maskenpflicht während der Klausuren für unzumutbar

Ein Student des Fachbereichs Jura empfand die Pflicht zum dauernden Tragen einer Schutzmaske während der vierstündigen juristischen Klausuren als unzumutbar. Er machte geltend, dass seine Konzentrationspflicht während einer mehrstündigen Klausur mit Maske erheblich beeinträchtigt und das Erzielen einer guten Abschlussnote damit erheblich erschwert würde.

Student befürchtet schlechtere Examensnote

Sein Antrag auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung wies das Rektorat der Universität zurück. In seinem daraufhin beim VG Köln eingereichten Eilantrag machte er geltend, die Maskenpflicht während der Prüfung und die damit möglichen Nachteile in der Benotung könnten zu einer Verletzung seines durch Art. 12 GG geschützten Rechts auf freie Berufswahl führen.

Für einige juristische Berufe sei die Examensnote von entscheidender Bedeutung. Er sehe nicht ein, dass seine späteren Chancen auf dem Berufsmarkt infolge der Maskenpflicht während des Examens geschmälert würden. Der Schutz der Gesundheit der anderen Prüflinge könne auch durch andere Maßnahmen wie das Abstandsgebot sowie eine ausreichende Raumbelüftung erreicht werden.

Maske wissenschaftlich nicht unumstritten

Das angerufene VG folgte der Argumentation des Jurastudenten nicht. Nach Ansicht des VG hatte das Rektorat der Universität Köln die Maskenpflicht hinreichend begründet. Wissenschaftlich sei zwar die Eignung einfacher Behelfsmasken als Mittel zur Verringerung der Infektionszahlen bisher nicht eindeutig nachgewiesen, das RKI empfehle die Maskenpflicht als Mittel zur Verringerung der Ansteckungsgefahr aber dennoch. Nach den Erkenntnissen des RKI sei mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die Gesichtsmaske die Gefahr der Ansteckung im Wege der Tröpfcheninfektion und auch durch Aerosole signifikant reduziere.

Gesichtsmaske alternativlos?

Nach Auffassung des VG stehen der Universität keine der Maskenpflicht vergleichbar wirksamen Alternativen zur Reduzierung der Ansteckungsgefahr zur Verfügung. Insbesondere seien auch Plexiglasscheiben zwischen den Prüfungsplätzen nach Einschätzung von Wissenschaftlern nicht geeignet, effektiv eine Verbreitung von Aerosolen während eines vierstündigen Aufenthalts von 85-95 Prüflingen in geschlossenen Räumen zu wirksam einzudämmen. Nach derzeitiger Einschätzung der Wissenschaft sei die Maske hier das effektivere Mittel.

Das Recht auf freie Berufswahl schützt auch die Teilnahme an Prüfungen

Das VG räumte ausdrücklich ein, dass das Tragen einer Gesichtsmaske während einer vierstündigen Klausur durchaus Einfluss auf die Konzentrationsfähigkeit haben könne. Insoweit sei eine Beeinträchtigung der freien Berufswahl infolge der Maskenpflicht nicht völlig von der Hand zu weisen. Zudem schütze Art. 12 Abs. 1 GG auch unmittelbar das Recht an einer ungehinderten Teilnahme an Examensprüfungen. Zum Zwecke der Bekämpfung der Gefahren der Corona-Pandemie seien aber gewisse Grundrechtsbeeinträchtigungen sowohl von der Gesamtbevölkerung als auch von Studenten hinzunehmen, wenn der Schutz des Lebens und der Gesundheit anderer dies erfordere.

Rektorat hat Einschätzungsspielraum

Bei der Einschätzung der Erforderlichkeit oder Angemessenheit einer Maßnahme sei den staatlichen Behörden ebenso wie dem Rektorat einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft ein gewisser, von den Gerichten nur begrenzt überprüfbar Einschätzungsspielraum zuzugestehen.

Von diesem Einschätzungsspielraum habe das Rektorat durch Anordnung der Maskenpflicht (→ Corona-Maskenpflicht in allen Bundesländern) für die Präsenzprüfungen 2020 in angemessener Weise Gebrauch gemacht, indem es dem gemäß Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG garantierten Schutz von Leben und Gesundheit der übrigen Prüflinge den Vorrang vor einer möglichen Beeinträchtigung des Rechtes einzelner aus Art. 12 Abs. 1 GG gegeben habe.

Maskenpflicht während des Examens ist zumutbar

Schließlich bewertete das VG die Anordnung der Maskenpflicht auch als verhältnismäßig. Dies folge insbesondere daraus, dass nach den Regeln der Universität Köln eine nicht bestandene Prüfung als nicht unternommen gelte und ohne zusätzliche Vorbedingungen wiederholt werden dürfe. Schließlich gewähre das Rektorat in den Fällen, in denen infolge besonderer gesundheitlicher Einschränkungen das Tragen einer Maske eine außergewöhnliche Belastung darstellt, den betroffenen Studenten die Möglichkeit, die Prüfung in einem besonderen Raum ohne Gesichtsschutz abzulegen. Damit habe das Rektorat unter Berücksichtigung der besonderen Bedingungen der Corona-Pandemie eine für die Studenten im Ergebnis insgesamt angemessene und damit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entsprechende Regelung gefunden.

Beschwerde zum OVG möglich

Der Jurastudent muss seine Klausuren damit im Ergebnis unter Anlegung einer Mund-Nasen-Bedeckung schreiben. Allerdings hat er noch die Möglichkeit, gegen den Beschluss des VG Beschwerde beim OVG Münster einzulegen.

(VG Köln, Beschluss v. 17.7.2020, 6 L 1246/20).

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